Montag, 20. Dezember 2021
Der Stoff, aus dem die Gefühle sind
Donnerstag, 4. November 2021
Bauchentscheidungen
Würde ich auf meinen Bauch hören, würde ich Bauchentscheidungen nicht lesen. Wenn mich nämlich der Klappentext informiert, dass der Autor ein weltweit renommierter Psychologe ist und das Gottlieb Duttweiler Institut ihn „als einen der 100 einflussreichsten Denker der Welt“ bezeichnet habe, sagt mir meine Intuition, dass wer mit solch eitlen Zuschreibungen hausieren geht, in einer Welt lebt, die mich nicht interessiert. Wer, um Himmels Willen, glaubt bloss, was ein paar Institutsangestellte in Rüschlikon (wo das Gottlieb Duttweiler Institut seinen Sitz hat) behaupten?
Soviel zu meinen Voreingenommenheiten. Doch wovon sind diese beeinflusst? Von meinen Ahnungen oder Überlegungen, von meinem bewussten oder unbewussten Denken? Ja, gibt es überhaupt unbewusstes Denken? Ich erhoffe mir von Bauchentscheidungen Aufklärung. Und bin gleichzeitig skeptisch, denn es liegt doch so recht eigentlich schon im Begriff des Unbewussten, dass man darüber – weil nicht bewusst – kaum etwas empirisch Belegbares aussagen kann.
Wie immer bei Akademikern, beginnt es mit der Eingrenzung des Themas bzw. der Begriffsklärung. „Intuition ist unbewusste Intelligenz, die – unabhängig vom Geschlecht – auf jahrelanger Erfahrung beruht. Man spürt sofort, was man tun soll, kann es aber nicht begründen.“ Das kennen wir alle; was es allerdings mit Intelligenz zu tun haben soll, ist mir schleierhaft. Und auch was es mit Erfahrung zu tun haben soll, erschliesst sich mir nicht – ich kenne jedenfalls Menschen jeden Alters mit aussergewöhnlich ausgeprägtem Gespür.
Gerd Gigerenzer verwendet „die Begriffe Bauchgefühl, Intuition und Ahnung austauschbar, um ein Urteil zu bezeichnen, 1. das rasch im Bewusstsein auftaucht, 2. dessen tiefere Gründe uns nicht ganz bewusst sind, 3. das stark genug ist, um danach zu handeln.“ Insbesondere Punkt 3 finde ich einigermassen problematisch. Anders gesagt: Ich bin froh, dass ich meiner Intuition nicht immer nachgebe, denn allzu oft hat sie mich nachweislich in die Irre geführt. Doch Professor Gigerenzer plädiert keineswegs für das Primat der Intuition; er weiss sehr wohl, dass Kopf und Bauch zusammengehören und die Welt für allzu simple Wahrheiten zu kompliziert ist. Ihm geht es darum, der Intuition die ihr gebührende Achtung entgegenzubringen, ihren Wert und ihre Bedeutung anzuerkennen, denn „ohne sie brächten wir wenig zustande.“
„Wir bewegen uns immer mehr weg von einer Leistungskultur und hin zu einer Rechtfertigungskultur. Eine Bauchentscheidung kann man nicht mit harten Fakten begründen und wird damit angreifbar. Doch mit einer Rechtfertigungskultur erstickt man Innovation in einer Flut von Dokumentation, um sich abzusichern statt etwas zu riskieren.“ Ich sehe das genauso, jedenfalls von der Tendenz her. Wenn ich mir jedoch den bekanntesten Bauchgefühl-Vertreter der letzten Jahre vor Augen führe, den Florida-Golfer, dann weiss ich auch, weshalb die Orientierung an Fakten wesentlich ist. Auch beim Fliegen, so haben mich Piloten instruiert, ist man schlecht beraten, sich auf seinen Bauch statt auf die Instrumente zu verlassen.
