Sonntag, 28. September 2025

Die drei Christi aus Ypsilanti

Zugegeben, ich hatte zuerst Mühe, den Titel zu verstehen, denn weder war mir der Plural von Christus geläufig, noch dass es sich bei Ypsilanti um eine Stadt in Michigan handelt. Am 1. Juli 1959 bringt der Sozialpsychologe Milton Rokeach im dortigen Krankenhaus drei Patienten zusammen, von denen jeder glaubt, er sei Jesus Christus. Den alkoholkranken Landwirt Clyde Benson, den höchst aggressiven, gescheiterten Schriftsteller Joseph Cassel sowie den Veteran des Zweiten Weltkriegs Leon Gabor. „Wir hatten im Vorfeld entschieden, dass wir nicht versuchen würden, die Männer gegen ihren Willen zu irgendetwas zu bewegen, auch dann nicht, wenn wir deshalb unser Projekt aufgeben müssten.“ Doch was war das Projekt?

Die Forscher wollten den Ursprung verschiedener Überzeugungssysteme erkunden, denen die Menschen anhängen. Die Untersuchung basierte auf drei Annahmen. 1) Überzeugungen sind unterschiedlich stark. 2) je primitiver eine Überzeugung, desto schwieriger wird es sein, sie zu verändern. 3) wird eine primitive Überzeugung verändert, wirkt sich dies nachhaltig aufs ganze System aus.

Kindern wird beigebracht, zwischen wirklich und unwirklich zu unterscheiden. Das Wissen, was real ist und was ein Spiel, ist zentral für ihre Identität und erlaubt ihnen, Kontrolle auszuüben. Wie also kann es dazu kommen, dass sich drei ganz unterschiedliche Männer für Christus halten? Wie in psychiatrischen Kliniken üblich, werden ihnen viele Fragen gestellt, ihre Rationalisierungen und ihr Verhalten beobachtet. Die Stimmung bei den Gruppentreffen wird mit der Zeit gereizter, es kommt zu Gewaltausbrüchen.

Auf mich wirkt, was die drei, die sich gegenseitig beschuldigen, verrückt zu sein, von sich geben, wirr und unverständlich. Zum Teil aber auch scharfsinnig, fantasievoll und spielerisch. Und oft, sehr, sehr abgedreht. Gelegentlich fühlte ich mich an Psychiatrie-Witze erinnert. Ein Beispiel:

Als er (Leon) an den Tisch tritt, der für Clyde, Joseph und ihn reserviert ist, sagt er: ‚Ah, guten Morgen, Sie instrumentellen Götter‘, und setzt sich mit selbstzufriedenem Lächeln. ‚Diese Männer sind Opfer elektronischer Imposition‘, fährt er fort. Clyde springt auf und schreit: ‚Ich habe diesen Ort gemacht!‘ Sie tauschen einige Beleidigungen aus. ‚Halt’s Maul, du Schlampe‘, ruft Clyde, und Leon antwortet: ‚Ich bin keine Schlampe, mein Herr. Ich bin ein Lamm Gottes.’“ Zu versuchen, darin Sinn zu finden, wie das offensichtlich Milton Rokeach tut, halte ich für reichlich aberwitzig.

Die drei Christi aus Ypsilanti protokolliert dieses Experiment ausführlich und zeigt damit auch, wie der Sozialpsychologe Milton Rokeach und seine Mitarbeiter damals gearbeitet haben. Als nach den ersten Wochen, in denen Streitigkeiten und Ausbrüche die Regel waren, die Verantwortung für die Treffen den drei Männern übertragen wurde. kam die Identitätsfrage nur noch auf, wenn Rokeach sie bewusst ins Gespräch brachte.

Die identitären Konfrontationen, mit denen Rokeach operierte, führten nicht dazu, dass die drei Christi ihre Vernunft zurückgewannen. „Clyde und Joseph erweckten den Eindruck, im Wesentlichen unverändert geblieben zu sein. Doch an Leon lässt sich auch weiterhin feststellen, dass er sich kontinuierlich verändert oder dass sich immerhin sein Wahnsystem noch weiter verfeinert.“ Die Einsichten, die Rokeach für sich selber gewann, waren bedeutender, nicht zuletzt, dass diese drei paranoiden Männer „viel lieber nach Wegen suchten, miteinander in Frieden zu leben, anstatt einander zu zerstören.“

Höchst aufschlussreich ist auch, was der Autor zwanzig Jahre nach Abschluss des Experimentes berichtet. „Während es mir nicht gelungen war, sie von ihren Wahnvorstellungen zu heilen, war es ihnen durchaus gelungen, mich von der meinen zu heilen – von meinem gottgleichen Wahn nämlich, dass ich sie verändern könne, indem ich allmächtig und allwissend ihr tägliches Leben im Rahmen der ‚Institution insgesamt‘ organisierte und umorganisierte.“

Übrigens: Wir alle streben zu einem gewissen Grad danach, wie Gott oder Christus zu sein, schreibt Rokeach unter Bezugnahme auf Fichte, Dostojewski, Sherwood Anderson und William Faulkner. Und er zitiert den erklärten Atheisten Bertrand Russell: „Jedermann würde Gott gleichen wollen, wenn das möglich wäre; einige empfinden Hemmungen, die Unmöglichkeit zuzugeben.“

Fazit: Ein eindrückliches Dokument, das unter anderem zeigt, dass vor allem der Therapeut von der Therapie profitiert.

