Mittwoch, 2. April 2025

Stimmen im Kopf

Matthew Johnstone wollte bei diesem Buchprojekt anfangs nicht so recht mitmachen, da er sich bei seiner Arbeit gern auf das beschränkt, das er selber erlebt hat und daher gut kennt. "Doch wie es immer so ist: Nachdem ich meinen Widerstand überwunden und angefangen hatte, war ich begeistert bei der Sache ...". Man kann (und darf und soll) daraus lernen: Wer etwas ändern will, muss verstehen, dass es wesentlich darum geht, seinen Widerstand gegen Veränderung zu überwinden.

Lauren Kennedy West ist selbst von einer schizoaffektiven Störung betroffen und betreibt den YouTube-Kanal 'Living Well with Schizophrenia'. Sie will nicht nur aufklären, sondern auch Empathie ermöglichen.

Stimmen im Kopf ermöglicht tatsächlich Empathie, jedenfalls gehörte diese Empfindung zu den Auswirkungen, die dieses Buch auf mich hatte. Das liegt, so stelle ich mir vor (wissen kann man das nicht), an den ansprechenden Illustrationen, denn Gefühle werden bekanntlich mittels Bildern übertragen.

Dazu kommt, dass Stimmen im Kopf aufklärt. Etwa darüber, dass manche glauben, Menschen mit Schizophrenie seien gefährlich oder litten unter extremem Kontrollverlust. Ja, das kommt vor, doch sehr selten.

Schizophrene leben einen Grossteil der Zeit wie alle anderen auch, doch gibt es eben auch immer wieder Phasen, die von Fehleinschätzungen geprägt sind, und in denen ihnen selbst überschaubare Aufgaben zum Problem werden.

Woher die Schizophrenie kommt, weiss man nicht wirklich. Also rätselt man, woher es kommen könnte, dass man Stimmen hört und Dinge sieht, die gar nicht da sind.

Dieses höchst ansprechende Buch handelt davon, wie man mit besonderen Herausforderungen ganz gut leben kann. Dafür braucht es auch das Wohlwollen der anderen sowie die Unterstützung, die man in Selbsthilfegruppen finden kann.

Fazit: Sympathische Aufklärung, die hoffentlich viele erreichen wird.

Stimmen im Kopf
Wie ich lernte, meine Schizophrenie zu akzeptieren
zu verstehen und gut mit ihr zu leben
Kunstmann, München 2025

Sonntag, 30. März 2025

Welterklärungen

 Warum?, fragt das Kind. Und dann, weil ihm die Erklärung nicht genügt, gerade noch einmal: Warum? Warum? Warum?

Der Mensch braucht Erklärungen, will wissen, weshalb die Dinge sind, wie sie sind. Nur eben: Seine Erklärungen kümmern die Welt nicht, denn sie ist nun einmal wie sie ist, mit oder ohne unsere Erklärungen.

Santa Cruz do Sul, 16. Dezember 2023

Mit unseren Welterklärungen wird uns mehr genommen als gegeben. Sie erklären nichts, setzen nur an die Stelle eines Geheimnisses eine Gewohnheit zu denken, schrieb Hans Albrecht Moser in "Vineta".

Es ist dies einer der Sätze, die mich schon seit Langem begleiten und ich immer wieder neu erfahre. Auch wenn ich davon ausgehe, dass der innerste Kern meiner Persönlichkeit mein Leben lang unverändert geblieben ist, meine Welterklärungen in jungen Jahren haben sich grundlegend gewandelt. So begriff ich einst die Juristerei als Ringen um die Wahrheit, heute sehe ich darin nur noch ein Geschäftsmodell. Ebenso die Psychologie, die Geschichte, die Soziologie ...

