Mittwoch, 26. Dezember 2018

The Merton Prayer

MY LORD GOD, I have no idea where I am going. 
I do not see the road ahead of me. 
I cannot know for certain where it will end. 
Nor do I really know myself, and the fact that I think I am following your will does not mean that I am actually doing so. 
But I believe that the desire to please you does in fact please you. 
And I hope I have that desire in all that I am doing. I hope that I will never do anything apart from that desire. 
And I know that if I do this you will lead me by the right road, though I may know nothing about it. 
Therefore I will trust you always though I may seem to be lost and in the shadow of death. 
I will not fear, for you are ever with me, and you will never leave me to face my perils alone.

Thomas Merton: Thoughts in Solitude.

Mittwoch, 19. Dezember 2018

Discipline

Children need discipline to feel secure; so do adults.

Discipline means understanding there are logical consequences to our behavior. Discipline means taking responsibility for our behavior and the consequences.

Discipline means learning to wait for what we want.

Discipline means being willing to work for and toward what we want.

Discipline means learning and practicing new behaviors.

Discipline means being where we need to be, when we need to be there, despite our feelings.

Discipline is the day to day performing of tasks, whether these are recovery behaviors or washing the dishes.

Discipline involves trusting that our goals will be reached though we cannot see them.

Discipline can be grueling. We may feel afraid, confused, and uncertain. Later, we will see the purpose. But this clarity of sight usually does not come during the time of discipline. We may not even believe we're moving forward. But we are.

The task at hand during times of discipline is simple: listen, trust, and obey.

Mittwoch, 12. Dezember 2018

Im Zeitalter des Wahnsinns

Das gegenwärtige Zeitalter ist wahnsinnig. Es ist besessen von einem Gefühl der Ortlosigkeit, einem Verlust an persönlicher Identität, einem Wechsel zwischen Sentimentalität und Wut, was man bei einem Patienten als Wahnsinn bezeichnen könnte. 

Walker Percy (1916-1990)

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Feelings and Surrender

Surrendering is a highly personal and spiritual experience. 

Surrender is not something we can do in our heads. It is not something we can force or control by willpower. It is something we experience. 

Acceptance, or surrender, is not a tidy package. Often, it is a package full of hard feelings - anger, rage, and sadness, followed by release and relief. As we surrender, we experience our frustration and anger at God, at other people, at ourselves, and at life. Then we come to the core of the pain and sadness, the heavy emotional burden inside that must come out before we can feel good.

 Often, these emotions are connected to healing and release at a deep level. Surrender sets the wheels in motion. Our fear and anxiety about the future are released when we surrender. We are protected. We are guided. 

Good things have been planned. The next step is now being taken. Surrender is the process that allows us to move forward. It is how our Higher Power moves us forward. Trust in the rightness of timing, and the freedom at the other end, as you struggle humanly through this spiritual experience.

Mittwoch, 28. November 2018

Wir entwickeln uns durch Leiden

Hätten wir die Wahl zwischen Wohlbehagen und Bequemlichkeit (von den Ökonomen Eigennutz, von den Psychologen Zufriedenheit genannt) einerseits und Leiden andererseits, würden wir wohl kaum das Leiden wählen. So einleuchtend uns dies auch scheinen mag, es ist bei genauem Hinsehen verblüffend, denn wir entwickeln uns durch Leiden. Die entscheidenden Ereignisse, die unsere Persönlichkeit formen, sind in der Regel keine "Glücksmomente". Prägend scheinen vielmehr die leidvollen Erfahrungen zu sein.

Hans Durrer
Wie geht das eigentlich, das Leben? 
neobooks 2017

Mittwoch, 21. November 2018

Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein

Ob mich Bücher ansprechen, entscheidet sich manchmal nach dem ersten Satz, dem ersten Abschnitt oder den ersten Seiten. Manchmal aber auch erst nach fünfzig Seiten. Bei Catherine Grays Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein war es der erste Satz. Dieser zitiert Joan Didion, die einmal gesagt hat: "Ich weiss nicht, was ich denke, bis ich anfange, es aufzuschreiben." Genauso geht es mir nämlich auch.

Teilt jemand seine Geschichte, so ist das eine Einladung zur Identifikation. Und umso mehr, wenn diese Geschichte so direkt und offen erzählt wird, wie Catherine Gray es in Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein tut. "Ich habe einfach nie das Gefühl, die Wahl zu haben. Sobald ich was trinke, mache ich das richtig." Sie weiss zwar, dass sie zu viel trinkt, doch sie ist auch der Überzeugung, "dass das Trinken mein Leben mit Spass und Lachen erfüllte."

Eines Morgens erwacht sie hinter Gittern. In Brixton, Südlondon. "Ich sah mal eine Frau, die um zwei Uhr morgens in Brixton aus dem Bus stieg, sich niederhockte, mal kurz kackte und dann wieder in den Bus stieg, als wäre das die normalste Sache auf der Welt. Als wäre sie nur mal schnell ausgestiegen, weil sie ihre Einkaufstasche vergessen hatte. Exzessiv zu saufen war in Brixton kinderleicht. Ich habe Leute im Park gesehen, die sich volllaufen liessen. Brixton war das Babel Londons, wo man selbst als total Irrer nicht auffiel …". Und trotzdem war sie da wegen Trunkenheit und Störung der öffentlichen Ordnung verhaftet worden.

Sie nimmt sich vor, ihren Alkoholkonsum in den Griff zu bekommen, unternimmt dabei auch ungewöhnliche Schritte wie betrunkene Frauen nach Hause zu bringen, doch sie befindet sich auf einer Abwärtsspirale und wird schliesslich auch physisch alkoholabhängig. Nach etlichen Überzeugungsmomenten (so bezeichnet sie Momente, in denen ihr klar wird, dass es so nicht weiter gehen kann) kommt sie an ihren persönlichen Tiefpunkt. "Der Neuanfang verbirgt sich häufig hinter der Maske des schmerzhaften Endes", zitiert sie Laotse.