Milton Rokeach
Die drei Christi aus Ypsilanti
Eine psychologische Studie
Matthes & Seitz Berlin 2021

Mittwoch, 24. September 2025

Stella Maris

In einem Interview sagte Cormac McCarthy einmal, er könne mit Schriftstellern, die sich nicht mit grundsätzlichen Fragen über Leben und Tod auseinandersetzten, wenig anfangen. Bekannt ist auch, dass er sich lieber mit Wissenschaftlern als mit Literaten austauscht. Das nimmt mich für ihn ein. „Nennen Sie mir eine Sache, die unsere Welt besser macht als die von 1900 und nicht der Wissenschaft zu verdanken ist."

Alicia, eine attraktive zwanzigjährige Doktorandin der Mathematik an der University of Chicago, liefert sich selber in die Psychiatrie ein. Sie kennt die Einrichtung von zwei früheren Aufenthalten. „Ich wollte hier einige Leute sehen.“ „Patienten.“ „Ja.“ „Denken Sie, ich komme her, um das Personal zu besuchen?“ „Sie meinen die Ärzte.“ „Ja.“ Er sei überrascht, dass sie sich in einer psychiatrischen Anstalt heimisch fühle, sagt der Psychiater. „Vielleicht will ich nur die Nachsicht ausnutzen, die man Verrückten entgegenbringt (...) ich glaube, alle hier sind sich ziemlich einig, dass alle anderen, die hier sind, tatsächlich hierher gehören. Wo sonst findet man das?“

Dieses Aufnahmegespräch gehört zu den faszinierendsten und packendsten Texten, die ich kenne. Es ist gescheit, witzig, herausfordernd und von einer no-nonsense Atmosphäre geprägt, die mir sehr behagt – mehr philosophischer als therapeutischer Dialog, und darüber hinaus auch ein Spiel. Der Psychiater weiss nicht immer, ob Alicia ernst meint, was sie sagt. Und sie selbst weiss es auch nicht immer.

Von der Mathematik ist die Rede, und von der Literatur, und von Halluzinationen wie auch von Satan, der sich nur für die Seele interessiert. „Die Kirche hört nie auf, von Sündern zu sprechen. Die Geretteten werden kaum erwähnt. Jemand hat mal darauf hingewiesen, dass Satans Interessen ausschliesslich spiritueller Natur sind. Chesterton, glaube ich.“

Alicia mag keine Tests, hält es für rassistisch, dass bei diesen keine Musik abgefragt wird, denn ein Schwarzer mit einem kleinen IQ kann durchaus ein musikalisches Genie sein. Auch die Therapie wird thematisiert („Der Therapeut muss glauben, dass die Patientin die Ärztin ist. Dass sie die Wahrheit über sich selbst enthält.“). Ein intellektueller Genuss!

Von den Ärzten hält Alicia nicht gerade viel. „Ich könnte sie fragen, wofür sie ihrer Meinung nach bezahlt werden. Sie wollen entweder meine Wahnvorstellungen oder meine Vorliebe für Lügen erklären, aber in Wirklichkeit können sie gar nichts erklären. Meinen sie, eine Patientin mit Wahnvorstellungen wäre leichter zu behandeln als eine, die nur glaubt, welche zu haben? Wie das schon klingt. Jedenfalls bin ich über Erklärungen längst hinaus. Ich bin fertig.“

Stella Maris handelt hauptsächlich von Erkenntnisfragen grundsätzlicher Art, bei denen unter anderen Kant, Wittgenstein, Bischof Berkeley und Schopenhauer zur Sprache kommen. Schlecht weg kommt besonders C.G. Jung. Ich habe schon sehr sehr lange nicht mehr ein derart anregendes Buch gelesen – die Lust und Freude am Denken springt einen geradezu an.

Ihr Vater, ein Physiker, war am Manhattan Project beteiligt, ihre Mutter ebenfalls; ihr Bruder ist hirntot. Über ihren Vater sagt Alicia: „Ich glaube, für ihn gehörte das, was einer glaubte, zum Charakter. Er wäre nicht auf den Gedanken gekommen, dass an Gott zu glauben – oder nicht zu glauben – eine bewusste Entscheidung sein könnte. Wahrscheinlich war man eben einfach gläubig oder auch nicht.“

Stella Maris ist amüsant, eigenständig, clever und ausgesprochen lehrreich. Zu meinen Erkenntnissen gehört unter anderem, dass, was man sagt, deswegen noch lange nicht glaubt. Und was ich über Musik, über die ich zu meinem Erstaunen noch gar nie wirklich nachgedacht habe, obwohl ich in jungen Jahren mich intensiv damit beschäftigte und in einer Rockband sang, gelernt habe, war ein veritabler Augenöffner. „Musik besteht aus nichts als ein paar ziemlich einfachen Regeln. Die Wahrheit ist, dass niemand sie sich ausgedacht hat. Die Regeln. Die Töne selbst bedeuten fast gar nichts. Aber warum sich ein bestimmtes Arrangement dieser Töne so stark auf unsere Emotionen auswirkt, ist ein Geheimnis, das zu ergründen wir nicht mal hoffen dürfen. Musik ist keine Sprache. Sie bezieht sich auf nichts anderes als sich selbst.“

Stella Maris ist ein sehr dichter Text, den langsam zu lesen lohnt. Klar wird mir dabei unter anderem, dass die sprachlichen Grenzen, an die man beim Nachdenken und Argumentieren stösst, beileibe nicht so eng gezogen werden müssen, wie unser ausschliesslich auf Nützlichkeit programmiertes Denken uns weismachen will.

Mich begeistert dieser Roman, der auf einem Dialog auf Augenhöhe zwischen Patientin, die so recht eigentlich keine ist, und Psychiater beruht. Die vielfältigen Einsichten, die Stella Maris offenbart, beglücken mich, weil sie tiefe Wahrheiten formulieren. Als der Psychiater fragt, ob Verrückte einen Sinn für Gerechtigkeit hätten, antwortet Alicia: „Ist das eine ernst gemeinte Frage? Sie rasen. Nichts beschäftigt sie so sehr wie Ungerechtigkeit.“ Und als er von ihr wissen will, ob sie glaube, dass der Therapeut nicht sonderlich viel heilen kann, sagte sie: „Ich glaube, was die meisten Leute glauben: Heilung kommt durch Zuwendung, nicht durch eine Theorie.“

Fazit: Grossartig, ein Juwel von einem Buch!

Cormac McCarthy
Stella Maris
Rowohlt, Hamburg 2022

Sonntag, 21. September 2025

Der Marshmallow-Test

Walter Mischel, geboren 1930 in Wien und im Alter von acht Jahren mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten nach New York geflohen, hat sich sein Leben lang eine gesunde Skepsis über die Aussagekraft psychologischer Tests bewahrt. Unter anderem auch deswegen, weil er kurz nach der Ankunft in Amerika einen Intelligenztest – auf Englisch – absolvieren musste und dabei (wenig überraschend, würde man meinen) schlecht abschnitt.

Mischel ist klinischer Psychologe. Seine Forschungen wurden angetrieben von der Idee, dass es sich bei der Fähigkeit, sofortige Belohnungen zugunsten künftiger Resultate aufzuschieben, um eine kognitive Kompetenz handelt, die man erwerben kann.

Berühmt geworden ist er durch den Marshmallow-Test. „Meine Studenten und ich stellten die Kinder vor die Wahl zwischen einer Belohnung (etwa einem Marshmallow), die sie sofort bekommen konnten, und einer grösseren Belohnung (zwei Marshmallows), für die sie jedoch – bis zu zwanzig Minuten – warten mussten.“

Die Forscher stellten fest, dass je länger Vier- oder Fünfjährige warten konnten, desto besser kamen sie als Erwachsene mit Frustrationen und Stress zurecht. Das hätten viele vermutlich auch ohne Forschungen gewusst.

Die Frage ist: Ist die Fähigkeit zur Selbstkontrolle genetisch vorgegeben? Oder können wir sie uns aneignen? Die wenig überraschende Antwort ist ein typisch akademisches Sowohl-als-Auch. „Die meisten Prädispositionen sind bis zu einem Grad 'vorprogrammiert', aber sie sind auch flexibel, form- und veränderbar.“

Unser Gehirn lässt sich in ein heisses, emotionales System (das limbische System) und ein kühles, kognitives System unterteilen. Das heisse System „reagiert reflexartig, ohne nachzudenken und emotional, was dazu führt, dass es unwillkürlich ganz schnell die Konsumlust erhöht, die Aufmerksamkeit steigert oder impulsive Handlungen auslöst.“ Das kühle System sitzt im präfrontalen Kortex und „ist kognitiv, komplex und schwerer zu aktivieren.“

Die beiden Systeme stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. „In dem Masse, wie die Aktivität des einen zunimmt, sinkt die des anderen.“ Problematisch ist das bei andauerndem Stress, denn dieser „beeinträchtigt die Funktionstüchtigkeit des präfrontalen Kortex, der viele Dinge entscheidend beeinflusst – nicht nur auf Marshmallows zu warten, sondern auch die Highschool und das Studium abzuschliessen, länger bei einem Job zu bleiben, Bürointrigen durchzustehen, Depressionen zu vermeiden, Beziehungen aufrechtzuerhalten und keine Entscheidungen zu treffen, die intuitiv richtig zu sein scheinen, sich aber bei näherer Betrachtung als unvernünftig erweisen.“

