Mittwoch, 29. Dezember 2010
12-step treatment in Jaipur
Sonntag, 26. Dezember 2010
AA in der Praxis
Hans Durrer: Genesen mit AA?
Mittwoch, 22. Dezember 2010
Sonntag, 19. Dezember 2010
Mittwoch, 15. Dezember 2010
Genesen mit AA?
Ursache-Wirkungs-Methodologien scheinen nicht geeignet die Komplexität von Suchtverhalten und - behandlung zu erklären, da sie die Widersprüche und Paradoxien, die Teil menschlichen Verhaltens sind, nicht zu erklären vermögen. Sie können auch Kernfaktoren wie Motivation oder Glauben, die wesentlich sind für die Genesung, nicht messen. Nicht zuletzt aus diesen Gründen ist AAs act yourself into a new way of thinking den Behandlungen, die auf die Identifizierung von Ursache und Wirkung ausgerichtet sind, vorzuziehen.
Künftige Forschung und Behandlung müssen neue Wege finden "the non-logical aspects" (die Wunder, Widersprüche und Paradoxien) der Sucht anzugehen und die Ursache-Wirkungs-Methodologie anzupassen, zu ergänzen und möglicherweise zu überdenken.
Sonntag, 12. Dezember 2010
La vida
Andres Denis Rabelo Macias
Mittwoch, 8. Dezember 2010
Drugs & Crime
So how come that, despite the lack of concrete evidence for a drug-crime link, the established approach is partly based on the argument that there is such a link? One reason is that institutions and policies once in place are difficult to change, the probably more important reason however is that drugs are essentially criminalised for moral reasons. In the words of James Q. Wilson "drug use is wrong because it is immoral and it is immoral because it enslaves the mind and destroys the soul". Or for other reasons (political, cultural etc) that do not respond well to hard factual evidence.
Hans Durrer: A link between drugs and crime?
Sonntag, 5. Dezember 2010
Problem
erschaffen hat.
You can't solve a problem with the mindset that created it.
Albert Einstein
Mittwoch, 1. Dezember 2010
Alcohol Abuse in Russia
The Daily Telegraph, November 2010
Sonntag, 28. November 2010
Mr. Bad Example
The New York Times Book Review, 6 May 2007
Mittwoch, 24. November 2010
Ein Trinker lebt nicht
Anne Enright: Das Familientreffen
Sonntag, 21. November 2010
The Alcohol Industry
Since the second world war the alcohol industry has become one of the most powerful and successful in the UK. Intake has grown steadily, each person on average drinking more than twice that consumed in 1945. Successive governments have often made decisions that increase sales, the most significant being the opening up of alcohol sales in supermarkets; increasing the daily hours that alcohol can be purchased, usually at discounted prices; and the extension of pub drinking hours.
The alcohol industry has successfully grown its market into under-age drinking groups by making available innocent-tasting alcopops; advertising alcohol in a glamorous and cool way with "psychedelic" or stimulant overtones; and increasing the availability of high-strength drinks, the most dangerous of which are the 8-9% ciders and lagers, providing the cheapest way to get drunk.
The alcohol industry, naturally, is denying its role in creating this problem and is making no serious attempt to moderate its contribution to the enormous harms caused. One step that could be taken is for parliament to hold an inquiry into the impact of the alcohol lobby on the legislative process over the past generation.
David Nutt: I am not a prohibitionist, The Guardian, 5 November 2010.
Mittwoch, 17. November 2010
Ich kann nicht!
Wer das sagt,
setzt sich selbst Grenzen.
Denke an die Hummel!
Die Hummel hat 0.7 cm2 Flügelfläche bei 1,2 g
Gewicht. Nach den bekannten Gesetzen der
Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem
Verhältnis zu fliegen.
Die Hummel weiss das aber
nicht und fliegt einfach!
Sonntag, 14. November 2010
Does AA work? (2)
Hans Durrer: Does AA work?
Mittwoch, 10. November 2010
Alles ist gut
Fjodor M. Dostojewski: Die Dämonen
Sonntag, 7. November 2010
Drei Mahlzeiten und dazwischen Leben
Das Bad Herrenalber Modell gründet in der Vorstellung (wie die senegalesischen Wolof sagen) des Nit nit ay garabam - dass der Mensch des Menschen Arzenei sei, wie Walther Lechler in seinem Geleitwort ausführt: "Und Paracelsus betont: 'Und der Arzeneien höchste ist die Liebe.' Wer würde, wenn er in diese Erfahrung in sich inkarnieren durfte noch zögern, sich schlussendlich das Leben mit vollen Händen zu nehmen, das uns in Hülle und Fülle in jedem Augenblick zusteht."
Durch die Zusammenarbeit mit Walther Lechler und seinen Nachfolgern, durch viele kollegiale Gespräche und durch die Arbeit an sich selber, habe sie einen Reifegrad erreichen können, der ihr "fundierte, klare und einfach zu verstehende Aussagen" ermögliche, schreibt Rosel. Und: "Ich kann jetzt von mir behaupten, dass ich etwas zu sagen habe." Stimmt. Und es lohnt sich, ihr zuzuhören. Unter anderem wegen Sätzen wie diesen:
"Ich hatte eine wichtige Lektion gelernt: nämlich, meine eigene Vorstellung nicht auf einen anderen Menschen zu übertragen. Ich hatte begriffen, wie wichtig zuhören ist.
... es war für uns von dem Gedanken getragen, dass wir alle gemeinsam einen neuen Weg beschreiten wollten, in dem der Mensch die Person sein konnte, die er wirklich war. Keine Rollenmaske, kein Versager, sondern ein Mensch wie du und ich.
... auch die Frage, wer Schwierigkeiten bekommt, wenn sich der Essgestörte verändert, ist für den therapeutischen Prozess mitunter sehr wichtig. Ich arbeitete mit therapeutischen Elementen, aber auch mit alltagstauglichen Empfehlungen.
