Mittwoch, 9. September 2015

Leben mit Epilepsie

"Die Welt soll davon erfahren. Von Epilepsie. Von Epileptikern. Von Anfällen. Und von unserem am Ende doch ganz wunderbaren und meist furchtbar normalen Leben damit."

Sarah Elise Bischof ist zwanzig und hat gerade die Schule hinter sich, als sie einen Epilepsieanfall erleidet. Und dann noch einen. Und noch einen. Das sei jetzt zehn Jahre her, schreibt sie in ihrem Erfahrungsbericht, dem Roman Panthertage. "Um genau zu sein: zehn Jahre, neun verschiedene Antiepileptika, 24 Klinikaufenthalte in acht Kliniken, sieben ambulante Neurologen, zahllose Anfälle, Nebenwirkungen und EEGs".

Mit einem EEG werden die Gehirnströme gemessen. Dabei wird nach Auffälligkeiten gesucht. Man will herausfinden, ob die Medikation wirkt, oder ob "trotz der Medikation Unruhen bestehen. Auch bestimmte Herde können so lokalisiert werden."

Bei der Epilepsie handelt es sich um vorübergehende Funktionsstörungen im Gehirn, die epileptische Anfälle auslösen. Solche wirken häufig dramatisch, klingen jedoch meist nach wenigen Minuten ab.

Epilepsie assoziieren wohl die meisten mit "zappelnden und zuckenden, mit Schaum vorm Mund und verzerrtem Gesicht" Anfällen, doch gibt es offenbar "zahlreiche unterschiedliche Formen und nicht nur die eine Epilepsie."

Grundsätzlich könne man zwischen fokalen und generalisierten Epilepsien unterscheiden, schreibt die im schwedischen Malmö aufgewachsene und heute in München lebende Sarah Elise Bischof. "Bei einer fokalen Epilepsie ist im Gehirn ein bestimmter Herd auszumachen, in dem die Anfälle sich abspielen, manche auch ohne Bewusstseinsverlust. Bei den grossen, generalisierten – meinen – finden die Anfälle hingegen im gesamten Hirn statt."

Die Form, unter der die Autorin leidet, geht auf eine Fehlbildung in der Hirnrinde zurück und äussert sich in Krampfanfällen sowie dem Verlust des Bewusstseins. "Es gibt Dinge, die Anfälle mit sich bringen, an die ich mich gewöhnt habe. Doch das Gefühl, nach einem Anfall im nassen Bett aufzuwachen oder mehrere Stunden im eigenen Urin zu schlafen", sei jedes Mal so unangenehm wie beim allerersten Anfall.

Dann tritt Stefan in Sarahs Leben. Die beiden verlieben sich. Als sie ihm von ihrer Epilepsie erzählt, zeigt sich Stefan verständnisvoll, fühlt sich dann jedoch bei ihrem ersten Anfall völlig überfordert und nimmt Reissaus.

"Von Anfällen kann ich mich erholen. Von Stefans erniedrigendem Verhalten hingegen nicht. 'Er hat mich einfach so liegen lassen', hallt es Tag für Tag durch meinen Kopf." Doch will sie ihm sein Verhalten trotzdem nicht übel nehmen, denn: "Ich weiss, wie Anfälle aussehen, und wenn er das nicht ertragen kann, dann ist das menschlich und nur richtig, dass er ehrlich zu mir war."

Und wie kommt das Buch zu seinem Titel Panthertage? Das ist Sarah Elise Bischofs Bezeichnung für Anfallstage und Post-Anfallstage. "Ein Panther ist düster, geheimnisvoll, gefährlich aber ebenso stolz und stark. Anfälle brechen wie ein Raubtier aus dem Nichts, aus der Dunkelheit über mich herein, greifen mich an, drohen mich zu zerfressen. Diese Tage sind schwarz wie ein Panther und unheimlich und dennoch gehe ich aus allen überstandenen Panthertagen noch stärker und stolzer hervor."

Sarah Elise Bischof
Panthertage
Mein Leben mit Epilepsie
Eden Books, Berlin 2015

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