Vieles von dem, was Walter Mischel und die vielen Kollegen, die er zitiert (und die wie er selbst meist in Harvard oder Stanford lehren und offenbar häufig weltweit führende Experten oder sonst wie herausragend sind) herausgefunden haben, scheint einigermassen banal. „Kurzum, wenn Kinder früh im Leben positive Erfahrungen machen, steigert sich dadurch ihre Bereitschaft und ihre Fähigkeit, Ziele beharrlich zu verfolgen, optimistische Zukunftserwartungen zu entwickeln und mit Frustrationen, Misserfolgen und Verlockungen fertigzuwerden, die unvermeidlich sind, wenn sie heranwachsen.“

Doch immer mal wieder weist er eben auch auf enorm hilfreiche Forschungsergebnisse hin, die die Lektüre dieses Werkes höchst lohnenswert machen. Etwa dass Menschen, die sich selbst häufig die Warum-Frage stellen, sich damit keinen Gefallen tun, weil dies dazu führt, dass es ihnen dann meist schlechter geht. Oder dass Menschen, die es schaffen, ihre Gefühle aus Distanz zu betrachten, damit ein Ereignis kognitiv neu bewerten können.

Wir können die Fähigkeit zum Aufschub lernen. Indem wir Strategien entwickeln, um schmerzliche Emotionen abzukühlen. Etwa indem wir tief einatmen, unsere Gedanken umlenken, an langfristige Ziele denken, uns 'Wenn-dann'-Pläne aneignen und das Grundprinzip nicht aus den Augen verlieren: „Das 'Jetzt' abkühlen, das 'Später' erhitzen.“

Doch so wichtig die Fähigkeit zur Selbstkontrolle auch ist, „es sind die Ziele selbst, die uns motivieren und uns leiten. Und sie bestimmen massgeblich, ob wir mit unserem Leben glücklich und zufrieden sind.“

Walter Mischel
Der Marshmallow-Test
Willensstärke, Belohnungsaufschub und die Entwicklung der Persönlichkeit
Siedler Verlag, München 2015

Mittwoch, 17. September 2025

Mediale Selbstanpreisungen

Die Temperaturen würden am Sonntag 40 Grad erreichen, man solle die Empfehlungen beachten, was bei dieser Hitze zu tun sei, wurde der Artikel in der Lokalzeitung eingeleitet. Die Empfehlung bestand in einem Satz: Bei Unwohlsein den Arzt aufsuchen.

Ein paar Tage zuvor wurde in einem Artikel einer kognitiven Psychologin darauf hingewiesen, dass wer negative in positive Gedanken umwandeln wolle, eine kognitive Psychologin aufsuchen solle.

Sonntag, 14. September 2025

Tokyo Sympathy Tower

Englischer Titel, deutscher Text – das ist zwar heute gängig, ändert aber nichts daran, dass ich es blödsinnig finde. Nicht, weil ich etwas gegen das Englische hätte (ich habe 18 Jahre als Englisch/Deutsch-Dolmetscher Geld verdient), doch mich stört, dass die Buchbranche sich so in ziemlich gar nichts mehr von anderen Branchen unterscheidet, und auf jeden Verkaufstrend aufspringt. Auch dass die Übersetzerin dieses Romans ihn auf der Rückseite loben darf, ist für einen seriösen Verlag befremdlich. Wieso nicht beim nächsten Mal gleich die Autorin selbst bemühen ...

Doch zum Buch. Mitten in Tokio soll ein Wolkenkratzer für Kriminelle, denen künftig mit Empathie begegnet werden soll, gebaut werden. Dazu beauftragt wird die junge Architektin Sara Makina, die mit der Zeit Zweifel am Konzept bekommt, die sie mit einem KI-Chatbot diskutiert. Interessant dabei ist, dass die KI Empfindungen auf den Punkt bringt. "Der Unterschied zwischen Mensch und Tier liegt nicht in der Fähigkeit zu sprechen, sondern in der Fähigkeit, Mitleid mit Schwächeren zu haben." Auch ist die KI realistischer als der von Wunschvorstellungen geleitete Mensch.

Einerseits handelt es sich bei Tokyo Sympathy Tower um einen Science Fiction, andererseits ist dieser Roman der Autorin Anlass, ihre Sicht der Architektur, der Welt, ja des Lebens darzulegen – und das ist faszinierend, da sie weit entfernt von jeglichem Mainstream-Denken unterwegs ist. Tokyo Sympathy Tower ist eine ungemein anregende Auseinandersetzung mit unserem Denken, das dafür verantwortlich ist, dass die Welt ist wie sie nun einmal ist. Unsere Sinne hingegen lehren uns, dass besondere Bauwerke besondere Schwingungen auslösen können. Auch davon handelt dieser Roman.

Sara Makina sieht die Welt durch die Augen einer Architektin. "Ich bekam ein Eckzimmer mit Licht von zwei Seiten und hatte gleichzeitig einen Blick auf das Nationalstadion und den Park. (...) Das Stadion war gebaut worden, weil es gebaut werden musste. Es war da, weil es da sein musste. So sah ich das."
Eine Frau mit klaren Ansichten; da ist kein vielleicht, kein möglicherweise etc.: Die Dinge sind nicht nur wie sie sind. Sie sind so, weil sie so sein müssen.

