Es versteht sich von selbst: Ich weiss nicht wirklich, was mich leitet, denn ich (wie jede und jeder andere auch) bin viel zu komplex, um dies wissen zu können. Dazu kommt, dass der Anteil meines Bewusstseins gering ist und vorwiegend dann zum Einsatz kommt, wenn ich im Nachhinein Gründe für mein Verhalten finden will. Nichtsdestotrotz gibt es Sätze, die mich schon lange begleiten und auf die ich immer wieder zurückkomme. Und von denen ich annehme, dass sie mein Verhalten bzw. mein Sein in der Welt prägen. An Ostern 2025 gehen mir unter vielen anderen diese Sätze durch den Kopf.
„Politik ist die Kunst, die Leute daran zu hindern, sich um das zu kümmern, was sie angeht.“ (Paul Valéry). Die Medien tragen aktiv dazu bei, indem sie uns wissen lassen, was X und Y denken (ganz so, als ob sie es wüssten), obwohl wir doch gar nicht wussten, dass es X und Y überhaupt gibt. Und auch die X und Y, die es gibt, haben keinen Einfluss auf meinen Alltag, ausser ich lasse sie in meinen Kopf. Doch was ist es, was die Leute angeht? Es zeigt sich, wenn man sich ihm nicht in den Weg stellt.
„Das Kausalitätsprinzip hat unserem Geist recht seltsame Streiche gespielt.“ (Paul Valéry). So glauben wir zum Beispiel, dass alles seinen Grund haben müsse. Und falls nicht, finden können wir einen solchen Grund gleichwohl. So erinnere ich aus meinem Jurastudium diese erhellenden Sätze: „Das Wichtigste ist, zu einem Entscheid zu kommen. Gründe dafür finden wir dann immer noch.“ Damals dachte ich, Juristen (und Juristinnen) seien echt beschränkt (so recht eigentlich sind das alle, die in Systemen denken), was sich im Laufe meines Lebens bestätigt hat, doch bewusst geworden ist mir mittlerweile auch, dass diese Sätze treffend zusammenfassen, wie wir unser Dasein zubringen.
„Mit unseren Welterklärungen wird uns mehr genommen als gegeben. Sie erklären nichts, setzen nur an die Stelle des Geheimnisses eine Gewohnheit zu denken.“ (Hans Albrecht Moser). Beobachte ich einfach, was mir so alles durch den Kopf geht, bin ich verwirrt und fasziniert; verloren fühle ich mich hingegen nicht. Auf Erklärungen zu verzichten, die Welt so unvoreingenommen wie möglich wahrzunehmen, ist eigenartig, bereichernd, weder beschreib- noch erklärbar, doch es lässt sich erfahren.
„Mein Lebenslauf ist bald erzählt. – / In stiller Ewigkeit verloren / Schlief ich, und nichts hat mir gefehlt, / Bis dass ich sichtbar ward geboren. / Was aber nun? – Auf schwachen Krücken, / Ein leichtes Bündel auf dem Rücken, / Bin ich getrost dahingeholpert, / Bin über manchen Stein gestolpert./ Mitunter grad, mitunter krumm, / Und schliesslich musst‘ ich mich verschnaufen. / Bedenklich rieb ich meine Glatze / Und sah mich in der Gegend um. / O weh! Ich war im Kreis gelaufen, / Stand wiederum am alten Platze, / Und vor mir dehnt sich lang und breit, / Wie ehedem, die Ewigkeit.“ (Wilhelm Busch). Es ist dies auch die überaus treffende Zusammenfassung meines eigenen Lebens, notabene von einem Mann, der mich gar nicht gekannt hat! Sonst hätte er das Detail mit der Glatze weggelassen, wie man auf dem Bild, aufgenommen von Blazenka Kostolna, im Jahre 2024 in Bad Ragaz, sehen kann.