 Auch wundere ich mich heutzutage zunehmend über den Schwachsinn, den wir verinnerlicht zu haben scheinen. So werden wir etwa ständig daran erinnert, dass jemand als unschuldig zu gelten habe, bevor er juristisch verurteilt worden sei, was zu Absurditäten führt wie "der mutmassliche Verdächtige". Zudem: Ein Täter, der bei der Tat gefilmt wurde, ist kein mutmasslicher Täter, sondern ein Täter. Es braucht keine Gerichte, um uns zu sagen, was wir alle selber sehen können. Sich von solcher Bevormundung zu verabschieden, täte uns allen gut.

Mittwoch, 26. März 2025

Vom Leben mit der Endlichkeit

Dass wir jederzeit sterben können, wissen wir. Eigenartigerweise berührt uns das nicht, und wenn, dann höchstens für Momente. Den meisten ist das recht so, sie wollen nicht an den bevorstehenden Tod erinnert werden.

Die Beschäftigung mit dem Tod wird gescheut, da können die Philosophen noch so überzeugend argumentieren, dass damit das Leben lebenswerter wird. Schon möglich, doch wir haben gerade Anderes zu tun, sagen wir dann.

Doch manchmal holt uns das Leben ein. Katja Lewina, 1984 in Moskau geboren, studierte Slawistik sowie Literatur- und Religionswissenschaften. Im Alter von sechsunddreissig erfährt sie, dass sie einen Gendefekt geerbt hat, der zu einem plötzlichen Herztod führen kann. Seither ist ihr ein Defibrillator implantiert worden, der dafür sorgt, dass die gefährlichen Herzrhythmusstörungen im Zaume gehalten werden.

"Wäre mein Leben ein Film, wäre das ein Moment der Epiphanie gewesen." Nur eben: Das Leben ist kein Film. Dazu kam: "Nur wenige Monate zuvor war Edgar, mein siebenjähriger Sohn, gestorben." Wie hält sie das bloss aus? Wie geht sie damit um? Sie erkennt: "Im Grunde sind wir, wer wir sind, und ändern uns, wenn überhaupt, erschreckend langsam. Und doch, Veränderung ist möglich, wenn wir ihr den Boden geben, den sie braucht." .

Sehr schön zeigt sie auf, wie unsere Vorstellungen vom Leben dem realen Leben im Weg stehen. Katja Lewina gibt so gut wie möglich Gegensteuer, was ihr auch immer wieder gelingt, und dann auch wieder  nicht. Dass sie diese wenig befriedigende Situation (das wirkliche Leben ist so!), die sie überzeugend schildert, zu rationalisieren versucht, finde ich zwar verständlich, doch kontraproduktiv, denn es ist unser Rationalisieren bzw. unsere gewohnte Art zu denken, die uns daran hindert, uns zu ändern.

Andererseits: Die Dinge einfach so zu nehmen, wie sie nun mal sind, scheint uns Menschen nicht wirklich möglich. Wir brauchen Erklärungen. Und wir wollen Antworten. Und vor allem wollen wir uns nicht am Lebensende vorwerfen müssen, nicht gelebt zu haben. Katja Lewina ist zuversichtlich:" ... werde ich nicht eine dieser Sterbenden sein, die auf ihrem Totenbett alles Mögliche bedauern." Diese Sicherheit geht mir  ab. Auch natürlich, weil ich selber nicht wirklich weiss, was ein gelebtes Leben sein soll, da mir alles Vergangene wie ein flüchtiger Traum erscheint.

Katja Lewina schreibt gut, intelligent, leicht und locker. Ihre Einsichten sind einerseits gescheit und hilfreich ("... je mehr wir uns erlauben, wir selbst zu sein, desto leichter fällt es uns, anderen das Gleiche zuzugestehen:"), und andererseits (der Mensch, das soziale Wesen) ausgesprochen konventionell ("... unsere Beziehungen sind uns das Wichtigste auf der ganzen Welt."). Was mich selber angeht (und ich halte mich nicht für speziell oder gar für eine Ausnahme): Meine wichtigste Beziehung ist die zu mir selber; sie hängt nur unwesentlich (falls überhaupt) von anderen ab.

Was ist schon für immer ist ein sehr gelungener Mix aus hellsichtiges Erkenntnissen (von Seneca über Feuerbach zu Anastasie Umrik) und der Lebenswirklichkeit des Alltags (als Freiberuflerin mit Kindern, der manchmal die Energie auszugehen scheint, kann man sich nicht ausschliesslich an philosophischen Idealen ausrichten). Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung ändert man sein Leben wegen einer lebensbedrohenden Diagnose nicht von heute auf Morgen, denn einerseits ist da der Alltag, um den man sich kümmern muss, und andererseits die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht und die Frage, welche Musik bei der Beerdigung gespielt werden soll.

Katja Lewina geht all diese Fragen pragmatisch, mit gesundem Menschenverstand, und mit Humor an. Ich fühlte mich gelegentlich an Woody Allen erinnert, der einst sinngemäss meinte, er sei ständig zwischen zwei Fragen hin und her gerissen. Einerseits, ob Gott wohl existiere, und andererseits, ob er sich einen Big Mac reinziehen solle.

Können wir uns auf den Tod vorbereiten? Nein, können wir nicht, doch unser Leben können wir wacher und präsenter erleben, wenn wir den Tod nicht ständig verdrängen. Davon handelt dieses interessante und nützliche Buch, das sich nicht auf eine Frage fokussiert, sondern das vielschichtige Neben- und Miteinander von allem Möglichen (und letztlich Unfassbarem) schildert, und dabei immer mal wieder unterstreicht, dass das Leben, um erfahren zu werden, sinnlich wahrgenommen gehört. "Meine Oma war für mich ein Zuhause gewesen, eins, das nach Dill duftete und nach Hefegebäck."

Fazit: Differenziert, unterhaltsam, und anregend.

Katja Lewina
Was ist schon für immer
Vom Leben mit der Endlichkeit
DuMont Buchverlag, Köln 2024

Sonntag, 23. März 2025

Eine wahre Geschichte von Mord und Maskerade

Im Sommer 1998 bringt der amerikanische Schriftsteller Walter Kirn einen behinderten Jagdhund von Montana nach Manhattan – zu Clark Rockefeller, der den Hund via Internet adoptiert hat. So beginnt die fünfzehn Jahre währende Beziehung Kirns mit diesem reichen Sonderling, der sich dann jedoch als Serienbetrüger, Kidnapper und eiskalter Mörder entpuppt. Auch Walter Kirn selber wird als Opfer ausgelotet.

Bei dem vermeintlichen Clark Rockefeller handelt es sich in Wahrheit um Christian Gerhartsreiter, einen Psychopathen, den Kirn auf Anhieb nervig fand, „ein putziger kleiner Hobbit, der sich selber für so amüsant hielt, dass er etwas Wahnhaftes hatte.“ Er lässt sich von Rockefeller/Gerhartsreiter in Restaurants und Clubs ausführen, in seine Wohnung einladen („spartanisch und schmucklos ... die Kunst an den Wänden aber war kühn und gewaltig“) und ist von seinen Monologen hingerissen. Über Geld wird nicht gesprochen, auch dann nicht, als Kirn für seine Aufwendungen mit einem Check entschädigt wird, der nicht einmal die Hälfte seiner Ausgaben deckt.

Christian Gerhartsreiter, geboren 1961 im oberbayerischen Siegsdorf, geht mit ganz unterschiedlichen Identitäten („Alles war kopiert, angeeignet, nachgemacht ...“) durchs Leben. Als er durch Scheidung das Sorgerecht über seine Tochter verlor, kidnappte er diese, woraufhin er zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Während des Prozesses wurden verschiedene Aliase des falschen Rockefellers aufgedeckt. In der Folge wurde er angeklagt, 1985 John Sohus, den Adoptivsohn seiner damaligen Wohnungsvermieterin ermordet zu haben. Heute sitzt der zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe Verurteilte im Gefängnis von Los Angeles ein.