In der sogenannt realen Welt hatte Zaha Hadids Entwurf zwar den Wettbewerb gewonnen, flog dann aber drei Jahre später raus. Die Kosten waren völlig aus dem Ruder gelaufen; auch die Kritik war immer lauter geworden. "Sie sind die Zukunft, Frau Makina. Vergessen Sie nicht die Lehren, die Zaha Hadid ziehen musste. Es ist entscheidend, das Budget einzuhalten und die richtige Sprache zu verwenden. Der Fehler einer Architektin darf nicht die Zukunft beeinflussen."

Es ist das eigenständige Denken der Rie Qudan, ihre Wahrnehmung der Welt, die mir dieses Werk wertvoll machen. "Ich liebte diese Unschärfe, hätte sogar Gefallen an einem Leben ohne Zeit gefunden. Es war mir unbegreiflich, wie wir Menschen es so einfach hinnehmen konnten, dass unser Leben von etwas unterteilt wurde, dessen Existenz nicht einmal bewiesen werden konnte – zweitausend soundso viel Jahre, Juli, 8 Uhr, 22 Jahre, 23-mal und so weiter. Ich wollte nicht wissen, wie viele Tage es noch waren, bis das neue Schuljahr begann, und wie viel Zeit noch bis zum Sonnenuntergang blieb. Ich wollte weiter und weiter an einem Strand spielen, an dem die Sonne nie unterging, für immer ...". Wunderbar, wie sie uns das überaus Willkürliche unserer Existenz ins Bewusstsein ruft.

Den Gedankengängen der Autorin zu folgen, bedeutet an verblüffenden Einsichten teilnehmen zu dürfen. "Die Realität beginnt immer mit Worten. Nicht die Menschen, die gut in Mathematik und Physik sind, bewegen die Welt, sondern die, die gut reden können." Man sollte bei diesen Sätzen innehalten, damit einem die Bedeutung dieser Aussage aufgehen mögen! Argumente bestimmen unsere Existenz; die Wahrheit, die vor Gericht entschieden wird, hängt vom besseren bzw. überzeugenderen Argument ab. Was für ein Irrsinn!

Es gehört zur den Vorzügen dieses Buches, dass es uns mit ungewohnten Anschauungen beschenkt. "Den Anblick von Menschen, die in Zügen transportiert werden – Lebewesen, die sich eigentlich nicht auf diese Art horizontal bewegen können, aber dazu gezwungen sind –, fand ich schon immer grotesk. Ich verstehe nicht, welchen Sinn es macht, sich als Gruppe horizontal fortzubewegen. " Ich selber wäre gar nicht darauf gekommen, dass das in der Tat ziemlich sonderbar ist ...

Tokyo Sympathy Tower ist ein aussergewöhnliches, vielfältig anregendes, und ungemein erhellendes Werk. 

Rie Qudan
Tokyo Sympathy Tower
Roman
Hoffmann und Campe, Hamburg 2025

Mittwoch, 10. September 2025

Woodstock für alle Lebenslagen

Besprechen kann man dieses Bändchen so recht eigentlich nicht. Klar doch, ich spreche von mir. Ich schaue mir die Bildergeschichten an, die mich erfreuen, und komme aus dem Schmunzeln gar nicht mehr heraus.

Andere hingegen können dazu allerdings einiges sagen. Etwa der freie Autor, Journalist und Comicexperte Ralph Trommer, der das Nachwort beigesteuert hat, in dem er überaus erhellende Beobachtungen zum Besten gibt wie etwa: "Woodstocks sehr spezielle Flugkünste inspirierten Charles M. Schulz immer wieder zu Variationen von Gags, die ihn verkehrt herum, mit dem Kopf nach unten, herumflatternd zeigen und meistens zu Bruchlandungen führen, Snoopy beobachtet diese Spielarten des Immergleichen mit geradezu wissenschaftlichem Interesse. Auch Woodstocks Nest auf dem zarten Bäumchen bietet viele Möglichkeiten für interessante neue Ansichten, wenn es zum Beispiel bei Regenwetter nach unten umgedreht wird."

Aus dem Nachwort erfährt man übrigens auch, dass der Name Woodstock auf das legendäre Woodstock-Festival zurückgeht.

Ein wunderbares Bändchen, dessen Weisheiten sich einem vor allem dann erschliessen, wenn man sich die Bilder dazu anschaut. Etwa zu diesem Räsonieren von Snoopy. "Vögel sind toll ...Sie fliegen immer dem Schnabel nach und finden doch stets ihren weg ... Sie orientieren sich an der Sonne und den Sternen ... Sie sind immer voll im Bilde!" Als dann jedoch Woodstock in Snoopys Häuschen kracht, fügt dieser hinzu: "Die meisten jedenfalls."

Ein andermal sitzen Snoopy und Woodstock auf dem Dach. "Woodstock macht sich auf in den Süden", denkt es so in Snoopy, der Woodstock anfeuert: "Ja, vorwärts, los!", dann jedoch konstatieren muss, dass dieser eine Bruchlandung hingelegt hat. "Er mag nicht im Süden sein. Aber immerhin ein Stück südlicher als vorher ...". Was wäre die Welt ohne den Optimismus!

