Sucht
und andere psychische Störungen sind im Grunde nichts anderes als
destruktive Antworten auf die Frage: Wie geht das eigentlich, das
Leben? Dass Lebensverweigerung keine angemessene Antwort ist, das
weiss ich. Und das weiss auch jeder Süchtige.
Um
möglichen Missverständnissen gleich vorzubeugen: Das ist kein Buch
über Sucht, das ist auch kein Buch über psychische Störungen, denn
süchtig und krank sind wir so recht eigentlich alle, nur nicht im
selben Ausmass. Und das meint: Hilfe brauchen wir alle. Treffend hat
es der Psychiater Mark Vonnegut, der als Jugendlicher mit
Schizophrenie diagnostiziert worden war, in einem Brief an seinen
Vater, den Schriftsteller Kurt Vonnegut, das war 1985, auf den Punkt
gebracht: „We are here to help each other get through this thing,
whatever it is.“
Viele
Süchte und andere seelische Leiden erledigen sich von selbst, denn
das Grundprinzip allen Lebens ist das Streben nach Aufrechterhaltung
eines Gleichgewichts. Geist und Seele werden ihr Gleichgewicht
finden, wenn sich unser Ego ihnen nicht in den Weg stellt.
In
Sachen Therapie meint das: der Süchtige steht sich meist selbst im
Wege. Und er hat Mühe, sich helfen zu lassen. Gegen diesen
Widerstand, sich helfen zu lassen, hat ein Therapeut ohne eigene
Suchterfahrung kaum eine Chance, da viele Süchtige Nicht-Süchtige
als Helfer ablehnen, denn, so sagen sie, die wissen ja eh nicht wovon
sie reden. Ob diese Süchtigen damit recht haben oder nicht, spielt
keine Rolle, es reicht, dass sie es glauben. Denn was sie glauben,
bestimmt ihr Tun. Und auch ihr Nicht-Tun.
Das
ist ein Buch darüber, dass Therapien oft eher Teil des Problems, als
Teil der Lösung sind. Das heisst nicht, dass Therapien nichts
nützen. Einerseits bringen sie den Therapeuten Arbeit und Verdienst
und machen die Pharmaindustrie reich, andrerseits stabilisieren sie
die Gesellschaft, indem sie es gelegentlich schaffen, Patienten
wieder funktionstüchtig zu machen und dazu sehen, dass die, bei
denen das nicht gelingt, in speziellen Einrichtungen betreut werden.
Wer
in einem System, das der seelischen Gesundheit wenig zuträglich ist,
nicht funktioniert, ist möglicherweise gesünder, als jemand, der
darin floriert. Das meint nicht, dass die Insassen psychiatrischer
Kliniken alle gesund sind, das meint, dass es mehr als eigenartig
ist, diejenigen als gesund gelten zu lassen, die mithelfen, ein
System aufrechtzuerhalten, das viele krank macht.
„Es
ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke
Gesellschaft zu sein“, schreibt Flore Vasseur in Kriminelle
Bande.
Und: „Absurder könnte es nicht sein: Die Zukunft ganzer
Länder wird Leuten anvertraut, die auf den Begriff des Gemeinwohls
am allergischsten reagieren.“
Hans
Durrer
Wie
geht das eigentlich, das Leben?
Anregungen
zur Selbst- und Welterkundung
www.neobooks.com
Hallo Hans,
AntwortenLöschenDas sind gute, wichtige Gedanken die, erst einmal gedacht weiterführen zur katastrophalen Konsequenz des Ganzen. Der Mensch der als Spezies seinen Selbstzerstörungsmechanismus triggert. Konkret wirkt sich die Entwicklung schon dahin aus, indem ernzunehmende wissenschaftliche Erkenntnisse durch puplikumswirksame Zweckinformationen, als absurd dargestellt werden.
Der kranke Masseneffekt wehrt sich mit Klauen und Zähnen gegen gesunden Umgang mit sich selbst und seinen Mitmenschen. Die Welt retten? Nein! Es fällt schon schwer sich sebst zu retten.
Lieber Gruss
Rainer