Nüchtern sein muss man lernen. Dabei geht es um eine grundlegende Wandlung. Catherine Gray gibt 30 Tipps für die ersten 30 Tage, die sie mit einem Zitat von Cynthia Occelli einleitet: "Damit ein Samenkorn sich vollkommen ausformen kann, muss es gänzlich zugrunde gehen. Seine Schale bricht auf, sein Innerstes tritt aus, und es wandelt sich grundlegend. Für jemanden aber, der Wachstumsprozesse nicht versteht, sieht es so aus, als würde es vollkommen vernichtet." Auf zwei der 30 Tipps will ich speziell hinweisen: "Ich behandelte mich selbst so, wie ich ein Baby behandeln würde", also wie ein fürsorglicher Elternteil. Und: "Ich habe mir immer wieder ins Gedächtnis gerufen, dass ein Gedanke mich nicht zum Trinken zwingen kann." Denn ein Gedanke ist nur ein Gedanke und keine vollendete Tatsache, deren Sog man willenlos ausgeliefert ist. 

Sie erzählt von der Zeit als sie gesoffen hat und davon, wo sie heute steht, war ihr jetzt wichtig ist. Dankbarkeit zum Beispiel. Dazu zitiert sie auch den Neurowissenschaftler Alex Korb: "Der entscheidende Punkt ist nicht die Empfindung der Dankbarkeit, sondern die regelmässige Ausschau danach. Sich erinnern, dankbar zu sein, ist eine Form emotionaler Intelligenz." Wer seine Dankbarkeit nicht pflegt, beraubt sich vieler positiver Gefühle, hat einmal ein lebenserfahrener Freund von mir gemeint. "Die Dankbarkeit verbessert den Schlaf. der Schlaf reduziert Schmerzen. Weniger Schmerzen heisst bessere Stimmung. Bessere Stimmung bedeutet keine Angst mehr."

Natürlich könne jeder behaupten, er habe sich geändert, schreibt Catherine. Und lässt dann zwei Freundinnen zu Wort kommen, die sie sowohl vorher als auch nachher erlebt haben. "Diese Geschichten waren hart, wichtig und unglaublich berührend. Es ist erschreckend, wie wenig von all dem tatsächlich bei mir haften geblieben ist."

Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein gibt viele Anregungen, vom Umgang mit Leuten, die Alkohol trinken zum nüchtern Daten. Und Catherine Gray macht nicht zuletzt klar, dass es ein Wundermittel nicht gibt. Was für den einen funktioniert, ist für die andere keine Option. Und was zu Beginn hilft, muss nicht auf ewig helfen. "Die entschiedene Frage lautet nicht: 'Bin ich Alkoholiker?' Verschieben Sie den Fokus auf: 'Wäre mein Leben schöner, wenn ich nüchtern bleiben könnte?' Wenn die Antwort darauf ein Ja ist, dann sollten Sie sich fürs Nüchternsein entscheiden."

Es gehört zu den Stärken dieses Buches, dass die Autorin offen und aufrichtig ihre Geschichte erzählt. Doch es sind nicht einfach Memoiren, die sie vorlegt, sondern sie lässt auch viele andere Stimmen zu Wort kommen, von Betroffenen zu Wissenschaftlern.Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein ist keine Nabelschau, sondern ein überzeugendes Plädoyer, ein selbstbestimmtes Leben zu leben.

Catherine Gray
Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein
Frei und glücklich – ein Leben ohne Alkohol
mvgverlag, München 2018

Mittwoch, 14. November 2018

„Tu immer das, was den grössten Mut erfordert."

Wir leben in eigenartigen Zeiten: Für alles und jedes gibt es Kurse, braucht es Diplome, muss man sich qualifizieren. Als die Journalistin Ilka Piepgras, aufgerüttelt durch das tödliche Herzversagen ihres gerade einmal fünfzigjährigen Nachbarn, sich mit dem Tod auseinandersetzen will, beschliesst sie eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin zu machen. „Hier lernt man Unvoreingenommenheit wie woanders Stricken oder Russisch. Es ist eine Schule der Vorurteilslosigkeit."

Ob man Vorurteilslosigkeit wirklich in einem Kurs lernen kann, sei einmal dahingestellt, doch Ilka Piepgras lernt als Sterbebegleiterin Einiges, zum Beispiel, „den eigenen Turbo-Lebensrhythmus der langsamen Gangart eines verlöschenden Menschen unterzuordnen. Raum und Zeit verschwinden dann, die Welt entfernt sich kolossal, und ich trete so stark mit mir selbst in Verbindung wie sonst nie."

Natürlich hört sie auch Hilfreiches in ihrem Kurs, jedoch: „Im Hospiz bin ich gezwungen, mich komplett auf mich selbst zu verlassen, auf Intuition und Instinkt. Kein akademischer Grad, kein beruflicher Erfolg ist hier von Bedeutung, weder Status noch Reputation. Es geht um das Leben, um seine Schwere und Schönheit", schreibt sie in Wie ich einmal auszog, den Tod kennenzulernen, und dabei eine Menge über das Leben erfuhr.

Ilka Piepgras erzählt nicht nur Geschichten vom Sterben, das ganz unterschiedlich sein kann - langsam oder abrupt, schwer oder leicht - , sondern auch davon, wie Hinterbliebene mit dem Tod umgehen. Etwa Karima Banit, die ihren Sohn durch einen Motorradunfall verlor, was ihre Sicht aufs Leben sehr verändert hat. Sie habe heute keine grosse Angst mehr, vor gar nichts, das sei eine Art Befreiung, sagt sie, denn schlimmer könne es nicht werden, weil sie ja die existenzielle Erfahrung bereits gemacht habe. Der Gedanke, einmal zu sterben, berühre sie weniger als vorher.

Was Ilka Piepgras' Erzählen unter anderem auszeichnet, ist ihr eigenes Präsentsein in den Geschichten, die sie schildert. Sie hört zu, ist wissensdurstig und lernwillig. Und lässt den Leser daran teilnehmen, was das, was sie erlebt, bei ihr auslöst, wie es auf sie wirkt. „Plötzlich habe ich das Gefühl, als dehnte und weitete sich das Leben. Als wäre mit dem Tod längst nicht alles vorbei. Neue Räume öffnen sich. Vielleicht ist es an der Zeit, ein paar Schulweisheiten über Bord zu werfen und aufgeschlossen für das Metaphysische zu sein. Dem Verborgenen mehr Bedeutung zu geben und nicht nur dem Aufmerksamkeit zu schenken, was man sieht und liest."