Charles M. Schulz
Woodstock für alle Lebenslagen
Reclam, Ditzingen 2025

Sonntag, 7. September 2025

Gesünder kränkeln

Es geschieht ausgesprochen selten, dass mich bereits der erste Satz Tränen lachen macht: "Hiking, Mountain-Bergsteiging, Paradontosing, Dingolfing – Freizeitbeschäftigungen müssen seit über dreissig Jahren konsequent auf -ing enden, sonst werden sie nicht ernst genommen – ausser vielleicht: Beach-Mikado." Mein Losprusten mag natürlich auch meiner Ignoranz geschuldet sein, da ich bei Dingolfing bisher immer an den Herkunftsort meiner Freundin Ingrid gedacht habe ... Wie auch immer ... Und dann dieser Satz: "Die Forderung nach geringerer Arbeitszeit kollidiert mit der Tatsache, dass viele Leute schon jetzt nicht wissen, wie sie die Zeit totschlagen sollen." Vielleicht könnten ja Drogen helfen ...

Der Titel Gesünder kränkeln ist schlicht genial und erinnert mich an die Antwort auf die Frage: Was gewinnt man, wenn man mit dem Trinken aufhört? Man wird gesünder sterben. So Bernard Trink einst in der Bangkok Post.

Meine anfängliche Begeisterung nahm zwar mit der Zeit ab, auch wegen zu vieler, sich nicht gerade aufdrängender Lautspiele. "Wen lade ich zu meinem Wiedergeburtstag ein? Karma und Dharma, schon klar, aber was genau ist Pharma? Was kommt nach der Tigermücke in unsere Breiten – die Lao-Tse-Tse-Fliege?" Na ja. Dann allerdings wieder dieser herrliche Satz, der "einer chinesischen Geschwindigkeitsphilosophin" (Was auch immer das sein mag!) zugeschrieben wird: "Wo es Gründe gibt, sind Ursachen nicht weit."

Gesünder kränkeln ist überaus reich an Beispielen von recht eigenartigen Überzeugungen (der Mensch ist so!), die sich immer öfter auch als als Gesundheitswahn zeigen. Irregeleitet war der Mensch ja schon immer, doch ganz offensichtlich noch nie so sehr wie heute, was der Autor zumeist höchst gelungen vorführt.

Ganz vieler Themen hat Thomas C. Breuer sich angenommen, das geht von Angeln über Nordic Noir bis zu Wellness. Und darüber hinaus. Der Zwang, auf Teufel-Komm-Raus originell sein zu müssen, bekommt dem Buch allerdings nicht, doch es finden sich eben auch immer mal wieder echte Perlen, also überraschende und smarte Einsichten, die man auf sich wirken lassen sollte, weil man sich anschliessend entschieden gut fühlt, und vielleicht sogar besser als zuvor. "Das beste Anti-Aging-Programm ist immer noch: jung bleiben!"

Zu meinen Favoriten gehören Sätze wie: "Die Landlust ist weit verbreitet, als Sachbuch, als Kochbuch, als Briefpapier, als Handarbeit ...". Oder: "Das Glück ist anspruchsvoller geworden, es lässt sich gerne bitten, immerhin ist es das höchste Gut und Ziel menschlichen Lebens, hat Aristoteles festgestellt. Nein, nicht Onassis." Oder: "In England verschreiben Ärzte Angeln auf Rezept, so geschehen unlängst in Manchester. (Man nennt dieses Volk nicht zufällig Angelsachsen.)."

Was der Autor allerdings anhand von Zen ausführt, ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass er nicht einmal den Ansatz eines Schimmers hat, was Zen ist. Nicht, dass ich das selber so genau wüsste, doch eben doch genau genug, um zu wissen, dass der Thomas C. Breuer davon rein gar nichts begriffen hat. Da etwas humorvoll darzustellen voraussetzt, dass man dieses etwas auch so in etwa versteht, bleibt dieser Versuch leider vollkommen humorfrei.

Nichtsdestotrotz; Gesünder kränkeln ist nicht nur lustig zu lesen, sondern formuliert auch Wahrheiten über unsere geistig-seelische Befindlichkeit, die heutzutage anscheinend nur noch von Komikern geäussert werden können.

Thomas C. Breuer
Gesünder kränkeln,
Wohlfühlatlas zum Stabilbleiben
Carl-Auer-Verlag. Heidelberg 2025

Mittwoch, 3. September 2025

On basic human conditions

The borders of perception and the limits of choice. Our understanding of reality is shaped by the way we were brought up. The most crucial years — from a Freudian point of view — are from, roughly, three and a half to six years. During this period a human being is most significantly formed. This means, as an anonymous New York psychoanalyst (cited in Malcolm, 1981: 159) puts it, that ...

"man isn't master in his own house. That he is determined, that his degree of freedom is zero, that he cannot change his destiny, that he is malleable at one formidable time and that everything in his life is settled and preordained ever after. Yes, it's a horrible idea to have to accept. And we analysts take it for common knowledge, and when we talk among ourselves it's a basic assumption derived from a tremendous amount of evidence."