Bei allen Essstörungen geht es darum zu lernen, sich etwas zu nehmen, es zu spüren und die Nahrungsaufnahme auszuhalten. Bei allen Essstörungen geht es darum, dass die Betroffenen Essen benutzen, um besser mit dem Leben klar zu kommen. Der Nahrung wird also eine andere Aufgabe zugewiesen, als nur die der Ernährung. Die Nahrung hat ursprünglich die Aufgabe den Menschen zu ernähren. Aber auch Genuss, um Sinnlichkeit zu leben."
Die letzten Sätze stammen aus einem Gespräch mit Jürgen Bosbach, der zusammen mit Rosel Bäker dieses Buch schrieb und nachhakte: "Rosel, kannst Du bitte noch einmal auf deinen Satz eingehen: 'Wenn man Nahrung aufgenommen hat, muss man dies auch aushalten können!"
Und, neugierig auf Rosels Antwort? Sie findet sich auf den Seiten 51 bis 54 dieses anregenden und aufschlussreichen Buches, in dem sich eine Mischung verschiedener Arten von Text plus einige schwarz/weiss Fotos versammeln: Da steht der Brief neben dem Interview, wird ein erläuternder Text unterbrochen von eingerahmten Merksätzen (etwa: 'Mein Essverhalten spiegelt meine Lebenssituation wieder!') und man findet auch diesen Einschub von Jürgen Bosbach, der mir ganz besonders gut gefällt, weil er Rosel Bäker (wie auch die Arbeit an diesem Buch) sehr schön charakterisiert:
"Wie unterbrechen die, wie wir später feststellten, insgesamt zwölfstündige Interviewarbeit und gönnen uns ein Essen. Ich bin von der Persönlichkeit Rosels überrascht. Tausend Gedanken und Fragen huschen durch meinen Kopf. Ihre Leben könnte ebenso gut der Stoff für einen Film sein.
Schade nur, denke ich, dass der Leser ihre Erzählweise nicht wahrnehmen kann.
Diese Lebendigkeit, mit der Rosel aus ihrem Leben und von ihrer umfassenden Berufserfahrung berichtet, kann schriftlich nur begrenzt wiedergegeben werden. Rosel erzählt so spannend, dass keine Minute mit ihr langweilig wird. Bereits nach den ersten Stunden mit ihr wurden mir einige grundlegende Dinge klar: Rosel ist eine exzellente Fachfrau, die wirklich den Titel einer Zeitzeugin für sich beanspruchen darf und sie ist eine Persönlichkeit, die Wege aus der inneren seelischen Not eines Menschen begleiten kann. Somit freue ich mich, schon während des Essens, auf den Nachmittag."
Bleibt nur noch hinzuzufügen, dass die Verschriftlichung von Rosels Erzählungen sehr gut geglückt ist.
Drei Mahlzeiten und dazwischen ist Leben
Rosels Tisch in der psychosomatischen Klinik Bad Herrenalb
Santiago Verlag, Goch 2010
Mittwoch, 3. November 2010
Recovery or Discovery?
Yates, R., Malloch, M. (2010) ‘The road less travelled? a short history of addiction recovery' in Yates, R. and Malloch, M. (eds.) Tackling Addiction: Pathways to Recovery, London: Jessica Kingsley Publishers, pp. 15-31.
Sonntag, 31. Oktober 2010
Im Sog der Sucht
Wie für den Autor so haben auch für mich die Medien eine grosse (und zeitweise übergrosse) Bedeutung und so war ich einigermassen gespannt, wovon er im Kapitel "Meine eigene Medien-Drogenkarriere" berichten würde. "Ich las so viel, dass irgendwann kein Buch mehr da war, das ich nicht kannte", er besuchte die Filmhochschule, wechselte dann zur Medizin, schrieb Sachbuchrezensionen - was hat das alles mit Mediensucht zu tun? fragte ich mich. "Während des Medizinstudiums verfiel ich gelegentlich in Medienräusche. Wie viele Fernsehfilme habe ich da zur Abwechslung vom Lernen - aus Büchern natürlich! - gesehen, wie viele unnötige Skirennen angeschaut oder Tennismatches oder Fussballspiele. Das Vergnügen daran will ich absolut nicht leugnen. Aber die Menge war deutlich im Bereich des Missbrauchs und der Betäubung."
Ob jemand, der in gewissen Phasen seines Lebens mit irgendetwas missbräuchlich umgeht, bereits als süchtig gelten soll, sei einmal dahingestellt. Sicher ist jedoch, dass sich richtige Mediensüchtige in solchen Schilderungen nicht erkennen werden.
Auch das Kapitel über Alkohol hat mich einigermassen ratlos gelassen. Da liest man von einem Ministerpräsidenten, der sich verplappert, nimmt Kenntnis von besorgniserregenden Zahlen, erfährt, wie es mit dem Alkohol in Finnland und Frankreich steht etc. - alles Sachen, die jedem Zeitungsleser bekannt sein dürften. Von den befreienden Lösungswegen aus der Abhängigkeit, die zu einem erfüllten Leben führen sollen (wie auf der vierten Umschlagseite zu lesen steht), habe ich da nichts gefunden.
Obwohl, Vorschläge für ein sinnvolles Leben findet man in diesem Buch durchaus. Dabei führt der "Facharzt für psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Lehrtherapeut, Supervisor, Filmemacher (HFF) und Kabarettist" als Beispiele auf, was er selber gerne macht - sich mit Literatur und Musik beschäftigen. Da ich seine Vorlieben teile, habe ich hier keine Einwände (ganz im Gegenteil), doch habe ich schon häufig erfahren, dass nun einmal viele Leute (Süchtige eingeschlossen) für das Lesen schlicht nicht zu begeistern sind. Am Rande: für einen "bekennenden Büchersüchtigen" sind die Literaturhinweise erstaunlich dürftig ausgefallen.
Doch kommen wir zum Positiven. Immer mal wieder stösst man in diesem Buch auf Gedanken und Hinweise, derentwegen sich die Lektüre lohnt. Um dies zu illustrieren, hier ein paar Zitate, die ich erhellend finde:
Wenn Sie bei Berichten über einzelne Süchtige genauer hinschauen, werden Sie auch als Laie schnell mitkriegen, dass das gezeigte dicke Kind ständig vor dem Fernseher sitzt, dass der Alkoholiker auch raucht, dass der Onlinejunkie nebenbei kifft und seine Bierdose am Computer stehen hat, dass die spielsüchtige Hausfrau deutlich übergewichtig ist, dass das Denken und Handeln durch süchtiges Verhalten mit all seinen Folgen eingeengt wird.