Bauchgefühle bestehen gemäss Gerd Gigerenzer aus einfachen Faustregeln, die sich evolvierte Fähigkeiten des Gehirns zunutze machen. Das Ziel des vorliegenden Buches ist es, „zunächst die verborgenen Faustregeln zu erläutern, die der Intuition zugrunde liegen, und an zweiter Stelle zu verstehen, wann Intuitionen zum Erfolg oder zum Scheitern führen können.“
Bauchentscheidungen ist reich an aufschlussreichen Fallbeispielen und illustrativen Geschichten, die sich zumeist spannend und amüsant lesen. Ganz speziell zugesagt hat mir Das Keine-Wahl-Dinner. Dann aber auch die Geschichte über Ungewissheit, die aufzeigt, dass bei der Zukunftsvorhersage Laien, Experten und Politiker gleich schlecht abschneiden (Überrascht das jemanden?) sowie die Geschichte über den Fall der Berliner Mauer. Bei allen drei (und auch bei anderen) war mir nicht immer klar, was sie mit Bauchentscheidungen zu tun haben. Eher unterstreichen sie des Autors Lieblingsthese: Zuviel Information überfordert uns; je weniger wir wissen, desto leichter gelingt die Entscheidungsfindung. Verwunderlich finde ich das nicht, über die Qualität des Entscheids sagt dies allerdings wenig aus.
Zu den Schlüsselsätzen in diesem Werk gehört für mich: „Ich denke, die meisten sozialen Interaktionen sind weniger das Ergebnis komplexer Kalkulationen als vielmehr das Resultat besonderer Bauchgefühle, die ich soziale Instinkte nenne.“ Woraus sich ableiten liesse, dass das Bild, das wir von uns Menschen – von der Vernunft geleitete Wesen – haben, weitestgehend auf einer Fehleinschätzung beruht. „Es irrt der Mensch, solang‘ er strebt“, meinte bekanntlich Goethe. Schön zeigt das Professor Gigerenzer am angeblich alles dominierenden Egoismus auf, den er mit dem Familien- und dem Stammesinstinkt ergänzt.
Der Autor beklagt, dass „die Intuition von göttlicher Gewissheit zum blossen Gefühl abgestiegen“ sei. Das mag bei den sogenannt Gebildeten so sein, in der breiten Bevölkerung ist das meiner Erfahrung nach nicht der Fall. Dazu kommt, dass wir weit mehr von Gefühlen, Impulsen, Instinkten regiert werden als uns lieb ist. Nur geben wir uns das nicht zu, wollen wir mehr als bloss Tiere sein. Hochmut kommt vor dem Fall, heisst es bekanntlich. Und im Falle unserer Zivilisation paart sich dieser Hochmut gerade mit Ignoranz – und fährt uns an die Wand.
Bauchentscheidungen ist eine Horizont-erweiternde Lektüre und lohnt vor allem der vielfältigen Beispiele wegen, von denen viele aus des Professors abwechslungsreichem Berufsleben stammen.
Mittwoch, 1. September 2021
Dass alles miteinander verbunden ist ...
Ein Sonntagnachmittag in Santa Cruz do Sul. Ich bin bei R und T zum Brunch eingeladen. R, vom Krebs geschwächt, hat sich zurückgezogen. T und ich sitzen im Garten und tun, was wir immer mal wieder tun: Wir sprechen über Gott und die Welt, das Leben und den Tod. Eigentlich seien wir doch Tiere, bemerkt sie und meint das nicht etwa abschätzend. Sie stellt es einfach fest. Oder Maschinen, ergänze ich, denn praktisch alles geschieht automatisch. Atmen, Reden, Sehen, Sprechen, Denken.
Ihr gefalle es, sechzig zu sein, sagt sie, sie müsse jetzt nicht mehr so viel. Und auch den Respekt vor grossen Namen habe sie verloren. Mir geht es auch so – diejenigen, die sich und der Welt dauernd beweisen müssen, wie toll sie sind, finde ich eigentlich nur noch lächerlich.
Wie eingeschüchtert und unsicher ich mich als Student fühlte, wie fremd ich mir an der Universität vorkam. Noch viele Jahre, nachdem ich solche höhere Bildungsstätten erfolgreich absolviert hatte (ohne das Gefühl zu haben, ich wüsste nun wirklich etwas), machten mir akademische Titel Eindruck, jagten mir Professoren Respekt ein. Heute ist das anders, sehr anders, kann ich sie überhaupt nicht mehr ernst nehmen, halte ich die meisten für eingebildete, schwache Figuren, die sich an ihrem meist willkürlichen Detailwissen festklammern, unfähig, sich mit ihrer Vergänglichkeit (und nur diese sollte uns leiten!) auseinanderzusetzen.
Du bist nichts, gar nichts. So wurde T in Japan der Zen Buddhismus beigebracht. Sie erlebe sich als Teil des Universums, sagt sie. Und das werde sie auch immer sein. In welcher Zusammensetzung von Atomen auch immer.