Not a very pleasant idea, and not a very popular one either, one would suspect. But is it true that one's freedom to choose — and this is what one needs to conclude from this statement — is not only limited but probably almost non-existent? Since there are, for instance, alcoholics who manage to stop drinking, and since there are smokers who successfully quit smoking, one can safely conclude that one's not condemned to a life of practised addiction. Moreover, any penal system, for instance, is based on the conviction that one is free to (however illusory that might be), and thus responsible for (although not in an absolute sense), commit offences against the law. Could it then be that Freudian psychoanalysis means another kind of freedom, that it defines choice differently? For if everything in life were indeed settled after one's sixth birthday, why then bother with psychoanalysis? As the anonymous psychoanalyst from New York (cited in Malcolm, 1981: 107-108) explains:

"This is a popular myth about analysis — that it makes the patient a clearer thinker, that it makes him wise and good, that people who have been analysed know more than other people do. Analysis isn't intellectual. It isn't moral. It isn't educational. It's an operation. It rearranges things inside the mind the way surgery rearranges things inside the body — even the way an automobile mechanic rearranges things under the hood of the car. It's that impersonal and that radical. And the changes achieved are very small. We live our lives according to the repetition compulsion, and analysis can only go so far in freeing us from it. Analysis leaves the patient with more freedom of choice — but how much more? This much: instead of going straight down the meridian, he will go five degrees, ten degrees — maybe fifteen degrees if you push very hard — to the left or to the right, but no more than that."

In other words, there exists a basic structure that appears not really changeable and that is highly influential in how we perceive the world as are factors such as race, height, gender, and intelligence. In addition, as Bourdieu (cited in Swartz, 1997: 96) states, "the socialized body (which one calls the individual or person) does not stand in opposition to society; it is one of its forms of existence." This seems to suggest that one can't escape the laws that govern the society one is born into either. Yet is that true, are our lives as predestined as Freud and Bourdieu appear to believe? Bourdieu, as Swartz (1997: 289-290) states,

"is not rigidly deterministic ... [yet] ... his conceptual framework is clearly more attentive to patterns of continuity than to change. The concepts of habitus, cultural capital, and field stress the tendency to perpetuate structures inherited from the past. The propensity of habitus is clearly to address new situations in habituated ways, it takes capital to accumulate more capital, and field permits an impressive mapping of social positions and their continuity over time. His framework does not encourage researchers to seek out forms of change."

Habitus and field. What then are Bourdieu's notions of habitus and of field? The term habitus dates back to Aristotle, yet Bourdieu uses it in a rather specific way and defines it as ...

"a system of durable, transposable dispositions, structured structures predisposed to function as structuring structures, that is, as principles which generate and organize practices and representations that can be objectively adapted to their outcomes without presupposing a conscious aiming at ends or an express mastery of the operations necessary in order to attain them" (cited in Swartz, 1997: 100-101).

In other words, habitus is "a set of dispositions which incline agents to act and react in certain ways" (Thompson, 2002: 12). While these dispositions are acquired gradually, early childhood experiences are of particular importance. As Thompson (2002: 12) puts it: "Through a myriad of mundane processes of training and learning, such as those involved in the inculculation of table manners ("sit up straight," "don't eat with your mouth full" etcetera), the individual acquires a set of dispositions which literally mould the body and become second nature." We human beings are therefore, and quite substantially, determined by our social environment — our dispositions, and thus our choices, are not limitless. This is however not to say that we are simply "victims" of our social surroundings, this is only to say that our chances to re-invent ourselves are not without limits.

Habitus, as Swartz (1997: 104) states, "represents a sort of deep-structuring cultural matrix that generates self-fulfilling prophecies according to different class opportunities ... Habitus calls us to think of action as engendered and regulated by fundamental dispositions that are internalised primarily through early socialization." In other words:

"Habitus is fairly resistant to change, since primary socialization in Bourdieu's view is more formative of internal dispositions than subsequent socialization experiences. There is an ongoing adaptation process as habitus encounters new situations, but this process tends to be slow, unconscious, and tends to elaborate rather than alter fundamentally the primary dispositions" (Swartz, 1997: 107).

This seems to correspond with the above mentioned notion of Freud according to which what was acquired in early childhood can only be slightly modified in later life.

Individuals who act in specific social contexts that Bourdieu calls fields, act on the basis of generative principles, or dispositions, that underlie perceptions as well as practises. "Hence particular practises or perceptions should be seen, not as products of the habitus as such, but as the product of the relation between the habitus, on the one hand, and the specific social contexts or "fields" within which individuals act, on the other" (Thompson, 2002: 14). The importance of the concept of "field" lies in that it aims at rejecting "idealist interpretations of cultural practices. Field analysis calls attention to the social conditions of struggle that shape cultural production" (Swartz, 1997: 119). Consider, for example, the literary field in which writers, grammarians and teachers stick to a variety of rules that are however in "the process of continuous creation, which occurs through the unceasing struggles between the different authorities who compete ... for the monopolistic power to impose the legitimate mode of expression" (Bourdieu, 2002: 58): what takes thus place is a struggle for the legitimate language — it is a game of power and must be accepted as a game of power. As Bourdieu (2002: 58) asks: "What would become of the literary world if one began to argue, not about the value of this or that author's style, but about the value of arguments about style?" The game would be over, of course, for its basis would not be in place anymore.

