Mittwoch, 29. Mai 2019

Kleine Veränderungen mit grosser Wirkung

Als ich dieses Buch zur Hand nehme, frage ich mich unwillkürlich, ob es nach all den Büchern über Zen, die ich gelesen habe, wirklich noch ein anderes braucht. Doch, ja, denn obwohl ich, wie ich glaube, für mich Wesentliches über Zen begriffen habe, muss ich immer wieder daran erinnert werden, da ich allzu leicht und immer wieder vergesse (und neu akzeptieren lernen muss), dass Zen entscheidend im Üben besteht.

"'Zen' ist die grundlegende Lehre für das Leben der Menschen in unserer Welt. Anders gesagt, es ist eine Übung, eine Denkweise, und sie gibt Hinweise, wie der Mensch glücklich leben kann. Eine Schatzkammer für tiefe, aber leichte Lebensweisheiten."

Im Zen geht es darum, das eigene Dasein im Hier und Jetzt zu erfahren, einfach zu leben und damit wesentlich zu werden. Dazu ist erforderlich, Gewohnheiten ein bisschen zu verändern. "Probiere einmal, dir Zeit zu nehmen, gar nichts zu tun – wenn es dir nur zehn Minuten am Tag gelingt, genügt das schon." Das klingt leicht, doch wer es versucht hat, weiss, dass es das nicht ist, denn dauernd gehen einem Gedanken durch den Kopf, die einen in die Vergangenheit oder die Zukunft entführen.

Der 1955 geborene Priester, Zen-Garten-Architekt und Professor Shunmyo Masuno gibt in Zen Your Life viele praktische Hinweise, wie wir gut leben können. "Versuch, gerade wenn du viel zu tun hast, 15 Minuten früher aufzustehen als sonst (...) Und wenn du in Ruhe eine Tasse Tee oder Kaffee geniesst, betrachte den Himmel aus dem Fenster. Vielleicht hörst du kleine Vögel zwitschern."

Zen Your Life erinnert mich ständig an Offensichtliches, dem ich viel zu wenig Aufmerksamkeit schenke. Etwa dass jeder Tag anders ist. "Der Geschmack der Morgenluft, der Moment des Sonnenaufgangs, der Wind, der über die Wange streicht, die Farben der Bäume und die des Himmels, all das verändert sich ständig."

Kleine Veränderungen mit grosser Wirkung heisst der Untertitel und beschreibt damit genau, worum es in diesem handlichen Buch geht, das man nicht am Stück lesen sollte, sondern in kleinen Stückchen, am besten Tag für Tag. Das Ziel dabei ist, einfach zu werden. "In einem einfachen Leben geht es darum, die physischen und geistigen Lasten abzuwerfen. Das ist die Grundlage des Lebens nach dem Zen-Prinzip."

Zen Your Life ist in 4 Kapitel und insgesamt 100 Schritte unterteilt; es eignet sich bestens, den Tag mit jeweils einem der Schritte zu beginnen.

Fazit: Ein wirklich hilfreiches Buch!

Shunmyo Masuno
Zen Your Life
Kleine Veränderungen
mit grosser Wirkung
FISCHER Krüger, Frankfurt am Main 2019 

Mittwoch, 22. Mai 2019

Geschichten vom Verrücktwerden

Obwohl ich selber zu denen gehöre, die, wenn sie Deutsch sprechen, immer mal wieder einen englischen Ausdruck benutzen, finde ich die gegenwärtig grassierende Mode, deutschen Büchern englische Titel zu geben, mehr als nur daneben und besonders dann, wenn die englische Originalausgabe (wie im vorliegenden Fall) ganz anders lautet. Konkret: Der deutsche Titel heisst Into Madness, das englische Original Let Me Not Be Mad. Schon ziemlich "mad", das Ganze.

Das erste der drei Zitate, die dem Buch vorangestellt sind, verdeutlicht sehr gut, warum es in diesem Buch geht. "Ein Arzt, der den höchsten Grad der Empathie erreicht, würde zum Patienten werden: Die beiden Perspektiven würden verschmelzen." (Valerie Ugazio).

A.K. Benjamin ist kein Arzt, sondern klinischer Neuropsychologe, der über zehn Jahre in einem grossen Londoner Krankenhaus arbeitete und heute in Indien lebt, wo er eine Klinik für Kinder mit neurologischen Störungen aufgebaut hat.

Das vorliegende Buch ist eine Sammlung von Fallgeschichten von Menschen, die vor dem Zusammenbruch stehen. Gleichzeitig ist es die Geschichte des Autors selbst und die Aufklärung über die Art und Weise wie Ärzte und Psychologen arbeiten, ist einer der wesentlichen Gründe, weshalb dies ein ausgesprochen hilfreiches Werk ist. "Auch in unserem Beruf gilt: Nur was gemessen wird, wird auch angegangen."