Es versteht sich: So positiv gestimmt ist Ilka Piepgras nicht immer, sie hat, wie wir alle, auch ganz andere Momente. Schliesslich können Besuche in Altenheimen einen auch frustrieren. „Mich widert es an, das Sterben und mehr noch der Verfall in der Zeit davor, das Freudlose und Hässliche, der Stumpfsinn und die Geistlosigkeit - kurz, das lange Warten auf den Tod. Ich habe die Nase voll von dieser kleinmütigen Welt, die nach Urin und abgestandenem Schweinshack riecht, habe genug von ihren ausgeleierten Körpern und notdürftig übertünchter Hoffnungslosigkeit." Doch auch diese Gefühle, wie Gefühle überhaupt, halten nicht an.

Wie ich einmal auszog, den Tod kennenzulernen, und dabei eine Menge über das Leben erfuhr hält, was der Titel verspricht. Vom schwer kranken katholischen Theologen und Jesuiten Medard Kehl lernt sie, dass es nicht darum geht, „was der Verstand für wahr hält, sondern darum, wonach man sein Leben ausrichtet. Um die Geisteshaltung." Und von der 84jährigen Künstlerin Mary Bauermeister, die das ganze Leben als Schulprogramm, als Gelegenheit zum Üben versteht, kriegt sie den Rat: „Tu immer das, was den grössten Mut erfordert. Geh darauf zu, wovor du Angst hast, und du wirst wunderbare Dinge erleben."

Es sind solche überzeugenden Sätze, die mir dieses Buch wertvoll machen. Weniger überzeugend empfand ich hingegen so platt-verallgemeinernde Aussagen wie „Der moderne Mensch plant die Entscheidung, wo und wie er sterben will, ähnlich strukturiert wie die Entscheidung, eine Reise zu buchen oder eine neue Küche zu kaufen." Oder: „Mit 50 schämt man sich für sein Alter, und mit achtzig ist man, wenn es gut läuft, froh, am Leben zu sein. In der Zeit dazwischen altert man."

Berührt fühlte ich mich besonders von Ilka Piepgras' Schilderungen ihres persönlichen Erlebens und Nachdenkens. Als sie einmal im August an der französischen Atlantikküste entlangläuft, notiert sie: „Inmitten all der Menschen, die gewaltige Brandung des Meeres im Ohr und vor Augen, durchfuhr mich plötzlich ein Gefühl von Vergänglichkeit, nur einen Moment lang habe ich das so empfunden, habe physisch gespürt, wie begrenzt meine Existenz ist und wie stark ich gleichzeitig mit meiner Umgebung verbunden bin. Ein kurzer Moment, so durchdringend, dass er bis heute nachklingt. Ist das gut oder schlecht? Ich weiss es nicht, aber was ich weiss, ist das hier: Sie fühlt sich fast religiös an, diese Eingebundenheit in die reale Welt."

Wie ich einmal auszog, den Tod kennenzulernen, und dabei eine Menge über das Leben erfuhr ist ein sehr informatives, erfreulich nüchternes und lebensphilosophisches Buch. Gedanken wie die des Theologen Gisbert Greshake, der meint, der Mensch sei umso mehr Mensch, als er nicht um sich selbst kreise, finde ich ausgesprochen hilfreich. Genauso wie die Erkenntnis der Kolumnistin Lucy Kellaway: „Der Tod konfrontiert dich mit der Frage, ob das, was du tust, auch das ist, was du tun willst. Seine Brutalität bringt alles Gewohnte durcheinander." 

Ilka Piepgras 
Wie ich einmal auszog, den Tod kennenzulernen, 
und dabei eine Menge über das Leben erfuhr 
Droemer Verlag, München 2017

Mittwoch, 7. November 2018

The Master of my Fate

Out of the night that covers me,
Black as the pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.
In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.
Beyond this place of wrath and tears
Looms but the horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds and shall find me unafraid.
It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.

William Ernest Henley, 1849 - 1903

Mittwoch, 31. Oktober 2018

Taking care of ourselves

It’s healthy, wise, and loving to be considerate and responsive to the feelings and needs of others. That’s different from caretaking. Caretaking is a self-defeating and, certainly, a relationship-defeating behavior—a behavior that backfires and can cause us to feel resentful and victimized—because ultimately, what we feel, want, and need will come to the surface. 

Some people seem to invite emotional caretaking. We can learn to refuse the invitation. We can be concerned; we can be loving, when possible; but we can place value on our own needs and feelings too. Part of recovery means learning to pay attention to, and place importance on, what we feel, want, and need, because we begin to see that there are clear, predictable, and usually undesirable consequences when we don’t. 

Be patient and gentle with yourself as you learn to do this. Be understanding with yourself when you slip back into the old behavior of emotional caretaking and self-neglect. 

But stop the cycle today. We do not have to feel responsible for others. We do not have to feel guilty about not feeling responsible for others. We can even learn to let ourselves feel good about taking responsibility for our needs and feelings. 

Mittwoch, 24. Oktober 2018

The promise of recovery

The Twelve Steps are a suggested program of recovery, not a cure. We can follow them and live a healed life, but we never develop immunity to our addictions and codependency. We remain vulnerable to slips, binges, and a return to old behaviors. If that has happened to us, our first need is to find a way back to the program. A slip may speak the blatant truth we avoided before. One's complete honesty following a slip has sometimes been the way to renewed knowledge of their powerlessness. There is no value in feeling more shame and self hate in the aftermath of a slip. We need to accept we are incomplete and imperfect human beings. Recovery will come, not from shame, but from honestly accepting our powerlessness and the help we need.

The promise of recovery in this program, a healed life, is just as available after a slip as it ever was. It takes absolute commitment, a willingness to face the pain and hardship. Then we are freed again to engage fully in the joy and the awe of life.

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Life is painting a picture

As we go about our activities, we will have a richer day when we think of ourselves as painting a picture instead of keeping score. Rather than woodenly completing a task, we might approach it as something that can be made interesting. Instead of driving to work or riding the bus only to reach our destination, we might think of this routine as part of the picture we paint today. When a friend makes a comment, we might think of it as another brush stroke in our painting and join in with him, rather than making a game or contest, which we must try to win.