The creation of the self. Freud and Bourdieu appear to suggest that our destiny seems dominated by individual and social factors that are largely given and that tend to resist change. Yet doesn't this stand in opposition to, for example, the biological principle of growth which is, at its root, not different from the Buddhist law of impermanence ("the only permanent thing is change")?

The truth about one's self, as Nietzsche argues, "is not something there, that might be found or discovered — but something that must be created" (cited in Miller, 1993: 69). Yet if that holds true, then, as Miller argues (1993: 69), it would follow that "... human beings as such lack any unchangeable rule, statute, or norm." Not necessarily for Nietzsche depicts the human being also as formed by a host of historically contingent rules, statutes, and norms, defined by the customs, practices, and institutions every human being must grow up within. In other words, as a creature of history, every human being embodies a compound of nature and culture, chaos and order, instinct and reason — two heterogeneous dimensions of being human symbolized, as Nietzsche saw it, by Dionysus and Apollo (Miller, 1993: 69).

In addition, the media increasingly contribute to shaping our perceptions for most of what we nowadays know about the world, we know from the media. And despite us not trusting the media, we nevertheless build our view of the world on them (Luhmann, 1996). Moreover, we are guided by them for they set the agenda, they decide (to a large extent) what we are talking about. As Van Ginneken (1997: 88) reports:

"Classic examples were the dramatization of the discovery of the presence of Soviet missile sites in Cuba (whereas the previous existence of equivalent American missile sites in Turkey was completely passed over in silence), the "discovery" of a Soviet army unit near Havana on the eve of the summit of non-aligned countries in that country (whereas the previous presence of American army units in similar countries — and indeed of a huge military base on Cuba itself [Guantanamo] — was ignored, the discovery of crates with "possible" parts of Mig-21 fighters in Nicaragua (whereas the massive military build-up in neighbouring Honduras was treated almost casually). But in fact hardly a month passes without major drummed-up news items in this category."

Agenda-setting thus emphasises the gatekeeping aspect of the news (Jowett and O'Donnell, 1999: 192). What we get to see and hear is sometimes termed "the management of public opinion" (Jowett and O'Donnell, 1999: 44), in other words: propaganda. And while the effects (on the behaviour) of such manipulation cannot be measured (in a clear-cut cause and effect way), hardly anyone doubts the significant influence of, for example, advertising, a peculiar form of propaganda that Ellul (1973: 274) describes as the "education of reflexes and instilling of habits," to which we are almost constantly exposed for most of us are nowadays familiar with the idea that the unconscious plays an important role in our lives.

As much as culture (family, society, media) appear to shape our destiny, can, say, success or failure, as scholars from Max Weber to Samuel Huntington claimed, really be explained with culture? That seems indeed too simple for, as Zakaria (2003: 52-53) argues, the US culture, for instance, produced not only (in the last two decades) an economic boom but also the Great Depression. In other words, "A single country can succeed and fail at different times, sometimes just a few decades apart, which would suggest that something other than its culture — which is relatively unchanging — is at work" (Zakaria, 2003: 52). One of course wonders what "that something other" might be yet, unfortunately, Zakaria (2003: 55) volunteers no more than stating: "The West's real advantage is that its history led to the creation of institutions and practices that, although in no sense bound up with Western genes, are hard to replicate from scratch in other societies. But it can be done." That of course is a matter of belief — it is a belief that I share yet I cannot help but wonder if I were to think like that had I been brought up in a non-Western culture for, as Spengler (1986: 435) argues: the imperative "one should" is so typical Western European that West Europeans aren't even aware of it.
    References
  • Bourdieu, Pierre (2002), Language and symbolic power. Cambridge UK: Polity Press.
  • Ellul, Jacques (1973), Propaganda. The formation of men's attitudes. New York: Vintage.
  • Jowett, Garth S., and Victoria O'Donnell (1999), Propaganda and persuasion. Thousand Oaks: Sage.
  • Luhmann, Niklas (1996), Die Realität der Massenmedien [The reality of mass media]. Opladen: Westdeutscher Verlag.
  • Malcolm, Janet (1981), Psychoanalysis. The impossible profession. New York: Alfred A. Knopf.
  • Miller, James (1993), The passion of Michel Foucault. London: HarperCollinsPublishers.
  • Spengler, Oswald (1986), Der Untergang des Abendlandes [The decline of the West]. Munich: dtv.
  • Swartz, David (1997), Culture and power. The sociology of Pierre Bourdieu. Chicago: The University of Chicago Press.
  • Thompson, John B. (2002), "Introduction to Bourdieu." In: Pierre Bourdieu, Language and symbolic power. Cambridge UK: Polity Press, 2002.
  • Van Ginneken, Jaap 1998, Understanding global news. London: Sage.
  • Zakaria, Fareed (2003), The future of freedom. Illiberal democracy at home and abroad. New York: W.W. Norton.
2006 © Hans Durrer / 2006 © Soundscapes