Mittwoch, 26. August 2015

Eine Pforte zur Erfahrung des Zen

Es gehöre zum Wesenskern des Zen, möglichst direkt auf das Wesentliche zuzusteuern, schreibt Stephan Schuhmacher und genau das tut er dann auch selber. "Die Frage ist also, was die Überlieferung des Zen hier und jetzt für jeden Einzelnen von uns existenziell bedeutet. Kann sie mir helfen, meine Lösung zu finden?"

Eingeleitet wird Zen. Die unlehrbare Lehre mit der Schilderung des Weges, den der Königssohn Siddhãrtha gegangen ist. Er hatte alles: er war reich, genoss Privilegien, hatte eine junge, schöne Frau und einen gesunden Sohn. Er besass all das, was der moderne Kapitalismus den Erfolgreichen zu bieten vermag. Dass das alles nicht glücklich macht, das wissen wir alle, doch etwas zu wissen, hilft meist nicht viel und so rennen wir denn lieber weiter, bevor uns unser Wissen zu stark erschreckt.

Anstatt wie die meisten von uns weiter zu rennen, ist Siddhãrtha ausgestiegen, hat sich auf die Suche gemacht, ausprobiert, was es ausprobieren gab und schliesslich erschöpft aufgegeben. Denn es gab nichts zu finden. "Wer bei dem innezuhalten vermag, was er nicht weiss, der hat das Höchste verwirklicht."

Stephan Schuhmacher erzählt unter anderem davon, wie das Zen von Indien nach China gelangte, doch ihm geht es nicht um die Historie, nicht um die intellektuelle Auseinandersetzung mit den uns bedrängenden Fragen. Ihm geht es um eine grundlegende (nicht auf das Zen beschränkte) menschliche Erfahrung, die uns zeigt, "dass die Phänomene nicht die absolute Wirklichkeit, sondern Illusionen, Projektionen des eigenen Gehirns sind." Auch die moderne Hirnforschung weist übrigens in diese Richtung.

Toll an diesem Buch ist, wie der Autor Ereignisse von vor Jahrhunderten in Bezug zur Gegenwart setzt. "Der Markt der Heilsversprechungen und Weisheitslehren war vor 2500 Jahren in Indien zwar längst nicht so bunt und vielfältig wie der westliche spirituelle Supermarkt unserer Tage, aber er hatte doch eine Vielzahl von unterschiedlichen Lehren und Techniken anzubieten, die zum Seelenfrieden führen sollten. Siddhãrtha probierte sie alle – und er schonte sich nicht dabei."

Genauso toll ist, dass Stephan Schuhmacher auf Zitate hinführt, die überzeugend darlegen, worauf es beim Zen ankommt. Etwa: "Erleuchtung ... bedeutet zu wissen, ... dass jedes Ding von Natur aus die ganze Wahrheit verkörpert." Und: "Es gibt nichts, was zu übermitteln wäre. Es kommt nur auf die Einsicht in das eigene Wesen an."

Im Zen wird die Non-Dualität, die Nicht-Zweiheit, angestrebt. Diese kann nur erfahren werden. "Die Subjekt-Objekt-Spaltung wird als die Wurzel allen Übels und aller Leiden des Menschen angesehen."

Zen. Die unlehrbare Lehre ist auch deswegen ein beeindruckendes Buch, weil es eindrücklich darlegt, dass Zen-Meister keineswegs als abgehobene Esoteriker unterwegs sind, sondern sich nicht zuletzt durch ihre profunde Menschenkenntnis auszeichnen. "Ein Meister des Zen erkennt schon allein an der Körpersprache und dem gesamten Habitus eines Menschen, der ihm gegenübertritt, dessen Bewusstseinszustand."

Vor allem jedoch macht Zen. Die unlehrbare Lehre Mut, sich auf sich selber einzulassen und seinen eigenen Weg zu gehen. "Nicht umsonst hatte bereits Buddha Shãkyamuni in seiner Rede an die Kalamer betont, niemand solle nur aufgrund von Rang und Ansehen eines Lehrers dessen Lehren übernehmen, ohne deren Wahrheitsgehalt aus eigener Erfahrung bestätigen zu können."

Neu ist, was Stephan Schuhmacher erzählt, nicht, doch wie er es erzählt  leicht, einfach, klar und mitunter witzig , das nimmt mich sehr für diesen Text ein. Dazu kommt, dass dieses Buch schön gestaltet, mit Tuschebildern und Kalligraphien illustriert sowie einem ansprechenden Umschlag versehen ist und gut in der Hand liegt.