Many of us were taught that success means having the highest score. So we have become compulsively competitive - always trying to be right, always striving for more financial security, or always pushing ourselves for some new achievement. Success may not be coming out on top. When our lives are lived as rich and interesting pictures, we find our rewards are far deeper and more lasting.

Mittwoch, 10. Oktober 2018

Ein Weg zu Liebe und Gelassenheit

Der Buchumschlag ist ähnlich gestaltet wie der von Ein Regentropfen kehrt ins Meer zurück, dem überaus gelungenen und hilfreichen Vorgänger des vorliegenden Das Meer weist keinen Fluss zurück. Und so erwarte ich mir etwas ähnlich Überzeugendes, bin dann aber recht schnell irritiert, weil Abt Muho, wie der 1968 in Berlin als Olaf Nölke geborene Autor heute heisst, auf den ersten Seiten nichts mich Überraschendes, sondern nur ziemlich Triviales von sich gibt. Über die Liebe der Mutter, der Heimatliebe und darüber, dass er mit seinen Kindern (er lebt in Japan und ist mit einer Japanerin verheiratet) kein Deutsch sprechen will.

Er berichtet von seiner Kindheit und Jugend, von der Schule, den ersten Feinden, den ersten Freunden, der ersten Liebe. Das ist ansprechend erzählt, doch ich hatte mir Anderes erwartet. Nicht, dass ich eine genaue Vorstellung davon gehabt hätte, aber mit Olaf Nölkes Lebenslauf hatte ich bei einem „Weg zu Liebe und Gelassenheit“, so der Untertitel, nicht gerechnet. Andrerseits: Handelt nicht jedes Buch notwendigerweise von den Erinnerungen, Interessen und Einsichten des Autors?

Abt Muho führt unter anderem aus, was Christentum und Buddhismus zur Liebe sagen. Der Ausgangspunkt der beiden könnte verschiedener gar nicht sein: Im Buddhismus geht es darum, selbst zum Buddha zu werden. „Denn nur der, der selber zum Buddha wird, ist vom Leiden befreit und damit erlöst. Anders im Christentum. Ein gläubiger Christ mag zwar versuchen, Jesus nachzufolgen. Aber er wird nicht zu Gott werden wollen. Er weiss, dass er nur durch das Wirken Gottes erlöst werden kann.“

Schlagartig wird mir in aller Deutlichkeit klar, weshalb mich, der ich katholisch aufgewachsen bin, der Buddhismus (genauer: einige für mich wesentliche Aspekte des Buddhismus) immer angezogen hat: Zuerst kommt die Selbstliebe. Die Liebe zum Nächsten wird sich daraus ergeben.

Im Christentum gibt es eine klare Trennung zwischen Gott und dem Menschen. Der Christ glaubt, dass sich der Mensch nicht aus eigener Kraft erlösen kann – deshalb ist Jesus für die Erlösung der Menschen am Kreuz gestorben. „Buddha hingegen ist kein Gott. Deshalb steht jedem Menschen der Weg offen, selbst zum Buddha zu werden. Als der Inder Shakyamuni zum Buddha wurde, hat er das nicht getan, um dadurch die Menschheit zu erlösen. Vielmehr hat er ein Beispiel gesetzt, dem wir folgen sollen.“

Ausführlich erläutert Abt Muho, welche Hilfestellungen der Zenmeister Dogen für die Praxis der Liebe im Alltag gibt. "Gewöhnlich denkt man, dass man jetzt hier lebt und irgendwann, an einem hoffentlich noch sehr fernen Tag, sterben muss. Eine klare Trennung, die aber trügt. Denn wir sterben bereits heute, an genau diesem Tag. Jetzt. Jeder Tag des Lebens ist auch ein Tag des Sterbens. Leben und Sterben gehören fest zusammen. Man kann sie nicht trennen." Und was hat das jetzt mit der Liebe im Alltag zu tun? Diese Grundhaltung akzeptiert das Leben wie es ist. Und das meint: Es geht darum, alles anzunehmen, wie es ist. Auch sich selbst (das ist das Schwierigste). Und den geliebten Menschen. Mit Gelassenheit.

Das Meer weist keinen Fluss zurück ist kein Rezeptbuch, sondern eine Auseinandersetzung mit grundlegenden Lebensfragen. "'Ich verstehe nicht, warum die Menschen sich hassen!' Wer so spricht hat tatsächlich nichts verstanden und droht, seine Beziehung zu dem oder den anderen gegen die Wand zu fahren. Der Ursprung von Zwietracht und Hass liegt immer auch in einem selbst. Und wirklich zu lieben, muss man wissen, dass man auch hassen kann. Sonst droht ein böses Erwachen."

Abt Muho
Das Meer weist keinen Fluss zurück
Ein Weg zu Liebe und Gelassenheit
Berlin Verlag, München 2018

Mittwoch, 3. Oktober 2018

How shall I live?

On our recovery path we sometimes fall into a hole. As we get more in touch with ourselves and with reality, we might be overwhelmed, frightened, or depressed. Many of us have asked, "How can it be that I live life with such struggle and hard work only to die in the end?" In recovery we no longer have our anesthetic, our drug of choice, our excesses and controlling behaviors to dull this painful awareness.

Growing as a human being means becoming more aware of these dark truths and not being paralyzed by them. We accept death and choose life. That means we live fully in the present. We choose relationships with others. We appreciate the beauty of creation and seek to know the will of God. In recovery, we choose to live this day fully, in contact with friends and loved ones, appreciating the beauty around us, and helping those we can.

Mittwoch, 26. September 2018

Let go of yesterday

Today is before us as an unformed experience. Yesterday took its own shape, and whatever it was has now gone. Our only opportunities exist in what we will do this day. Perhaps we can enhance the day by starting with a review of yesterday and then letting go. What were the major events in our experiences yesterday? How do we feel about them? Is something left unfinished in our feelings or actions that we need to complete or repair today? Can we take yesterday's experience to build a better today?