Ein wesentlicher Faktor fehlgeleiteter Erziehung ist die mangelnde Frustrationstoleranz. Und diese wiederum ist die beste Voraussetzung für Sucht - und ein wesentliches Element für ihre Erhaltung.
Wie auch sonst bei der Sucht muss die Forschung davon ausgehen, dass sie nur das erfährt, was der methodische Ansatz vorgibt. Ich glaube konkret kaum, dass die Wissenschaftler den vollen Umfang der Wahrheit erfahren. Kein extremer Spieler hat z.B. noch Lust oder Zeit einen wissenschaftlichen Fragebogen auszufüllen.
Interessant dass Angstprobleme oft, das heisst zu drei Vierteln, der Glücksspielsucht (ähnlich beim Alkoholismus!) vorangingen, während depressive Störungen nach Beginn der Sucht kamen, sicher auch als Reaktion auf die vielen Folgeerscheinungen. Glücksspiel führt ja nicht nur zu massiven finanziellen Verlusten, sondern auch zu dramatischen sozialen Defiziten.
In meinen Therapien, das heisst in den erfolgreichen, erlebe ich immer wieder, wie Menschen durch Verzicht dazugewinnen. Das betrifft alle Suchtbereiche.
Trägheit macht traurig.
(Thomas von Aquin)
Glück ist die Folge einer Tätigkeit.
(Aristoteles)
Dummes Zeug kann man viel hören.
kann es auch schreiben.
wird weder Leib noch Seele stören.
wird alles beim Alten bleiben.
Dummes aber, vors Auge gestellt,
hat ein magisches Recht:
weil es die Sinne gefesselt hält, bleibt der Geist ein Knecht.
(Johann Wolfgang von Goethe: Zahme Xenien. 1807)
Helmut Kolitzus
Im Sog der Sucht
Von Kaufsucht bis Onlinesucht: Die vielen Gesichter der Abhängigkeit
Kösel-Verlag, München 2009
Mittwoch, 27. Oktober 2010
Does AA work?
Since there seem to be as many interpretations of AA as there are AA members and since it cannot be known how AA is individually practised, it is questionable whether AA allows for an assessment that meets scientific criteria. Yet despite the lack of scientific evidence, many believe - based on personal experience - that AA works. That these believers are all brainwashed seems unlikely (and would be difficult to prove) yet even if they were, the fact that they were drinking before joining AA and then stopped might indicate that their sobriety has something to do with AA.
Cause-and-effect methodologies seem not suited to explain the complexity of addiction and addiction treatment for they appear not able to make sense of the contradictions and paradoxes that are part of human behaviour. Moreover, they can't measure core factors such as motivation or belief that are crucial for any recovery. This failure also suggests that AA's act yourself into a new way of thinking might be preferable to treatment based on identifying causes and symptoms.
Future research and treatment need to find ways to address "the non-logical aspects" (the miracles, contradictions and paradoxes) of addiction and to adapt, complement, and possibly rethink, the cause-and-effect methodology.
Hans Durrer: Does AA work?
Sonntag, 24. Oktober 2010
Über AA
Jürgen Heckel
sich das Leben nehmen
Alkoholismus aus der Sicht eines Alkoholikers
A1 Verlag, München 2010
Mittwoch, 20. Oktober 2010
Wir verstehen es nicht
Aber wir verstehen es nicht. Wir verstehen so wenig von allem.
Man denkt immer, man würde es verstehen. Jedes Mal, wenn man etwas Neues lernt, eine neue Leidenschaft entwickelt, denkt man, nun habe man seinen Weg gefunden ... Aber so ist es nicht, man hat nicht irgendwann den Durchblick. Am Ende hat man immer noch dieselben leeren Karten in der Hand - es sind nur mehr geworden.
James Sallis
Dunkle Vergeltung
Wilhelm Heyne Verlag, München 2010
Sonntag, 17. Oktober 2010
Ist Suchtgefährdung erblich?
Ralf Schneider
Die Suchtfibel
Wie Abhängigkeit entsteht und wie man sich daraus befreit
14. überarbeitete und erweiterte Auflage
Schneider Verlag Hohengehren GmbH
Mittwoch, 13. Oktober 2010
Stress & Burn-out
"Die Methode 'Neuroimagination' ist eine Kombination aus einer Vielzahl von verschiedenen Techniken, die nach eigenen Regeln und in immer wiederkehrenden Abläufen eingesetzt werden. Eine Grundregel, auf der die komplette Arbeit aufgebaut ist, besagt, dass jede Befehlsanweisung zu vermeiden ist und der Coachee immer selbst eine Wahl zum Handeln haben muss."
Na ja, im richtigen Leben ist das ja nicht so, da hat man oftmals nicht wirklich eine Wahl, denkt es da so in mir, und jede Art von Coaching sollte sich doch so recht eigentlich am richtigen Leben orientieren, oder etwa nicht? Es spricht für Horst Kraemer, dass er freimütig bekennt: "Diese Grundregel stellt einige Systeme und verschiedene Helfergruppen vor schier unlösbare Aufgaben. So bin ich damit zum Beispiel in einigen Kliniken vor unüberbrückbare direktive Barrieren (Was das wohl sein mag? Obwohl: man ahnt, was der Mann meint) gestossen. Ebenso bin ich damit in Palästina an Grenzen gekommen, wo es für die Helfer undenkbar ist, keine direkten, befehlsmässig vorgetragenen Anweisungen auszusprechen."
Ich selber gehe mit dieser Grundregel nicht einig, für mich zählt alleine die Genesung, ob mit oder ohne Grundregel, denn Regeln sind nun einmal nichts anderes als Vereinfachungen und diese sind zwar oft hilfreich, aber fast genau so oft eben auch nicht.