"Wenn ein Mediziner versucht, eine Fallstudie zu verfassen, kann er genauso gut alles erfinden, so wenig hat sie mit dem zu tun, was wirklich im Untersuchungsraum vor sich geht. Wenn man, wie Philip Roth glaubt, sich in jemandem täuscht, bevor man ihn getroffen hat, sich wieder in ihm täuscht, wenn man ihn getroffen hat, und sich abermals in ihm täuscht, wenn man über das Treffen nachdenkt, dann kann man beim Schreiben praktisch bei null anfangen."

A.K. Benjamin erzählt von Trafo, einem bald zehnjährigen Buben, der Schmerzen nicht ausstehen kann und dessen Eltern seine Hilfe suchen. Den Buben selber kriegt er nie zu Gesicht, da dieser sich weigert, seine Eltern zu begleiten. Und er berichtet von Lucy, die fälschlicherweise mit Demenz diagnostiziert worden war – was ihn an seine eigene Fehldiagnose, die er als Jugendlicher erhalten hatte, erinnerte. "Das Etikett – so falsch es auch war – verfolgte mich, warf einen Schatten auf Gefühle und Verhaltensweisen, die für sich genommen völlig harmlos waren. Und eine weitere Dimension der selbsterfüllenden, bösartigen Energie, die solche (Fehl-))Diagnosen mit sich bringen: Ich glaubte, alle um mich herum würden mich ebenso sehen. Als hätte man mich einmal mehr abgehakt."

Und er erzählt noch von ganz vielen mehr Zum Beispiel von Michael und den Folgen seiner dramatischen Hirnverletzung, von Jane, deren Vater ihre Epilepsie peinlich war und auch von sich, seinen Überlegungen, Fragen und Zweifeln. "Ich spüre einen Druck auf der Brust. Neunzig Prozent der klinischen Psychologen – auch die Männer – sind weisse Mittelschichtfrauen. Manchmal fühlte ich mich entmannt. Auf der anderen Seite: Ärzte, Manager, Buchhalter; hyperbeschäftigte Kerle, die einem nicht in die Augen sehen können. Manchmal fühlte ich mich entweiblicht. Das war weit von dem entfernt, was ich mir erhofft hatte, als Lotte mir vor all den Jahren den Gedanken ins Hirn gepflanzt hatte."

Was Into Madness verdienstvollerweise klar macht, ist, dass wir alle im selben Boot sitzen, die Trennung von aussen und innen, gesund und krank, eine nicht nur willkürliche, sondern so recht eigentlich unmögliche ist. "Es gibt keinen Blick von aussen, keine Perspektive der dritten Person, nur "du" und "ich", sodass wir unsicher sind und uns auf gut Glück vorantasten."

Into Madness ist ein zutiefst aufwühlendes Buch, das lange nachhallt. Und ich bin froh drum. Nicht zuletzt, weil es eine so wesentliche Einsicht wie diese formuliert: "Das eigentliche Problem daran, sich verändern zu wollen, ist in Wirklichkeit, nicht man selbst sein zu wollen –  wenn man sich denn überhaupt verändern oder irgendetwas tun kann."

Ein grossartiges, ein wichtiges Buch!

A.K. Benjamin
Into Madness
Geschichten vom Verrücktwerden
Ullstein Extra, Berlin 2019

Mittwoch, 8. Mai 2019

Off The Hook

We can learn not to get hooked into unhealthy, self-defeating behaviors in relationships - behaviors such as caretaking, controlling, discounting ourselves, and believing lies.

We can learn to watch for and identify hooks, and choose not to allow ourselves to be hooked.

Often, people do things consciously or without thinking that pulls us into a series of our self-defeating behaviors we call codependency. More often than not, these hooks can be almost deliberate, and the results predictable.

Someone may stand before us and hint or sigh about a problem, knowing or hoping that hint or sigh will hook us into taking care of him or her. That is manipulation.

When people stand around us and hint and sigh about something, then coyly say, "Oh, never mind, that's not for you to worry about," that's a game. We need to recognize it. We're about to get sucked in, if we allow that to happen.

We can learn to insist that people ask us directly for what they want and need.

What are the words, the signs, the looks, the hints, and the cues that hook us into a predictable and often self-defeating behavior?

What makes you feel sympathy? Guilt? Responsible for another?

Our strong point is that we care so much. Our weak point is that we often underestimate the people with whom we're dealing. They know what they're doing. It is time we give up our naive assumption that people don't follow agendas of their own in their best interest, and not necessarily in ours.

We also want to check ourselves out. Do we give out hooks, looks, hints, hoping to hook another? We need to insist that we behave in a direct and honest manner with others, instead of expecting them to rescue us.

If someone wants something from us, insist that the person ask us directly for it. Require the same from us. If someone baits the hook, we don't have to bite it.