We have centered ourselves in this day by reviewing where we just came from. We have taken a spot check inventory. Now we can let go of yesterday and move forward in the present. That does not mean we never think about the past again. It means we build on the past by learning from our experiences and letting them shape our activities now. In that way we draw ever closer into accord with the will of our Higher Power.

Mittwoch, 19. September 2018

Eine Reise in die eigene Seele

Wie meine Freundin Penny zu sagen pflegt: Wenn man eine Schmerztablette nimmt, ist der Schmerz immer noch da, man spürt ihn nur nicht mehr. Wir alle brauchen unsere Trostpflaster, seien es Alkohol, Drogen, Affären, Kartenspiel, diverse Abhängigkeiten, Urlaube, Luxushotels oder Reiseerlebnisse, einfach nur um unser Leben zu bewältigen. Aber der müssige Reisende verzichtet wohl oder übel auf diese Pflaster und begibt sich auf eine Reise in die eigene Seele. Wenn er dabei einen Blick in die Hölle erhaschen muss, sei's drum. Er wird auch den Himmel erblicken. Und nach einem langen und beschwerlichen Aufstieg wird die Aussicht um so grossartiger sein.

Tom Hodgkinson

Mittwoch, 12. September 2018

Lebenskunst

Nur auf eine Kunst kommt es für mich an: Die Lebenskunst.

Was meint das? Das Leben als Gelegenheit zum Üben zu begreifen. Und was soll geübt werden? Das Leben. Geht es auch konkreter? Sicher, hier ein Beispiel.

Eine meiner Gewohnheiten ist es, Unangenehmes so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Die Idee dahinter ist – wenn es denn überhaupt eine Idee ist, ist es keine bewusste, von der mir klar ist, dass sie mein Verhalten leitet, sondern eine nachgereichte – , anschliessend das machen zu können, wozu ich mehr Lust habe. Leider ist es nun aber so, dass, kaum habe ich die eine unangenehme Sache (meist Probleme genannt) hinter mich gebracht, schon die nächste vor meiner Nase steht. Mit anderen Worten: Ich räume ständig so schnell wie möglich Probleme aus dem Weg, deren Anzahl sich deswegen jedoch nicht zu verringern scheint. Es ist eine Sisyphus-Arbeit.

Albert Camus hat einmal gemeint, man müsse sich Sisyphus als glücklichen Menschen vorstellen. In Tat und Wahrheit ist er das natürlich nicht, doch wenn er übt, kann er sich in diese Richtung entwickeln. Denn Üben bedeutet, sich auf das Wie zu konzentrieren. Die anstehenden 'Probleme' als das zu sehen, was sie sind: Gelegenheiten zum Üben.

Doch was um Himmels Willen soll man denn bloss üben? Sein Denken, Fühlen und Tun ins Gleichgewicht zu bringen. Sich selber zu meistern. Wem Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ein attraktives Ziel ist, ist es aufgegeben, seine Impulse zu kontrollieren, seinen Gewohnheiten die Richtung vorzugeben. In meinem Falle bedeutet das, die Dinge langsam anzugehen, mir Zeit dafür zu nehmen für das, was ich tue. Denn was ich tue, ist mein Leben, wie ich damit umgehe, meine Verantwortung.

Hans Durrer, Juli 2018

Mittwoch, 5. September 2018

Süchtige sind Langweiler

Süchtige sind Langweiler, selbstmitleidige Langweiler. Und überdies feige. Ihr Beitrag zum Leben besteht darin, dass sie sich diesem verweigern. Und ihre Nächsten, die sich um sie sorgen, terrorisieren. Doch das ist ihnen egal. Sie sind ausschliesslich mit sich selber beschäftigt. Ich weiss, wovon ich rede, ich war auch einmal so.

Dass Süchtige auch Leidende sind, versteht sich. Dass sie Hilfe brauchen genauso. Tragisch ist, dass allzu viele glauben, dem sei nicht so, sie schafften es, wenn überhaupt, alleine. So wie ich das während gut zehn Jahren geglaubt habe. Und sie geben sich nicht nur Mühe, sie strengen sich wirklich an, sehr sogar. Und immer wieder von Neuem, doch selten mit anhaltendem Erfolg.

Einige versuchen es auch mit Therapie, und ja, die kann gelingen. Doch oft ist sie nicht viel mehr als ein Machtkampf zwischen Therapeut und Patient. Während der Therapeut die Schwachstelle des Patienten zu eruieren versucht, tut der Patient alles, um genau das zu verhindern.

Manch seelisch Leidenden ist nicht zu helfen, ihr Widerstand zu gross und zu heftig. Die Psychiatrieprofessorin Kay Redfield Jamison, die selber an einer bipolaren Störung leidet, berichtet in „Eine ruhelose Seele“ von einem solch herzzerreissenden Fall: „Nichts, was in der Macht der Medizin oder der Psychologie stand, konnte ihn dazu bringen, seine Medikamente lange genug zu nehmen, dass es ihm auf die Dauer gut ging. Lithium half ihm, aber er nahm es nicht.“

Doch Einstellungs- und Verhaltensänderungen sind möglich. Manchmal. Ich habe es erfahren. Und andere auch. Auf ganz unterschiedlichen Wegen.

Hans Durrer
Wie geht das eigentlich, das Leben?
Anregungen zur Selbst- und Welterkundung
www.neobooks.com

Mittwoch, 29. August 2018

This Day Is Mine. Please, may I use it well

This is the day that belongs to me, for it was given to me early in the morning freely and without obligation. The moment that I accepted the gift, I accepted the responsibility for its growth. I received it in good condition, fresh, young and clean, and now that it is mine, I can choose what kind of day it will become. I can make it ugly by deciding to be miserable or I can make it beautiful by deciding to be glad. 

This is the day to be happy. I know I can be just as contented as I wish to be. Above all, I can find contentment now, instead of thinking it necessary to wait for some uncertain, future pleasure.

This is the day to be free, to cut the bonds of all those tomorrows and all those yesterdays. I would be unwise to waste any part of today in useless guilt or distress about a yesterday, or pointless worry or panic about a tomorrow.