Walter Kirns Tatsachenbericht „Blut Will Reden“ beschreibt einerseits die Welt des Hochstaplers Gerhartsreiter und liefert damit ein eindrückliches Gesellschaftsporträt: „Im Showgeschäft, das die eigene Verlogenheit offen zur Schau stellt, hatte der aus Kalifornien Geflohene nicht landen können, aber an der Wall Street kam er gigantisch gut an.“

Andererseits versucht dieses Buch zu ergründen, wie der abstinente Alkoholiker Kirn auf diesen Psychopathen hereinfallen konnte. „Clark erkannte ein perfektes Opfer, wenn er eins vor sich sah ...“). Doch was war es, das Kirn zum Opfer machte? Hatte es damit zu tun, dass er Ritalin nahm? Diese Tabletten riefen nämlich „ eine Stimmung hervor, in der ich wahl- und unterschiedslos jederzeit zu allem bereit war.“ Oder hatte ihn womöglich sein Geltungsbedürfnis zur Zielscheibe gemacht?

Der Gründe sind wie immer viele. Auch des Hochstaplers Regiearbeit (und nicht etwa seine schauspielerischen Fähigkeiten): „... der Einsatz bestimmter Requisiten und die Art, wie er sich atmosphärische Schwingungen zunutze machte“ trug dazu bei, dass sich Kirn verführen liess. Wie auch die Tatsache, dass Clark literarisch hoch gebildet und ein begabter Causeur war. „Das Essen war nichts Besonderes, das Gespräch aber, als ich mich erst einmal darauf eingelassen hatte und Clark in Fahrt gekommen war, liess sich mit nichts vergleichen.“

Nicht unwesentlich dafür, dass Kirn auf Clark hereingefallen ist, ist natürlich auch, dass so ein Rockefeller-Zugang wunderbares Material für eine Geschichte, das Brot des Schriftstellers, liefert. Wie sehr man sich dafür verbiegen kann, beschreibt Walter Kirn einfühlsam, selbstkritisch und schonungslos: „Ich hatte mich ebenso sehr angestrengt, hinters Licht geführt zu werden, wie er daran gearbeitet hatte, mich hinters Licht zu führen. Ich war kein Opfer; ich war Mittäter.“

Walter Kirn
Blut Will Reden
Eine wahre Geschichte von Mord und Maskerade
C.H. Beck, München 2014

Mittwoch, 19. März 2025

Unselfish actions

The view from my hotel room in Porto Alegre

After some brief strolls through the centre of town, I decided to head back to "my" hotel that felt so completely out of time that I quickly forgot the big city vibes that basically radiate ambition, and enjoyed the quiet comfort of the hotel room.

After a while I turned on the computer, skimmed the headlines and, almost immediatley, turned it off again. I simply can't stand this display of vanity and selfimportance anymore. Moreover, the rationalisations of my younger years (cultured men are informed, to know what's going on helps to understand the world) I nowadays find preposterous for the media, by directing our attention, distract and cloud our brains. They tell us what they think we should concentrate on: American, Chinese and Russian politics, really?

Some weeks ago, a Brazilian friend told me she had been a few days with a distant relative suffering from dementia, who's husband had to be hospitalised. Her family berated her: This relative never wanted to have anything to do with us. How could you now take care of her?

I do not know, my friend said, I just did it. And, needless to say, I did of course understand the thinking of my family. All families think like that. Moreover, I also think like that. 

But nevertheless, you did it. And, I bet it wasn't easy, I said. It wasn't, she replied. To me, this means you changed your cause-and-effect thinking (everything has to have a cause) by putting into practise what your subconscious hinted at.

To calmly observe one's subconscious (not to be confused with gut feeling or instinct) leads to an awareness that puts aside the usual scapegoat blaming and can manifest itself in unselfish actions. We can act ourselves into new ways of thinking.

Sonntag, 16. März 2025

Meine liebsten Schopenhauer-Zitate

Daß uns der Anblick der Tiere so ergötzt, beruht hauptsächlich darauf, daß es uns freut, unser eigenes Wesen so vereinfacht vor uns zu sehn.

Die Wilden fressen einander – die Zahmen betrügen einander.