Solche Gedanken sind mir nicht fremd. Dass alles miteinander verbunden ist, predige ich schon lange. Doch an diesem sonnig heissen Nachmittag erreichen sie mich anders, empfinde ich sie als eigenartig neu, unvertraut und gleichzeitig sehr nahe. Ich fühle mich an Empedokles erinnert, der einen universellen Kreislauf der Dinge postulierte, in dem es weder Schöpfung noch Vernichtung gibt. Und an den römischen Dichter und Philosophen Lukrez, der der Auffassung war, dass das Universum keinen Schöpfer oder Designer hat, sondern als immerwährende Veränderung existiert. Hilfreiche Gedanken, die näher an meiner Welterfahrung sind als das gewohnte Ursache-Wirkung-Denken.
Beim Abendessen ereifert sich eine der beiden Töchter von R und T über gesundes Essen, das auch gegen Krebs helfe, worauf T trocken meint: Bei all der gesunden Nahrung, die die Affen so zu sich nehmen, müssten die eigentlich ewig leben.
Hans Durrer
Gregors Pläne
Eine Anleitung zum gelingenden Scheitern
neobooks, München 2021
Mittwoch, 25. August 2021
Der unangepasste Mensch
Dass es mich gibt ist einem Zufall zu verdanken. Hätten sich nämlich Ei- und Samenzellen meiner Eltern nicht genau zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt getroffen und vereinigt, gäbe es mich nicht. Für diejenigen, die hinter Allem und Jedem einen geheimen Plan vermuten oder sich Bedeutsames erhoffen, ist das eine ziemlich ernüchternde Erkenntnis, auf mich selber wirkt sie jedoch vor allem (nein, nicht nur) befreiend. Auch natürlich weil sie nicht nur mich, sondern so recht eigentlich alle Lebewesen betrifft und so meine Ego-Fixiertheit relativiert.
Noch Einiges mehr ist dem Zufall zu verdanken, wie Martin Brüne, Jahrgang 1962, Professor für Psychiatrie, in Der unangepasste Mensch. Unsere Psyche und die blinden Flecken der Evolution ausführt, auch wenn es dem Menschen eignet, die Dinge entschieden anders zu sehen und die Tatsache, dass er überlebt, mehr seinem Geschick als der Natur zurechnet. Was das typisch Menschliche ausmacht, was uns von unseren nächsten Verwandten im Tierreich unterscheidet und was uns verbindet, darum geht es in diesem Buch, das überdies davon handelt, „welche psychischen und körperlichen Probleme uns begegnen, wenn wir versuchen, den Spagat zwischen Steinzeit und Moderne zu meistern“ und auch davon, „was uns unsere evolutionäre Vergangenheit lehren kann, Krankheiten besser zu verstehen und zu behandeln.“
So nachvollziehbar ein anthropozentrisches Weltbild auch ist (wie wir die Welt wahrnehmen, liegt schliesslich in uns begründet), es ist nachweislich falsch und führt letztlich zu einem nicht mehr rückgängig zu machenden Desaster. Auch die Aufforderung „Macht Euch die Erde untertan“ hat zu Corona und zur Klimakatastrophe geführt. Nichtsdestotrotz: wir haben uns als unglaublich erfolgreich erwiesen, sind aber nach wie vor extrem vulnerabel (und können daran wenig bis gar nichts ändern, meint Professor Brüne).
Es ist hilfreich, den Menschen in grösseren Zusammenhängen zu betrachten. „Wenn sich Umwelten so rasch ändern, dass Tier- und Pflanzenarten nicht die Flexibilität haben, sich daran anzupassen, sterben sie aus. Dies ist es, was wir heute geradezu in Echtzeit beobachten können. Jedes Jahr verschwinden geschätzte 20 000 Tier und Pflanzenarten unwiederbringlich von unserem Planeten.“ Bedauerlicherweise scheint es uns nicht gegeben, vorausschauend zu empfinden (vorausschauend zu denken geht schon, aber was nützt schon denken?), doch uns darum zu bemühen, unseren Erkenntnissen auch Taten folgen zu lassen, wäre überaus nützlich.