This is a day to treat life as a great adventure and each moment of it as a satisfying and rewarding experience. Since I want to live it fully, and I want to live it well. I hope that I will handle myself in such a manner that when today becomes yesterday, my memories will be pleasant and when tomorrow 
becomes today my regrets will be few. On this day, I do not want to indulge in crippling, selfish emotions such as anger, hatred and fear; I want instead to seek their opposites.

This is the day to be thankful for some pains removed and some blessing received; to translate my gratitude from mere words into cheerful, wholehearted achievement.

This is the day to promise myself that I am going to build my world with gladness and with love, right now, because this is the only day that belongs to me. 

Mittwoch, 22. August 2018

All-Ein-Sein

Ich gehe dieses Buch positiv gestimmt an, denn von Büchern über Zen habe ich immer wieder Anregendes und Hilfreiches gelernt, doch bereits nach wenigen Seiten regt sich in mir Widerstand. Es liegt an der Art des Denkens, an der Sprache, dem pädagogisch Anbiedernden. So plädiert der Autor etwa dafür, das Fragen zuzulassen, denn manche der sogenannt wichtigen Fragen "bergen in sich das Potential, unser bisheriges Leben gänzlich durcheinanderzubringen, kämen wir ernsthaft auf die Idee, nach einer Antwort zu suchen. Deswegen lassen wir bestimmte Fragen auch nicht wirklich zu. Und wie machen wir das? Beispielsweise indem wir die Frage übergehen." So weit so gut. Und was mich angeht: einleuchtend und wahr. Doch dann folgt (leider): "Klingt einfach, ja, nahezu platt. Nun aber langsam. Wir sind doch keine gestrickten Ignoranten. Wir doch nicht. Damit meine ich Sie und mich. Dass wir keine Ignoranten sind, zeigt sich daran, dass ich solch ein Buch schreibe und sie es lesen ...".

Hätte er das doch bloss gelassen! Ich lese trotzdem weiter, fühle mich nach wie vor von des Autors Formulierungen nicht besonders angezogen, doch sein Rat "Langsamer und genauer werden" ist auch einer, den ich mir selber immer mal wieder gebe und dann stosse ich auf den Abschnitt "Wer es besser haben will, ist nicht mehr im Hier und Jetzt", in dem auch die fundamentale (und wohl von vielen übersehene) Erkenntnis formuliert wird, "dass die Hingabe an die Meditationsübung durchaus ein Ausweichmanöver sein kann." Genau so wie unser ruheloser Verbesserungszwang, denn auch dieser hindert uns, das Leben anzunehmen. Wie subtil wir dabei vorgehen, macht Alexander Poray mit seinen Ausführungen eindrücklich klar.

Je weiter ich mit der Lektüre vorankomme, desto mehr gefällt mir, was ich lese. Auch natürlich, weil ich auf Gedanken treffe, dir mir bekannt ist. Etwa, dass es uns bei Allem und Jedem primär um Stabilität geht. Oder, dass wir meist instinktiv handeln und die Erklärungen dafür im Nachhinein folgen. Doch selbstverständlich stosse ich auch auf vieles, dass mir gänzlich neu ist. "Wir sind hier zu keinem Zeitpunkt das handelnde Subjekt, sondern werden durch die Handlungen erzeugt. Sub-jekt bedeutet ja unter-geordnet sein und eben nicht über-geordnet oder voraus-gehend ...".

Alexander Poraj spricht von einem Wirbelsturm aus Gedanken und Gefühlen, den wir selber schaffen, in der Hoffnung, Ruhe zu finden. Denn was wir am meisten fürchten ist die Ungewissheit. "Wir haben Angst, kein Etwas mehr zu sein, keine Identität zu haben, sich einfach im Nichts aufzulösen. Wir haben Angst, dass etwas anderes 'ist' und nicht wir."

All-Ein. Zen oder die Überwindung der Einsamkeit ist ein Buch zum Langsam-Lesen. Ich jedenfalls lese es langsam, lege es nach ein paar Seiten wieder zur Seite, lasse auf mich wirken und überdenke. was ich gelesen habe. Weil es ein sehr dichter Text ist, einer, der zum Bedenken und Nachspüren einlädt. Und auch, weil Begriffe zum Teil anders definiert und eingesetzt werden, als das üblicherweise getan wird. So wird etwa das Selbstgefühl als ein ruheloser Prozess beschrieben.

Ganz besonders hilfreich fand ich die Ausführungen über "Die Sehnsucht", die Alexander Poraj nicht als individuelles Bedürfnis versteht. "In dem Augenblick nämlich, in dem wir alles Gewünschte zu haben meinen, meldet sich die Sehnsucht zu Wort so, als hätte sie mit den Vorstellungen von Glück und Zufriedenheit nichts zu tun." Ein Zustand des Mangels bleibt trotzdem da. Was also ist zu tun? Dahin schauen, "wohin wir noch nie geschaut haben, weil wir nach Lösungen suchten, damit das Problem verschwindet, und nicht nach dem 'Problem', ob es überhaupt nach Lösungen verlangt."

Das ist ungewohnt? Sowieso. Und genau deshalb weichen wir aus. Wie stark wir von unseren Gewohnheiten geprägt sind, erläutert Alexander Porai unter anderem an der Geschichte des Evangelisten Lukas vom verlorenen Sohn. Und er zeigt, dass sie auch anders gelesen werden kann. Als eine Geschichte der Sehnsucht. Nein, nicht so, wie wir Sehnsucht gemeinhin verstehen, als Stimme der Not, sondern als "die Stimme der Fülle des Soseins". Und was heisst das? Dass, wenn man anhält, aus der Gewohnheit fällt und innehält, Zen lebt.

Alexander Poraj
ALLEIN
Zen oder die Überwindung der Einsamkeit,
Kösel, München 2018

Mittwoch, 15. August 2018

I know only

The older I have become, the less I have understood or had insight into or known about myself. I am astonished, disappointed, pleased with myself. I am distressed, depressed, rapturous. I am all these things at once, and cannot add up the sum. I have no judgement about myself and my life.

There is nothing I am quite sure about. I have no definite convictions - not about anything, really.

I know only that I was born and exist, and it seems to me that I have been carried along. I exist on the foundation of something I do not know. In spite of all uncertainties, I feel a solidity underlying all existence and the continuity in my mode of being.