Horst Kraemer geht davon aus, dass in Stresssituationen die Nerven nur fragmentarisch leiten, was zur Folge hat, dass Wahrnehmung und Erinnerung "hormonell bedingt verändert, realitätsfern und durch Selbstzweifel angstbesetzt" sind. Sein Ansatz ist also ein neurobiologischer und kein psychiatrischer/psychologischer - die Frage nach dem "Warum?" der Stressbildung stellt sich bei seinem Ansatz nicht. Da hat er meine volle Sympathie und wenn seine Methode Erfolge zeigt, dann hat er gerade noch einmal meine Sympathie. Nur: ob jemand wegen dieser Behandlung genest, lässt sich nicht wirklich nachweisen.
Das menschliche Verhalten ist viel zu komplex als dass es mit einer einfachen Ursache-Wirkungs-Methode oder einem relativ simpel aufgebauten Modell à la Kraemer erfasst werden könnte. Das soll nicht heissen, dass die Neuroimagination (das meint: die Gedankensteuerung durch das bewusste Erzeugen positiv besetzter Bilder kombiniert mit Aufmerksamkeitsfokussierung und hypnotischer Verankerung) nicht funktionieren kann. Niemand weiss mit Bestimmtheit, was im seelischen Bereich wirklich funktioniert (davon schreibt Kraemer übrigens auch) und so ist ganz gut möglich, dass für Leute, die sich lieber als Kunden (dies der Kraemer'sche Ansatz) und nicht als Patienten begreifen, diese Art der Entstressung Erfolge zeitigen kann. Ob wegen der Methode oder aus ganz anderen Gründen - so schreibt Kraemer selber: "In der Placeboforschung gilt es als bewiesen, dass rund 70 Prozent aller Heilungsprozesse von der Erwartungshaltung des Menschen gesteuert werden." - ist ja dem Gestressten letztlich egal.
PS: Weniger wäre mehr gewesen. So drängt sich etwa die Charakterisierung von Kommunikationstypen in einem solchen Werk nicht gerade auf und das Kapitel "Work-Life-Integration" ist in seiner Dürftigkeit geradezu ärgerlich - eine Seite über den Sinn des Lebens, zwei Seiten über "Balance als Basis für ein geglücktes Leben". Die Seite über den Sinn des Lebens beginnt übrigens so: "'Viele Menschen planen eine Urlaubsreise besser und intensiver als ihr ganzes Leben.' Dieser Satz des Zeitplaners Nummer eins, Lothar Seiwert, sollte zu denken geben. Wie haben Sie ihr Leben geplant?" Die Frage, offenbar ernst gemeint, lässt sich am besten mit einem Witz beantworten: Wissen Sie wie man den lieben Gott zum Lachen bringt? Erzählen Sie ihm doch einfach mal, was Sie so für Pläne haben!
Horst Kraemer
Soforthilfe bei Stress und Burn-out
Kösel Verlag, München 2010
Sonntag, 10. Oktober 2010
Alkohol & Gewalt
Kirsten Heisig
Das Ende der Geduld. Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter.
Herder-Verlag, Freiburg i. Br., 2010
Mittwoch, 6. Oktober 2010
Sugar. Ein Tagebuch
Michelle Nahlik
Das Maktub von Luana
Sugar. Ein Tagebuch
elfundzehn Verlag, Eglisau 2010
PS: Was dieses Buch vor allem klar macht, ist, wie unspektakulär und schon fast beiläufig man in eine Sucht abdriftet.
Sonntag, 3. Oktober 2010
The first principle
Richard P. Feynman
Freitag, 1. Oktober 2010
Probleme lösen
Albert Einstein
Mittwoch, 29. September 2010
Die Suchtfibel
1. Von der Ahnungslosigkeit zur Nachdenklichkeit: Sich Grundwissen zu Suchtstoffen aneignen.
2. Von der Nachdenklichkeit zum Problembewusstsein: Verstehen, wie es zu schädlichem Konsum und Abhängigkeit kommt.
3. Von der Unentschiedenheit zur Lösung: Sich selbt die richtige Diagnose stellen und Schlussfolgerungen daraus ziehen.
4. Von Zaudern zum Handeln: Wie man sich aus Abhängigkeiten befreit.
5. Von der Änderung zur Stabilisierung: Die Freiheit sichern und Rückfällen vorbeugen.
Im Anhang findet man zudem die Rubriken:
Wo findet man Hilfe
Wie kann man weitere Informationen bekommen?
Buchtipps zum Thema "Abhängigkeit".
Ein Register schliesst den Band ab.
Auf ganz unterschiedliche Fragen findet man in diesem praktischen Buch Antworten. Was, zum Beispiel, versteht man unter Suchtpotential?
Wenn Drogen "bereits nach wenigen Malen ein starkes Verlangen nach Wiederholung hervorrufen und sehr viele der Erstkonsumenten später abhängig werden, spricht man von einem hohen Suchtpotential". Ein amerikanischer Forscher hat herausgefunden, dass von den Konsumenten von Nikotin 33%, Heroin 27%, Cannabis 10% und Alkohol 8% süchtig werden.
Wann gilt man als suchtkrank oder abhängig?
Einerseits, wenn man "auf den Konsum der Substanz angewiesen ist, um das Auftreten unangenehmer Zustände körperlicher oder seelischer Art zu verhindern", oder andererseits jemand, "der wiederholt so viel zu sich nimmt, dass er sich selbst und anderen Schaden zufügt, ohne daran etwas zu ändern."
Man muss nicht mit allen Antworten einverstanden sein, um die Auseinandersetzung mit der Suchtfibel zu empfehlen - was hiermit getan werden soll.
Ein Beispiel, das mich nicht überzeugt hat, soll gleichwohl erwähnt werden. So liest man etwa zur Frage "Was tun bei Depressionen und Angst?": "Für die Behandlung der verschiedenen Formen von Angst ist grundsätzlich die Psychotherapie zuständig. Insbesondere die Verhaltenstherapie zeitigt in diesem Bereich hervorragende Erfolge." Das wird zwar verhaltenstherapeutisch ausgebildete Psychotherapeuten freuen, doch seelisches Geschehen ist viel zu komplex als dass man eine Verhaltensänderung direkt auf eine Therapie zurückführen kann. Die Frage und Antwort an Radio Eriwan (auch im Buch zu finden), trifft es besser: "Wie viele Therapeuten braucht man, um eine Schraube in die Wand zu bekommen? Im Prinzip einen. - Aber die Schraube muss sich auch drehen lassen."
Ralf Schneider
Die Suchtfibel
Wie Abhängigkeit entsteht und wie man sich daraus befreit
14. überarbeitete und erweiterte Auflage
Schneider Verlag Hohengehren GmbH
Sonntag, 26. September 2010
sich das Leben nehmen
"sich das Leben nehmen. Alkoholismus aus der Sicht eines Alkoholikers", heisst sein im Münchner A1 Verlag erschienenes Buch. Zugegeben, ich fand (und finde) den Titel "sich das Leben nehmen" etwas eigenartig, positiv angesprochen hat er mich jedenfalls nicht, ich verstand ihn zuerst auch gar nicht. Als er mir dann erklärt wurde: "Du hast nur eine Chance, lieber Freund, nimm dir das Leben. Entweder nimm dir das Leben, indem du dich zu Tode säufst, oder nimm dir das Leben in all seiner Fülle. Eine andere Möglichkeit hast du nicht." leuchtete er mir zwar ein, doch so richtig packte er mich nicht, doch das ist ein Detail (und im Übrigen eins, das andere ganz anders bewerten mögen), denn Heckels Buch lohnt die Lektüre, weil man viel dabei lernt. Hier einige Beispiele:
Nahezu alle Menschen glauben, dass Abhängigkeiten ausschliesslich durch schwierige Lebenssituationen entstehen. Ich halte das für einen fundamentalen Irrtum. Abhängigkeiten können sich genauso gut durch freudige Ereignisse entwickeln. Ein grosser Lottogewinn wäre für einen Alkoholiker eine positive Katastrophe und genauso schwer zu verarbeiten wie ein riesiger Schuldenberg
Die allgemeine Gesundheitsregel, je früher eine Krankheit erkannt wird, desto grösser ist der Behandlungserfolg, kann auf die Alkoholkrankheit leider nicht übertragen werden. Solange der scheinbare Nutzen der Droge überwiegt, ist an Umkehr kaum zu denken.
Nicht der Tiefpunkt an sich ist gefährlich. Gefährlich ist es, wenn ich aus dem Tiefpunkt so wieder herauskomme, wie ich hineingekommen bin.
Das Wissen, welche Eigenschaften ich für den Veränderungsprozess benötige, hatte ich von meinen Therapeuten: Zähigkeit, Flexibilität, Geduld und Frustrationstoleranz.
... alle diese Diagnosen beruhen auf fragwürdigen Komplexitätsreduzierungen, die Ursache des übermässigen Trinkens wird stets im jeweiligen Fachgebiet des Experten entdeckt.
Die bedeutsamste Frage unseres Lebens können und dürfen wir Süchtige nicht an andere Instanzen delegieren.
Jürgen Heckel
sich das Leben nehmen
Alkoholismus aus der Sicht eines Alkoholikers
A1 Verlag, München 2010
Mittwoch, 22. September 2010
On legalising drugs
A life in writing: Juan Gabriel Vásquez by Maya Jaggi,
The Guardian, 26 June 2010
Sonntag, 19. September 2010
Von der Freiheit
Freiheit: der Zwang sich zu entscheiden.
(José Ortega y Gasset)
Niemand ist mehr Sklave,
als der sich für frei hält,
ohne es zu sein.
(J.W. Goethe: Die Wahlverwandtschaften)
Ich plane, immer mal wieder auf dieses nützliche Buch zurückzukommen. Es ist bereits in der 14. überarbeiten und erweiterten Auflage beim Schneider Verlag Hohengehren erschienen.
Mittwoch, 15. September 2010
An Ego Problem
Most alcoholism cases begin when the alcoholic takes his/her first drink. That usually occurs in the early teenage years so that the psychological effects of addiction are already in place when the "what am I going to do with my life?" choices are being made.
From the onset alcohol addiction causes ego inflation and people with bloated egos are more likely to select professions that offer the prospect of big ego payoffs. Thus the high percentage of alcoholic writers and actors.
James Graham, Author of "Vessels of Rage, Engines of Power: The Secret History of Alcoholism."
Sonntag, 12. September 2010
The War on Drugs
In order to protect their patch and their supply routes, these gangs tool up – and kill anyone who gets in their way. You can see this any day on the streets of a poor part of London or Los Angeles, where teenage gangs stab or shoot each other for control of the 3,000 per cent profit margins on offer. Now imagine this process taking over an entire nation, to turn it into a massive production and supply route for the Western world's drug hunger.
If you knock out the leaders of a drug gang, you don't eradicate demand, or supply. You simply trigger a fresh war for control of the now-vacant patch. The violence creates more violence.
This is precisely what happened – to the letter – when the United States prohibited alcohol. A ban produced a vicious rash of criminal gangs to meet the popular demand, and they terrorised the population and bribed the police. Now 1,000 Mexican Al Capones are claiming their billions and waving their guns.
http://www.independent.co.uk/opinion/commentators/johann-hari/johann-hari-violence-breeds-violence-the-only-thing-drug-gangs-fear-is-legalisation-2062252.html
Mittwoch, 8. September 2010
Anerkennungssucht
Jürgen Leinemann
Das Leben ist der Ernstfall
Hoffmann und Campe, Hamburg 2009
Sonntag, 5. September 2010
Distractions
"It’s easily forgotten, Inspector, that history is not what you read in books. It’s a personal thing, and people are vengeful creatures, which is why history will never teach us anything."
“We are all mad, Inspector, for the simple reason that we don’t know why we exist and this …” he waved his hand at the tissue of existence before him, “this life is how we distract ourselves so that we don’t have to think about things too difficult for us to comprehend.”
"You think you know yourself until things start happening, until you lose the insulation of normality. I would have called myself “aware” before I lost my wife. People would look at me, Narciso for instance, and think there goes Zé Coelho, a man who knows himself. But I’m like anybody else. I hide. My wife was right. I’m inquisitive for the truth but hide from my own. The stuff I’ve carried with me and ignored."
Mittwoch, 1. September 2010
Mein weiser Narr
Im Santiago Verlag sind nun unter dem Titel "Mein weiser Narr" Lairs "Nachgedanken an eine Therapie" erschienen. Es ist ein gelungener Text, weil er einen zum Nachdenken über Dinge bringt, die man in der Regel einfach zur Seite schiebt. Über Wut, zum Beispiel, die es, so der weise Narr Lechler, zu akzeptieren gilt: "... nimm einfach diese gewaltige Energie wahr, die sie auslöst ... man muss lernen, diese Energie und die innere Unruhe, die sie mit sich bringt, auf konstruktive Art und Weise auszudrücken, das ist alles."
Das Aussergewöhnliche an diesem Buches liegt darin, dass man erfährt, wie Lechler zu seinen Einsichten und Überzeugungen gekommen ist: er erzählt von Privatem und Schwierigem und lässt damit den Leser an seinem Leben teilhaben. "Ich war wütend auf das Leben, auf viele Menschen und überhaupt auf diese ganzen Lebensumstände. Ich war wütend, dass ich überhaupt geboren worden bin und deshalb eines Tages sterben muss. Ich fand das einfach unfair! Ich war auch wütend, weil meine Mutter so früh starb, also ich noch so klein war ... Auch heutzutage bin ich immer noch auf mich selbst wütend, wenn ich an alle die Versuche denke, meine innere Wut zu verleugnen und zu verdrängen, nur weil ich soviel Angst vor dieser Wut hatte ...".
Schon mal von einem Arzt oder Therapeuten derart Persönliches gehört? Ich nicht. Doch wozu soll das gut sein? Weil viele Alkoholiker und Drogenabhängige erst dann bereit sind, zuzuhören, wenn sie merken, dass da einer weiss, wovon er spricht. Aus eigener Erfahrung, nicht nur aus Büchern. Das meint nicht, dass man Alkoholiker sein muss, um Alkoholikern helfen zu können (Veterinäre wären sonst arbeitslos), das meint, dass Klienten/Patienten spüren müssen, dass emotionale Identifikation (einer der Schlüssel für eine Genesung) möglich ist.
"Den Weg über die Wiederentdeckung der Gefühle hielt sie (Jaqueline Lair) für zu einfach, für zu simpel, zu närrisch", liest man auf dem Schutzumschlag. In Gesprächen mit Lechler erfährt sie dann, dass dieser dem Intellekt, der meist als Instrument des Rationalisierens eingesetzt wird, skeptisch gegenüber steht: "... mehr als alles andere habe ich gelernt, intellektuellem Wissen, das gleichzeitig gefühllos ist, zu misstrauen", denn "all' dieses Verstehen und all' dieses Wissen haben mir nie meinen eigenen emotionellen Schmerz genommen. Die einzige Hilfe für mich war, diese verdammte, negative Art und Weise zu verändern, wie ich über mich selbst dachte. Und selbst das war nicht die ganz grosse Hilfe, wenn ich ehrlich sein soll. Was mir noch am ehesten geholfen hat, mich wohl zu fühlen, ist das simple Akzeptieren aller Höhen und Tiefen, die mein Leben so mit sich gebracht hat. Ich bin wie das Wetter da draussen, wie die Natur. Ich gehe durch meine Jahreszeiten und wenn ich einfach akzeptiere, welche Jahreszeit da gerade auf meinem Herzen liegt, dann kann ich mich damit abfinden und mich damit arrangieren. Ich musste lernen, den Versuch aufzugeben, aus einem grauen Wintertag ein Sommererlebnis zu machen - und zulassen und aushalten lernen, dass das manchmal wehtut."
Ich finde dies eine ganz wunderbare und hilfreiche Maxime, nicht nur für Alkoholiker, Drogenabhängie oder Depressive, sondern so recht eigentlich für alle.
Akzeptieren ist das Eine, Handeln das Andere und im Gegensatz zu den Therapien, die auf eine Verhaltensänderung durch Einsicht hoffen, schlägt Lechler den klassischen 12-Schritte-Grundsatz vor, dass richtiges Handeln zum richtigen Denken führen wird: "Du musst lernen, 'so zu tun als ob' - so zu tun, als ob du bereits wüsstest, wie man ein liebevolles Leben lebt, selbst, wenn du noch gar nicht daran glaubst. Denn irgendwann wird dieses Verhalten ein Teil von dir und dann kannst du wieder in vollem Umfang zu deinem Nutzen an der menschlichen Gemeinschaft teilhaben." Auch wenn ich vorbehaltslos zustimme, sprachlich (es handelt sich um eine Übersetzung) ist das schon ziemlich hölzern.
Was es auch noch braucht, um zu gesunden? Den Mut aufzubringen, gegen unsere Hauptsorge "Was sollen denn die Leute denken?" anzugehen. In Lechlers Worten: "Diese Spielregel hat mehr Menschen in einen Tiefschlaf versetzt und mehr Beziehungen ruiniert, als jede andere, die ich kenne."
Übrigens: "Von mir aus nennt es Wahnsinn" ist ebenfalls beim Santiago Verlag erhältlich.
Santiago Verlag
Joachim Duderstadt e.K.
Asperheide 88
D-47574 Goch
http://santiagoverlag.de
Sonntag, 29. August 2010
Useful Reminders
They may forget what you said, but they will never forget how you made them feel.
The biggest mistake people make in life is not trying to make a living at doing what they most enjoy.
Anything in life that we don't accept will simply make trouble for us until we make peace with it.
Happiness is when what you think, what you say, and what you do are in harmony.
Kindness can become its own motive. We are made kind by being kind.
There can be no happiness if the things we believe in are different from the things we do.