Es wäre nicht nur wünschenswert, sondern ist geradezu überlebenswichtig, dass wir lernen, „der Natur nicht zu sehr ins Handwerk zu pfuschen“. Dabei hilft es auch, sich zu vergegenwärtigen, dass unser Organismus ein eigentliches Ökosystem bildet, bestehend aus etwa 30 Billionen eigener Zellen „und mindestens noch einmal so viele Zellen in uns und auf uns, die nicht unser Erbgut tragen, sondern das von Bakterien, Pilzen und Viren – zusammengenommen ‚Mikrobiota‘ genannt.“ Es gibt Schätzungen, die von einem Verhältnis von 10 zu 1 ausgehen. Das Verhältnis von unseren etwa 25 000 Genen zu den etwa acht Millionen Gene des Mikrobioms ist noch drastischer. „Die nüchterne Bilanz ist daher, dass das meiste in und auf unserem Körper nicht uns gehört, sondern artfremd ist.“ Das wirklich zu verstehen, kann ehrfürchtig machen.
Martin Brüne widmet sich ganz unterschiedlichen Themen, von der Evolution zur Genetik, dem Darm zur Borderline-Störung, der Schizophrenie zum Mitgefühl mit Gefühl. Immer wieder stosse ich auf Sätze, die mich innehalten und sie bedenken lassen. Etwa dass Tiere, entgegen uns Menschen, einen Grossteil ihres Lebens tatsächlichen Gefahren ausgesetzt sind. „Anders als sie können nur wir Menschen uns bedroht fühlen, ohne dass dafür ein faktischer Grund dafür vorliegt.“ Daraus schliesse ich unter anderem: Eine gute Therapie (von griechisch ‚therapeia‘ für ‚Dienst, Pflege, Heilung’“) sollte sich an Fakten (und weniger an Interpretationen) orientieren.
Zu einer guten Behandlung gehörte früher auch immer die Einbettung der Massnahme in ritualisierte Abläufe. Davon gibt es in der modernen Medizin leider immer weniger, weil Rituale Zeit kosten.“ Und Krankenhäuser immer häufiger zu kranken Häusern werden, was damit zu tun hat, dass unsere Zeit sich der Profit-Maximierung verschrieben hat, der auch (verblendeter geht es kaum) das Gesundheitswesen unterworfen wird.
Fast schon seherisch (kurz vor der Drucklegung erschien Covid-19 auf der Bildfläche) weist Martin Brüne darauf hin, dass möglicherweise „irgendein fieser ‚Superbug‘ auftaucht, der die Welt in Atem hält. Mit dem Klimawandel ziehen nämlich, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, Tiere bei uns ein, die höchst unwillkommen sind.“
Fazit: Grundsätzlich, lehrreich und nützlich.
Mittwoch, 18. August 2021
Photographs & Memories
Mittwoch, 11. August 2021
Vom Adel der menschlichen Seele
Mittwoch, 4. August 2021
Toby Muse: Kilo
"Der tödliche Weg des KOKAINS aus dem Dschungel in die Grossstadt" heisst der Untertitel dieses hoch gepriesenen Werkes (unter anderen von John Lee Anderson, einem Nordamerikaner, der sehr viel von Lateinamerika versteht und "Che – Die Biografie' geschrieben hat), doch ich frage mich, weshalb der Weg, den das Kokain nimmt, eigentlich relevant sein soll. Ist das Problem denn nicht, dass es Abnehmer für das weisse Pulver gibt?
Sowieso, ohne Konsumenten keine Droge, doch dieses Buch ist weit mehr als ein Kokain-Buch, es ist auch eine packende Einführung in ein Kolumbien, von dem man in den Massenmedien kaum einmal liest. "Wir sind in Catatumbo, im Nordosten Kolumbiens, an der Grenze zu Venezuela. Einer Gegend voller Urwälder, Berge, Krieg, unverwüstlicher Menschen und Magie, beherrscht von Guerillas, Kokain und Armut, bewohnt von einem Volk, das von seiner Regierung verlassen wurde."
Zudem ist es Buch, das einem bewusst macht, wie problematisch, notwendig und unmöglich diese Art von Journalismus ist. "Ich schreibe, weil ich hoffe, dass meine Berichte die Welt verändern können. Wenn die Welt die Wahrheit kennt, können Dinge sich ändern." Von einer 19jährigen Prostituierten erhält er für diese Aussage nur Mitleid. Überdies hat sie Angst: Wird sie zur Zielscheibe, wenn sie mit ihm spricht? "Ich sage ihr, dass es in all den Jahren, in denen ich in Kolumbien arbeite, noch nie passiert ist, dass meinetwegen jemand getötet wurde."