"Eine Pforte zur Erfahrung des Zen" schreibt der Verlag. Und genau das ist es!

Stephan Schuhmacher
Zen. Die unlehrbare Lehre
Kösel Verlag, München 2015

Mittwoch, 19. August 2015

On Freedom & Responsibility

The really religious person is one who stops finding excuses for his misery. It needs guts to accept that I am responsible, that `This is my choice, I have chosen my life this way,` that ´My freedom is there, has always been there, to choose whatsoever I want. I can choose misery, I can choose bliss.`

Man`s soul consists of freedom.

I teach you freedom.

But freedom means taking the responsibility, total responsibility for your life, on your own shoulders, not throwing it onto somebody else.

Osho
The Book of Wisdom

Mittwoch, 12. August 2015

"Viele glauben, ich sei betrunken"

"Viele glauben, ich sei betrunken", lautete der Titel des Interviews mit dem Schriftsteller Richard Wagner über seine Parkinson-Krankheit in der Basler Zeitung. Wer darunter leidet, kann seine Bewegungsabläufe nicht mehr kontrollieren. "Herr Parkinson verwirrt den Körper und lässt den Kopf zuschauen", charakterisiert Wagner die Krankheit. Und: "Man muss den Istzustand aushalten – und sein Leben danach neu ausrichten."

Ein pragmatischer, ja ein weiser Satz. Realistisch und keineswegs resignativ. Eine ständige Aufforderung an sich selber, anwendbar auf alle Menschen, nicht nur auf die, die unter Parkinson leiden. Nur, dass es für letztere eine grössere Herausforderung ist, als für "uns Normalos".

Früher sprach man von Schüttellähmung, heute spricht man beschwichtigend vom Restless-Legs-Syndrom. "Das Syndrom der ruhelosen Beine. Als ginge es bloss um die Beine, und nicht auch um den Kopf, der angeblich alles kontrolliert, aber kaum etwas unter Kontrolle hat."

Wie alle, die mit einer schweren Krankheit diagnostiziert werden, will er anfangs nicht wahrhaben, was ist. "Ich versuchte mir zwar immer noch einzureden, die Symptome seien noch nicht eindeutig genug, aber die Diagnose stand fest, an ihr war kaum zu rütteln."

Was helfen  könne, so der Autor, sei die medikamentöse Einstellung. "Sie kann zumindest vorübergehend durch pragmatische Beobachtung und Selbstbeobachtung des Verhaltens des Erkrankten verbessert werden. Vorausgesetzt sein Verhalten ist logisch."

Die Medikation wirkt, Richard Wagners Zustand bessert sich erstaunlich schnell, doch nur vorübergehend. Der schlaue Herr Parkinson und seine Truppen lassen sich nicht so leicht abfertigen.

Unerklärliche Krankheiten zu personalisieren, macht Sinn. Damit man zumindest einen Anhaltspunkt hat, an dem man sich orientieren kann. "Herr Parkinson hat keinen Zweck im Auge, er hat nichts mit einem vor. Er handelt aus dem Augenblick heraus und ist vom Ergebnis nicht weniger überrascht als der Erkrankte."

Richard Wagner hat mit "Herr Parkinson" nicht nur seine persönliche Leidensgeschichte aufgezeichnet, sondern auch von anderen berichtet, die unter dieser Krankheit zu leiden hatten, vom Schweizer Schriftsteller Jürg Federspiel über den Schauspieler Michael J. Fox zum preussischen Bildungserneuerer Wilhelm von Humboldt.

"Herr Parkinson" ist ein sehr menschliches ("Der Träger einer so konsequent sinnsprengenden Krankheit wie Morbus Parkinson will getröstet sein, jenseits von Ursachenforschung und Therapie") wie auch ein traurig-witziges Buch: "Es kam der Tag, an dem ich zum ersten Mal einen Brief nicht zu Ende schreiben konnte, und es beunruhigte mich nicht besonders, denn das Briefschreiben ist nie meine Stärke gewesen."

Vor allem jedoch beeindruckt "Herr Parkinson" als Dokument des würdevollen Umgangs mit seinem Schicksal.

Richard Wagner
Herr Parkinson
Knaus Verlag, München 2015

Mittwoch, 5. August 2015

These Boots Are Made for Walkin'

You keep saming when you ought to be changing.

(Statt dich zu ändern, machst du weiter, als ob nichts wäre)

Lee Hazlewood 
These Boots Are Made for Walkin'