Mittwoch, 5. September 2018

Süchtige sind Langweiler

Süchtige sind Langweiler, selbstmitleidige Langweiler. Und überdies feige. Ihr Beitrag zum Leben besteht darin, dass sie sich diesem verweigern. Und ihre Nächsten, die sich um sie sorgen, terrorisieren. Doch das ist ihnen egal. Sie sind ausschliesslich mit sich selber beschäftigt. Ich weiss, wovon ich rede, ich war auch einmal so.

Dass Süchtige auch Leidende sind, versteht sich. Dass sie Hilfe brauchen genauso. Tragisch ist, dass allzu viele glauben, dem sei nicht so, sie schafften es, wenn überhaupt, alleine. So wie ich das während gut zehn Jahren geglaubt habe. Und sie geben sich nicht nur Mühe, sie strengen sich wirklich an, sehr sogar. Und immer wieder von Neuem, doch selten mit anhaltendem Erfolg.

Einige versuchen es auch mit Therapie, und ja, die kann gelingen. Doch oft ist sie nicht viel mehr als ein Machtkampf zwischen Therapeut und Patient. Während der Therapeut die Schwachstelle des Patienten zu eruieren versucht, tut der Patient alles, um genau das zu verhindern.

Manch seelisch Leidenden ist nicht zu helfen, ihr Widerstand zu gross und zu heftig. Die Psychiatrieprofessorin Kay Redfield Jamison, die selber an einer bipolaren Störung leidet, berichtet in „Eine ruhelose Seele“ von einem solch herzzerreissenden Fall: „Nichts, was in der Macht der Medizin oder der Psychologie stand, konnte ihn dazu bringen, seine Medikamente lange genug zu nehmen, dass es ihm auf die Dauer gut ging. Lithium half ihm, aber er nahm es nicht.“

Doch Einstellungs- und Verhaltensänderungen sind möglich. Manchmal. Ich habe es erfahren. Und andere auch. Auf ganz unterschiedlichen Wegen.

Hans Durrer
Wie geht das eigentlich, das Leben?
Anregungen zur Selbst- und Welterkundung
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