Mittwoch, 25. August 2010
Das Ende meiner Sucht
Olivier Ameisen ist Alkoholiker und hat so ziemlich alles versucht, was an gängigen Angeboten zur Suchtbekämpfung vorhanden ist - Psychopharmaka, Rational Recovery, Meetings der Anonymen Alkoholiker (AA), Aufenthalte in Entzugskliniken - zudem betrieb er Sport und Yoga, doch nichts davon hielt ihn für längere Zeit vom Trinken ab. Dies lag nicht daran, dass er zuwenig motiviert war. So schreibt er:
"Das Konzept von Rational Recovery (RR) sprach mich sehr an. Die zentralen Voraussetzungen sind, dass Alkoholismus keine biologische Erkrankung ist, sondern ein Verhaltensproblem, das der Betroffenen mit seinen eigenen mentalen Ressourcen überwinden kann. Nach meiner Erfahrung erwiesen sich jedoch die "innere Macht", die bei RR eine so grosse Rolle spielt, und die "grössere Macht" (das hat der Autor falsch verstanden oder es ist ein Übersetzungsfehler, die AA-Literatur spricht von einer "höheren", nicht von einer "grösseren" Macht) der AA als ohnmächtig angesichts der überwältigenden Macht meines von Angst getriebenen Verlangens nach Alkohol. Entweder fehlte es mir entschieden an Willenskraft und/oder Spiritualität, oder meine Form des Alkoholismus hatte eine fundamentale biologische Komponente, die man mit Medikamenten würde angehen müssen."
Olivier Ameisen hat, wie viele Alkoholiker, sein Leben lang an Unzulänglichkeitsgefühlen gelitten und war sich "vorgekommen wie ein Hochstapler, der demnächst enttarnt werden würde. Schon lange bevor ich mit dem Trinken angefangen hatte, hatte ich Therapien gemacht. Ehrlich gesagt, hatten sie bei meinen Ängsten nicht viel geholfen." Sprach er mit Medizinern oder mit AAs über seine Ängste, meinten sie meist, diese würden verschwinden, wenn er mit dem Saufen (die deutsche Übersetzung spricht dauernd vom "Trinken", doch was Ameisen tat, war ganz klar "saufen") aufhöre. Doch dem war nicht so. "Ich litt an Ängsten, lange bevor ich Alkoholiker wurde. Aber alle, die mich wegen meiner Alkoholsucht behandelten, ignorierten diesen Punkt, wie oft ich ihn auch wiederholte."
Das Saufen wurde, trotz vieler dramatischer Versuche gegenzusteuern, schlimmer; die Abstürze wurden dramatischer - er brach sich Rippen und Handgelenk (für einen begabten Pianisten wie Ameisen eine ganz besondere Katastrophe) - , verfügte aber immer über genügend privilegierte Verbindungen, um jeweils wieder glücklich aus dem Schlamassel herauszukommen. Dabei gehört es zu den Stärken dieses Buches, dass es ungeschminkt benennt, was es zu benennen gilt: "Die Wahrheit ist, dass kein Abhängiger/keine Abhängige so viel Zeit zum Entzug bekommt, wie er oder sie braucht, sondern nur so viel, wie er oder sie sich leisten kann," Und: "Da es keine bewährte Therapie gibt, liegt der Hauptnutzen einer Entzugsklinik darin, dass sie dem Süchtigen die dringend nötige Pause vom Alkohol oder einer anderen Substanz oder Verhaltensweise bringt." Sicher, das auch, doch den wirklichen Hauptnutzen hat der Klinikbetreiber, für den der Entzug oft einfach nur ein Geschäft ist. Wer nachliest, wie Ameisen aus der Klinik Clear Spring ("das Ritz unter den Entzugskliniken") verwiesen wird, weil seine Versicherung die 500 US-Dollar pro Tag nicht mehr zahlte, hat diesbezüglich keine Illusionen mehr.
Es ist ein Wunder, dass Ameisen aus seiner Abwärtsspirale schliesslich herausfindet. Dass er es schafft, hat mit ganz verschiedenen Faktoren zu tun, doch entscheidend damit, dass er durch einen Artikel in der New York Times auf ein Medikament namens Baclofen stiess, welches das Craving unterdrückt. "Verlangen oder Craving ist ein schwer fassbarer Begriff, weil er körperliche, emotionale und mentale Symptome umfasst, die in Wellen über Stunden und Tage hinweg auftreten. Für mich war es eine brutale Tatsache des Lebens. Im schlimmsten Fall, das haben Forschungen gezeigt, ist das Verlangen nach einem Suchtmittel wie der Hunger eines verhungernden Menschen: Die gleichen Hormone werden freigesetzt und die gleichen Gehirnregionen aktiviert. Das Nationale Institut für Alkoholmissbrauch und Alkoholismus (National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism, NIAAA) hat festgestellt, dass das Verlangen nach Alkohol sogar schlimmer sein kann als Hunger oder Durst und dass, wenn der Alkoholismus den Betroffenen im Griff hat, das Gehirn Alkohol als lebensnotwendig ansieht."
Baclofen, ein Mittel, das gegen Muskelkrämpfe verschrieben wurde, soll das Craving unterdrücken können? Ameisen hat es im Selbstversuch getestet, und ja, es hat gewirkt. Ein paar wenige Ärzte haben es bisher an Patienten ausprobiert, und ja, es hat gewirkt. Nein, nicht bei allen. Denn auch wenn man, wie Ameisen das tut, Abhängigkeit als eine biologische Krankheit versteht, muss ein Patient zuallererst immer noch ausreichend mit dem Saufen aufhören wollen. Zudem: 12-Schritte-Programme und andere Verhaltenstherapien wird es nach wie vor brauchen, denn diese sind vor allem nach 6 bis 18 Monaten Abstinenz am wirksamsten. (Wie Mark Twain bekanntlich sagte: Mit Rauchen aufhören, sei überhaupt kein Problem, er habe es schon Hunderte von Malen gemacht.).
Fazit: eine in vielerlei Hinsicht empfehlenswerte Lektüre, nicht zuletzt, wegen Sätzen wie diesen: "Mir war seit Langem klar, dass Alkoholiker und andere Abhängige nicht mit dem üblichen Mass an Mitgefühl und Fürsorge rechnen können, wenn sie medizinische Hilfe brauchen." Und: "Die Wahrheit lautet, dass meine Mutter und meine Geschwister nichts hätten tun können, um mich von meinem schweren Alkoholismus zu heilen, Was ich von ihnen brauchte und was die Angehörigen aller Suchtkranken nur so schwer in einer Weise geben können, dass der Suchtkranke es annehmen kann, waren Liebe und Mitgefühl."