Wenn Erziehung und Ermahnung irgend etwas fruchteten, wie könnte dann Senecas Zögling ein Nero sein?

Ein guter Vorrat an Resignation ist überaus wichtig als Wegzehrung für die Lebensreise.

Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.

Was das Herz nicht aufnimmt, lässt der Verstand nicht rein.

Wir sollten stets eingedenk sein, dass der heutige Tag nur einmal kommt und nimmer wieder.

Die Wichtigkeit der Gegenwart wird selten sofort erkannt, sondern erst viel später.

Der Morgen ist die Jugend des Tages. Alles ist heiter, frisch und leicht. Wir fühlen uns kräftig und haben alle unsere Fähigkeiten zu völliger Disposition. Man soll ihn nicht durch spätes Aufstehen verkürzen, noch auch an unwürdige Beschäftigungen oder Gespräche verschwenden, sondern ihn als die Quintessenz des Lebens betrachten und gewissermaßen heilig halten.

Ich fand eine Feldblume, bewunderte ihre Schönheit, ihre Vollendung in allen Teilen, und rief aus: „Aber alles dieses, in ihr und Tausenden ihresgleichen, prangt und verblüht, von niemandem betrachtet, ja oft von keinem Auge auch nur gesehn.“ Sie aber antwortete: „Du Tor! Meinst du, ich blühe, um gesehn zu werden?“

Ich weiß mir kein schöneres Gebet, als das, womit alt-indische Schauspiele schließen: „Mögen alle lebenden Wesen von Schmerzen frei bleiben“.

Mittwoch, 12. März 2025

Was mir so durch den Kopf geht

 Auf der Avenue de la Gare in Annemasse geht mir unvermittelt Alain Delon durch den Kopf. Keine Ahnung weshalb, nach Gründen suche ich nicht; mir genügt, zu konstatieren, was geschieht. Zwei Tage später lese ich, er sei im Alter von 88 Jahren gestorben.

Mir ist Ähnliches auch schon passiert, doch Nein, ich habe kein spezielles Sensorium für bevorstehende Todesfälle, ganz im Gegenteil: So habe ich schon einigen Kotzbrocken den Tod gewünscht (und tue es immer mal wieder), ohne dass dieser dann auch eingetreten wäre.

Nichts empfinde ich als eigenartiger als was mir so durch den Kopf geht. Es ist selten, dass ich darauf achte; meistens merke ich nichts davon, obwohl mein Hirn ständig aktiv ist.

Nicht nur mein Hirn, auch mein Gedächtnis ist selbstständig unterwegs. Es tut, was es will. Was ich nicht vergessen möchte, vergesse ich zumeist; was mir hingegen vollkommen unwichtig scheint, geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Doch natürlich ist es komplizierter. Das sage ich immer, wenn es mir nicht wirklich erklärlich ist.

Ich lese gerade eine Cioran-Biografie, von der mir hauptsächlich bleibt, was die meisten wohl als Nebensächlichkeiten bezeichnen würden. Etwa, dass sein Alptraum eine Moschee in jedem Quartier gewesen sei. Oder, dass zu seinen Idolen Shakespeare, Bach, Beethoven, Dostoevskij und Nietzsche gehörten. Oder, dass er die Soziologie verachtete und auch von der Philosophie wenig hielt, da sie nichts anderes als Fragen stelle und ihre Antworten immer zweifelhaft seien.

Im Internet stosse ich auf eine 96Jährige, die unter anderem sagt, alles sei nichts als Sternenstaub, der Mensch genauso wie der Baum und der Komposthaufen. Nur die Form sei verschieden. Eine befreiende Einsicht.

Sich mit dem zu befassen, was einen die Schule, die Gesellschaft und die Massenmedien lehren, erfüllt mich zunehmend mit Verachtung und Abscheu. Sich mit dem zu befassen, was gerade ist (etwa dem Wunder, dass ich atmen, sehen und fühlen kann), erfüllt mich hingegen mit Staunen und Dankbarkeit.