Auch von der Pazifikküste schreibt er, die er als kolumbianische Tragödie bezeichnet: "Denn die Zentralregierung hat sie den gefrässigen, korrupten Lokalpolitikern überlassen." Die Drogenhändler sind allgegenwärtig und äusserst brutal; Feinden der Schmuggler werden bei lebendigem Leibe Gliedmassen abgehackt und dann in den Ozean geworfen. "Diese Männer führen ein Leben voller Gewalt und Chaos."
Es zeichnet dieses Buch aus, dass es die ganz unterschiedlichen Dimensionen des Kokains aufzeigt. Eine davon hat wenig mit dem Stoff und ganz viel dem Geld, das sich damit verdienen lässt, zu tun. Doch vor allem hat es damit zu tun, dass man sich kaufen lässt. "Die Freundin eines Narcos erzählte mir, sie gebe fünfzigtausend Dollar pro Monat von seinem Geld für Mode aus ... Diese Frauen tragen Kälte in sich, haben Härte in den Augen. Ihr Anblick ist seltsam: schöne Gesichter, straffe Körper und die Augen von Toten."
KILO ist auch die Geschichte einer Abhängigkeit, einer Sucht – nach Sex. "Sex ist einer der Haupttriebfedern des Kokaingeschäfts, keine Sonderzulage, die der Job so mit sich bringt." Kokain enthemmt – Orgien im Drogenrausch; Streitereien, die in Schusswechsel ausarten. Dazu kommt: "Narcos sind exzentrisch und abergläubisch. Weil sie an nichts glauben, glauben sie an alles."
So recht eigentlich ist das keine Drogen-Geschichte, sondern eine Kapitalismus-Geschichte, denn was "unsere" gängige Gesellschaftsform auszeichnet, ist die Gier. Dies ist der wesentliche Grund, weshalb der Krieg gegen Drogen gescheitert ist. "Das schmutzige Geheimnis des organisierten Verbrechens lautet, dass Drogengeschäfte ohne Hilfe durch die Obrigkeit unmöglich sind."
Toby Muse schildert überaus eindrücklich nicht nur ein Kolumbien, in dem der Staat grossenteils abwesend ist (die Antidrogenpolizei, die in diese Gebiete geschickt wird und einen aussichtslosen Kampf führen muss, wird buchstäblich geopfert), er tut mit diesem Buch mehr: Er zeigt überzeugend auf, dass es sich beim Handel mit Kokain um ein globales Problem handelt, das letztlich wenig mit der Droge, doch viel mit dem menschlichen Wünschen und Wollen zu tun hat.
Fazit: Packend, aufwühlend und erschreckend.
Sonntag, 1. August 2021
Der Gaslight-Effekt
Dienstag, 27. Juli 2021
Eine Anleitung zum gelingenden Scheitern
Pläne Machen, Sucht und Fotografie, wie geht denn das zusammen? Alle drei sind so recht eigentlich nichts anderes als der Versuch, Halt und Orientierung im Leben zu finden. Wir klammern uns an unsere Pläne, die uns die Illusion der Kontrolle verschaffen, an unsere Süchte, die uns vor unseren Gefühlen schützen und an die moments in time, von der uns die Fotografie glauben lässt, dass es sie gibt.
Gregors Pläne ist ein fiktives Werk, das einerseits von der Suche nach der idealen Arbeitsstelle berichtet, und sich andererseits mit der Frage auseinandersetzt, ob wir mit unserem beständigen Streben nach Stabilität und Sicherheit nicht einer grandiosen Illusion aufsitzen, die so recht eigentlich ein veritabler Selbstbetrug ist.
Sich wirklich aufs Leben einzulassen, dies die Folgerung aus Gregors Monolog, bedeutet loszulassen, von allem, inklusive unserer Vorstellungen und Ideale. Doch wollen wir das? Und falls ja, wie geht das? The readiness is all sagt Horatio in Hamlet.
Hans Durrer
Mittwoch, 21. Juli 2021
Körperzeiten
Donnerstag, 15. Juli 2021
Einsichten Ausblicke
Mittwoch, 7. Juli 2021
Der König auf diesem Planeten
Meiner Meinung nach ist das Virus der König auf diesem Planeten, und wir sollten uns nach ihm richten. Der Mensch existiert nur als Gast dieses Meisters der Quantensprünge, der sich so hervorragend an das anpasst, was er nicht vorhergesehen hat.
Pauline Melville: Der Bauchredner (2000)