Seit einiger Zeit beobachte ich oft meine Gedanken. In Sekundenschnelle führen sie mich hierhin und dorthin. Was sie dabei leitet, ist mir schleierhaft; dass ich es ergründen könnte, ziehe ich selten in Betracht – zu schnell, zu verwirrend, zu zusammenhangslos (jedenfalls für meine Logik) spielt sich das alles ab.
Im einen Moment bin ich in Grabs, bei einem Fotos des Hauses, in dem ich geboren wurde. Dann in San Francisco – zu Fuss auf den Strassen unterwegs, in Second Hand Buchläden, beim Burritos Essen, am Meer – , dann wiederum plötzlich in Porto Alegre, im Ibis Hotel beim Busbahnhof, in einem Buchladen in der Fussgängerzone, im Ibis Hotel am Flughafen. Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was diese Bilder in meinem Kopf ausgelöst haben könnten, ja, so recht eigentlich weiss ich gar nicht, ob es dafür einen Auslöser gebraucht hat. Das einzige, was ich mit einiger Bestimmtheit sagen kann: Sie sind da und sofort wieder weg.
Niemand vermag zu sagen, ob das Huhn oder das Ei zuerst da war. Mit unserer Art zu denken ist die Frage nicht zu beantworten. Wir lassen trotzdem nicht ab von unserer Art zu denken, schliesslich haben wir ihr einiges zu verdanken. Vor allem Orientierung – und ohne die können wir nicht sein.
In Santa Cruz do Sul: Beim Notieren einer Übersetzung eines portugiesischen Satzes ins Deutsche tauchen plötzlich Bilder aus der Innenstadt von Feldkirch in meinem Kopf auf. Der Gedanke streift mich: Wie kann das sein? Gefolgt vom Gedanken: Nein, das will ich nicht versuchen rauszufinden, ich weiss, das übersteigt meinen Horizont.
Verwirrend ist, dass ich nur die Gegenwart erfahren kann. Ich tue das ständig, wir alle tun das ständig. Nur eben: Es kommt uns nicht so vor, wir haben das Gefühl, sie renne uns davon. Unsere Gefühle und Gedanken, so erlebe ich es jetzt im Alter, führen uns oft in die Irre, da wir nach Sinn verlangen, einem Sinn, den wir verstehen.
***
Wenn wir aufwachen, beginnt die Welt, habe ich letzthin bei Vincent Deary gelesen. Jeden Tag, ohne nachzudenken oder bewusste Anstrengung, erschaffen wir die Welt, in der wir leben. Genauer: Etwas in uns erschafft sie. Bei jedem Aufwachen wacht diese deine Welt mit dir auf. Ein tägliches Wunder.
Die erste unmittelbare Erfahrung, die wir von uns selbst machen, ist die eines Mediums, in dem eine Welt sich manifestiert, in der wir das Zentrum sind. Es ist eine sehr eigene Welt, die hier jeden Tag entsteht, ohne mein Zutun. Wenn ich mich dieser Einsicht öffne, verschwindet mein Ego, bin ich in der Gegenwart.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen