Sonntag, 18. Juli 2010

Mit dem Rauchen aufhören

Niemand hört wirklich auf zu rauchen.
Man unterbricht bestenfalls. Für ein paar Tage. Oder Monate, oder auch Jahre. Aber wirklich aufhören, das tut keiner. Die Zigarette ist immer auf der Lauer. Es kann vorkommen, dass sie mitten in einem Traum auftaucht, fünf oder zehn Jahre, nachdem du "aufgehört" hast.
Dann fühlst du ihr Papier zwischen den Fingern; hörst das leise, dumpfe, beruhigende Geräusch, das sie macht, wenn du mit ihr auf die Schreibtischplatte klopfst; spürst, wie deine Lippen den ockerfarbenen Filter berühren; hörst das Streichholz über die Reibfläche kratzen und siehst die blaugelbe Flamme vor dir aufleuchten.
Du spürst sogar, wie der Rauch in deine Lungen eindringt, siehst, wie er sich zwischen den Akten, Büchern und der Kaffeetasse vor dir ausbreitet.
Und genau in diesem Moment wachst du auf. Und denkst, dass eine Zigarette, eine einzige, eigentlich keinen Unterschied macht. Dass du sie dir ruhig anstecken könntest, für den Notfall liegt ja immer ein Päckchen in der Schreibtischschublade oder sonst irgendwo. Aber du weisst natürlich, dass es so nicht laufen würde. Dass du dir nach der ersten die zweite anzünden würdest, und dann noch eine und noch eine. Manchmal schafft man es, manchmal nicht. Aber egal, wie es läuft, in diesen Momenten wird dir klar, dass der Ausdruck "mit dem Rauchen aufhören" völlig abstrakt ist. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Abgesehen von Träumen gibt es natürlich auch konkretere Auslöser. Alpträume, zum Beispiel.

Gianrico Carofiglio: In freiem Fall

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