C.G. Jung

Mittwoch, 8. August 2018

Gelassenheit: Zeit für ein gutes Leben

"Tag und Nacht belauert uns die Angst. Im Unterbewusstsein belauert sie uns fast ständig, vielleicht sogar jetzt, in diesem Moment." Die eine Möglichkeit, damit umzugehen, besteht darin, durch Meditation den Geist zu leeren, die andere, die Angst zu analysieren und zu interpretieren. Letztere ist das Thema dieses Buches. "Anstatt so viel Mühe darauf zu verwenden, den Geist zu leeren, kann es ein besserer Weg sein, wenn wir sorgfältiger und bedächtiger auf unsere Erregungszustände schauen, um herauszufinden, was eigentlich an Sorgen und Anliegen dahintersteckt."

"Es sind die Erwartungen, die die Dinge so schwierig machen." Das ist nicht einfach so dahin gesagt, sondern wird ausgeführt. Differenziert ausgeführt. Und das ist gut so, denn genaues Hinsehen ist die erste und wichtigste Voraussetzung, wenn man versucht, die Dinge zu sehen, wie sie sind und nicht, wie wir sie uns vorstellen beziehungsweise erhoffen und erträumen.

Das Leben ist schwierig. Und dieses Buch, geschrieben von The School of Life, die sich der Entwickluing emotionaler Intelligenz widmet, "weil wir überzeugt sind, dass unsere grössten Probleme durch fehlende Selbsterkenntnis, zu wenig Mitgefühl und den Mangel von Kommunikation entstehen", zeigt an einer Fülle von Beispielen aus dem täglichen Leben auf, dass es nicht nur schwierig, sondern sehr schwierig ist. Und es gelegentlich etwas leichter werden kann, sofern man akzeptiert, dass es wirklich schwierig ist.

Von Beziehungen ist etwa die Rede und die Zwischentitel geben an, in welche Richtung es dabei geht. "Unser Liebespartner ist ein eigenständiges Wesen", "Der Beginn sagt nichts über das Kommende aus", "Niemand hat eine normale Kindheit" etc. etc. Wenn auch das Meiste, das hier ausgeführt wird, einleuchtend und hilfreich ist, es gibt auch Aussagen, die ich überhaupt nicht teile. Zum Beispiel diese hier: "Wir sollten vielleicht alle paar Stunden Zeit für einen Augenblick schaffen, in dem wir uns trauen ohne Scheu um Bestätigung zu bitten. 'Ich brauche dich wirklich. Willst du mich immer noch?' sollte zu den normalsten Fragen überhaupt gehören." Ich selber finde es sinnvoller, zu lernen, mit sich selber klarzukommen und nicht vom anderen zu fordern, was man sich selber geben sollte.

Was mich an diesem Buch ganz besonders anspricht ist das Kapitel "Quellen der Gelassenheit", worin auf die Themen Schauen, Wohlklang, Weite, Geschichte und Umarmungen eingegangen wird. Das Schauen wird überdies mit Bildern sehr schön illustriert, wobei Claude Lorrains Landschaft mit Hagar und dem Engel aus dem Jahre 1646 (in Kombination mit den Ausführungen dazu) eine echte Entdeckung war: "Lorrains Bestreben war es, unseren Gemütszustand durch visuelle Eindrücke zu beruhigen, sodass wir zumindest für einen Moment so sehr in uns ruhen wie seine Landschaften."

Damit ein Leben in Gelassenheit gelingen kann, müssen wir zuallererst begreifen, dass Angst und Anspannung zu den Grundzügen unseres Wesens gehören. Weshalb dem so ist, erklärt dieses Buch, doch glücklicherweise geht es darüber hinaus und gibt uns nützliche Ratschläge. "Wir sollten lernen, über unsere Ängste zu lachen." Und: "Was zählt, ist, dass wir uns der Vorstellung gelassener und ruhiger zu sein, verpflichtet fühlen. Ganz gleich, wie oft der Versuch danebengeht, der gute Wille ist ausschlaggebend."

Gelassenheit
Zeit für ein gutes Leben
The School of Life / Süddeutsche Zeitung Edition, 2018

Mittwoch, 1. August 2018

We must be diligent today

Do not pursue the past,
Do not lose yourself in the future.
The past no longer is.
The future has not yet come.
Looking deeply at life as it is
in the very here and now,
the practitioner dwells
in stability and freedom.
We must be diligent today.
To wait till tomorrow is too late.
Death comes unexpectedly.
How can we bargain with it?
The sage calls a person who knows
how to dwell in mindfulness
night and day
'the one who knows
the better way to live alone.'

from: The Sutra on Knowing the Better Way to Live Alone
quoted in William Alexander: Cool Water

Mittwoch, 25. Juli 2018

Vergänglichkeit und Tod

"Wenn ich noch einmal leben dürfte, würde ich mir angewöhnen, jeden Abend über den Tod nachzudenken. Ich würde mir den Tod sozusagen in Erinnerung rufen. Keine andere Übung lässt einen das Leben intensiver spüren. Wenn der Tod naht, sollte er einen nicht mehr überraschen. Er sollte Teil dessen sein, was man vom Leben erwartet. Ohne das ständige Bewusstsein vom Tod ist das Leben fade. Es ist wie ein Ei ohne Eigelb", schrieb die damals 41jährige Muriel Spark in Memento Mori.

Zu diesen Sätzen springen meine Gedanken, als ich die Einleitung zu Luise Reddemanns Schlussstücke. Gedanken über Vergänglichkeit und Tod lese. Nein, Muriel Spark wird darin nicht erwähnt und warum mein Gehirn einen Bezug zu Frau Prof. Reddemanns Text herstellt, weiss ich nicht wirklich, da könnte ich nur raten und das mag ich gerade nicht. Doch soviel soll sein: Für mich bedeutet die Beschäftigung mit dem Tod eine Auseinandersetzung mit dem Leben, meinem Leben, denn ein anderes kenne ich nicht.

