Mittwoch, 12. September 2018

Lebenskunst

Nur auf eine Kunst kommt es für mich an: Die Lebenskunst.

Was meint das? Das Leben als Gelegenheit zum Üben zu begreifen. Und was soll geübt werden? Das Leben. Geht es auch konkreter? Sicher, hier ein Beispiel.

Eine meiner Gewohnheiten ist es, Unangenehmes so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Die Idee dahinter ist – wenn es denn überhaupt eine Idee ist, ist es keine bewusste, von der mir klar ist, dass sie mein Verhalten leitet, sondern eine nachgereichte – , anschliessend das machen zu können, wozu ich mehr Lust habe. Leider ist es nun aber so, dass, kaum habe ich die eine unangenehme Sache (meist Probleme genannt) hinter mich gebracht, schon die nächste vor meiner Nase steht. Mit anderen Worten: Ich räume ständig so schnell wie möglich Probleme aus dem Weg, deren Anzahl sich deswegen jedoch nicht zu verringern scheint. Es ist eine Sisyphus-Arbeit.

Albert Camus hat einmal gemeint, man müsse sich Sisyphus als glücklichen Menschen vorstellen. In Tat und Wahrheit ist er das natürlich nicht, doch wenn er übt, kann er sich in diese Richtung entwickeln. Denn Üben bedeutet, sich auf das Wie zu konzentrieren. Die anstehenden 'Probleme' als das zu sehen, was sie sind: Gelegenheiten zum Üben.

Doch was um Himmels Willen soll man denn bloss üben? Sein Denken, Fühlen und Tun ins Gleichgewicht zu bringen. Sich selber zu meistern. Wem Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ein attraktives Ziel ist, ist es aufgegeben, seine Impulse zu kontrollieren, seinen Gewohnheiten die Richtung vorzugeben. In meinem Falle bedeutet das, die Dinge langsam anzugehen, mir Zeit dafür zu nehmen für das, was ich tue. Denn was ich tue, ist mein Leben, wie ich damit umgehe, meine Verantwortung.

Hans Durrer, Juli 2018

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