Seit mindestens 50 Jahren, schreibt die Autorin, begleite sie Prediger 3: Ein jegliches hat seine Zeit. Und sie fügt hinzu: "Und er bedeutet mir immer wieder Unterschiedliches." Da mich dieser Text auch schon seit langem begleitet und mir auch immer wieder Neues und Anderes bedeutet, haben die Schlussstücke. Gedanken über Vergänglichkeit und Tod bereits meine Sympathie. Doch nicht nur deswegen – die Suche nach Identifikation ist nur einer unter vielen (und mir grösstenteils wohl gar nicht bewussten) Gründen, weshalb ich Bücher lese – , sondern auch, weil Luise Reddemanns Ausführungen anregend (sofort will ich mir die schon lange im Regal stehende, noch nicht gelesene Beethoven-Biografie vornehmen) und horizonterweiternd sind.

Das Thema Vergänglichkeit und Tod habe viel mit dem Herzen zu tun, doch ein wenig Vernunft könne dabei nicht schaden, notiert sie. Beide sind dem Menschen eigen genauso wie die Trauer und das Lachen. Akzeptanz ist der Schlüssel, finde ich. "Und selbst wenn wir nicht mehr gläubig sind wie Bach, können wir anerkennen, dass 'das Leben' grösser ist als wir selbst. Dieser Gedanke leitet mich", so Luise Reddemann und weist, unter Bezugnahme auf Hildegard von Bingen, darauf hin, wie uns das Betrachten der Natur zum Lebenlernen führen kann.

Johann Sebastian Bach, für den Dankbarkeit von grosser Bedeutung war, nimmt einen wesentlichen Teil dieses Buches ein. Bachs Dankbarkeit ist angesichts seines eigenen Leids umso beeindruckender. Und natürlich hole ich meine Bach-CDs hervor, nicht nur Goulds Goldberg Variationen, die mich schon lange begleiten, sondern auch die schon ewig nicht mehr gehörte Johannes Passion (ich höre nur auf die Musik, nicht auf den Text), die ich jetzt mit nochmals anderen Ohren höre.

Luise Reddemann nimmt auf ganz unterschiedliche, aus verschiedenen Jahrhunderten stammende Autoren und Gedanken Bezug – von Viktor Frankl über Kurt Marti zu Andreas Gryphius, von der Bibel über den Buddhismus zur Psychotherapie – , die letztlich alle zum Ziel haben, sich mit dem Leben einverstanden zu fühlen. "Wer dem Leben als Ganzem vetraut, kann sich aufgehoben fühlen, selbst wenn es manchmal zum Verzweifeln ist."

Doch Schlussstücke beschränkt sich nicht auf das Hinführen zu wesentlichen Gedanken, sondern geht darüber hinaus, indem es die persönliche und einfühlsame Lesart (und Hörkunst – es geht viel um Musik) der Autorin vorstellt. So erläutert sie unter anderem, höchst differenziert und anschaulich, was sie selber unter Resignation, Akzeptanz und Empathie versteht. Hier nur soviel: Es ist etwas anderes als üblicherweise damit verbunden wird.

Schlussstücke ist ein wunderbar hilfreiches Buch.

Luise Reddemann
Schlussstücke
Gedanken über Vergänglichkeit und Tod
Klett-Cotta, Stuttgart 2018

Mittwoch, 18. Juli 2018

20th Century Alcohol & Tobacco Ads

100 years of stimulating ads, the subtitle of this formidable tome aptly says. "Alcohol and tobacco are huge industries that produce massive wealth for many, and one of the most profitable beneficiaries, the advertising industry, has made certain of that."

Jim Heimann's and Steven Heller's 20th Century Alcohol & Tobacco Ads is not only a fabulous collection of  telling pictures that reflect the manners and mores of American society in the 20th century but also a highly informative work. It describes, for instance, how Edward Bernays, a nephew of Sigmund Freud and the author of the influential Propaganda (1928) managed to encourage women, a then untapped market, to purchase cigarettes. He "organized a women's protest up Fifth Avenue in New York City for which he paid 'progressive-leaning' women to light so-called 'torches of freedom' on March 31, 1929, during the annual Easter Parade. Bertha Hunt, Bernays's secretary, and the other women lit up Lucky Strikes in full view of men and women on the street, igniting a flurry of publicity and scandals. The more women began to light their 'torches', the more stories nespapers ran, which increased Lucky's sales – their defiance was monetized." As always in advertising: You do no sell a product, you sell a longing  – "the primary approach was to establish a mood wherein the customers were given aspirational messages."
Carta Blanca, 1943

Courtesy Jim Heimann
Collection/TASCHEN

It was new to me that the "Christian temperance groups across America comprised primarily of females." They were so successful that new legislation was enacted (the 18th Amendment to the U.S. Constituion) that prohibited the production and sale of liquor and beer. Interestingly enough, there was no outcry against tobacco during the nearly 14-year Prohibition that came to an end in December 1933, when it was repealed.

Advertising liquor came to a virtual standstill during the prohibition. After the repeal, some states remained dry and "advertising liquor was restricted in magazines and newspapers published there; only periodicals published outside these states were allowed to advertise alcohol."

There is no question that alcohol and smoking are vices. The advertising industry helped to transform them into virtues. "These products brought gratification, if not escape. So the job of mass advertising was to increase desire and encourage their standing as symbols of status." Judging from the examples in this tome, advertising has done a most impressive job.
Asti, 1952

Courtesy Jim Heimann
Collection/TASCHEN

It never really occurred to me that, when glancing through the pages of this volume, I was looking at products that could cause harm. In fact, I wasn't product-oriented at all, I felt taken to some fantasy-land – and I've admired the artwork.

20th Century Alcohol & Tobacco Ads is also a visual history book that reflects the spirit of its particular period in time. In 1969, the now famous "Warning: The Surgeon General Has Determined that Cigarette Smoking Is Dangerous to Your Health" was introduced; in the 1980s and 1990s, the designs  of liquor bottles and labels became invaluable brand signifiers.
Marlboro, 1973

Courtesy Jim Heimann
Collection/TASCHEN

20th Century Alcohol & Tobacco Ads is simply a joy to spend time with. Moreover, it provides valuable insights into how clever arrangements of images and text can influence our consuming habits. Editor Jim Heimann and author Steven Heller have done a superb job.

Jim Heimann
Steven Heller
20th Century Alcohol & Tobacco Ads
Taschen, Cologne 2018