Dr. Olivier Ameisen
Das Ende meiner Sucht
Verlag Antje Kunstmann, München 2009
Sonntag, 22. August 2010
Wir sind alle süchtig
"Drogen machen nicht süchtig. Alkohol verursacht nicht den sogenannten Alkoholismus", mit diesen Sätzen leitet Walther Lechler seinen Beitrag, "Nicht die Droge ist's, sondern der Mensch", ein. Es versteht sich: Das sehen die meisten im Bereich Sucht arbeitenden Menschen (und von dieser Sucht ganz gut lebenden - man denke an die Pharmaindustrie, Therapeuten, Sozialarbeiter, Politiker, Anwälte, Soziologen, Beistände etc.) ganz anders: "Wehe dem, der sich offen oder versteckt anschickte oder heute versucht, die heilige Kuh eines bereits fest institutionalisierten, wissenschaftlichen Glaubens zu schlachten oder ihr nur das Recht ihrer Stellung abzusprechen!"
Aufklärung ist von Nöten: "Die Metapher 'Alkohol' heisst übersetzt nicht allein C2H5OH oder Äthylalkohol, oder aqua vitae, sondern ist ganz schlicht Synonym von Lebenslüge, Selbstbetrug und Selbsttäuschung. Sie bezeichnet alles, was dazu dienen kann, unseren Blick vor der Wirklichkeit zu verstellen." Und was die Hilfe für Süchtige angeht, da zitiert Lechler u.a. Konstantin Wecker:
"Einem Drogensüchtigen kann man nicht helfen, höchstens Brücken bauen. Er traut nur Gleichgestellten, die ihn nicht in ihr eigenes Lager führen wollen, sondern einfach mal liebevoll die Hand ausstrecken und ihn dann auch nach seinem eigenen Willen und Weg weiterziehen lassen."
"Wir sind in dem Wahn gefangen, dass wir die Sucht besiegen können - doch wir alle - der Süchtige und wir - wissen, dass es nicht stimmt, aber wir tun so als ob", liest man bei Berthold K. Und weiter: "Der Süchtige glaubt im Stillen immer noch, dass er die Sucht in den Griff bekommt ... und so wird der Kampf der Drogenbekämpfungskämpfer fortgesetzt", obwohl: "Keiner weiss, was hilft - keiner kann sagen, was Süchtige zur Umkehr zwingt - darum muss man die fragen, die es geschafft haben." Und was sagen die? Einer von ihnen, Berthold K., sagt dies: "Ich weiss, dass meine Genesung da begonnen hat, wo ich den Kampf gegen die Droge Alkohol endgültig aufgegeben habe - wo ich auf der ganzen Linie kapituliert habe ... Süchtige geben ihr Spiel - ihren Kampf mit der Droge - dann auf, wenn kein Gewinn mehr erkennbar ist ... wenn sie etwas gefunden haben, was ihnen mehr bringt als das Spiel mit der Droge. Wenn ihr Leben wieder einen Sinn hat!"
Ambros Wehrli drückt "diesen Kampf aufgeben" so aus: "Bei den meisten Süchtigen besteht erst eine echte Chance zur Umkehr, wenn sie 'gegen die Wand' laufen, also an einen Punkt kommen, wo es nicht mehr weitergeht."
"Ich gehe von Folgendem aus", schreibt Karl Geck: "Im Heideggerschen Sinn sind wir Menschen in diese Welt geworfen und müssen, ob wir das nun wollen oder nicht, uns verhalten, Antwort geben durch unser Leben auf Fragen, die wir nicht beantworten können. Und unsere Antworten haben Folgen, die wiederum auf uns zurückwirken, unsere Realität bestimmen." Diese Antworten (und damit unsere Realität) können ganz verschieden aussehen: man kann sich mit diesem Hineingeworfensein ins Leben, mit der Wirklichkeit also, auseinandersetzen, sich ihr stellen; man kann versuchen, sie zu kontrollieren oder man kann sich ihr verschliessen, indem man sich betäubt (durch Drogen, politisches Theater, selbstgeschaffene Probleme etc.). Die Kontroll- und Vermeidungsvariante sind die beiden gängigsten; die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit, die am wenigsten übliche, denn diese setzt eine "neue" Art zu leben voraus. Nochmals Karl Geck: "Es geht um Veränderung, ja mehr, es geht um wesensmässige Veränderung: um Transformation."
Walther H. Lechler (Hg.)
Nicht die Droge ist's - sondern der Mensch
Santiago Verlag, Goch 2009
http://santiagoverlag.de
Mittwoch, 18. August 2010
Von der Politik, den Medien und der Sucht
Helmut Schmidt, der als deutscher Bundeskanzler mehr als ein Dutzend Mal bewusstlos zusammengebrochen war, und Franz Josef Strauß, der gemäß seiner Lebensgefährtin Renate Piller "einfach nicht nippen" konnte, hat Jürgen Leinemann als süchtig erlebt; Joschka Fischer, der vom unmäßigen Bechern und Futtern zum unmäßigen Joggen (und wieder zurück) wechselte, ist ihm ein Exempel an Suchtverlagerung. Leinemann, der wohl zu den kenntnisreichsten politischen Berichterstattern Deutschlands gehört, weiß, wovon er schreibt – er ist selber süchtig, er hat sich seiner Sucht gestellt, ist mittlerweile schon lange trocken.
Seit zwanzig Jahren wusste er, dass er über seine Erfahrungen und Beobachtungen zum Thema Sucht und Politik ein Buch schreiben würde. Warum hat er so lange gewartet? "... weil ich wusste, dass ich mich selbst als Süchtiger zu erkennen geben müsste, sollte die Charakterisierung der Politiker als potenzielle Erfolgs-Junkies nicht denunzierend wirken." Zudem wollte er sich erst als trockener Alki bekennen, wenn er nicht mehr für den Spiegel, der ihn, als er es nötig hatte, schützte und stützte, im politischen Tagesgeschäft tätig war, denn schließlich begegnet man auch in unseren vermeintlich aufgeklärten Zeiten einem Süchtigen nach wie vor mit (moralisch eingefärbten und diffamierenden) Vorbehalten.
Das Wort 'Sucht’ kommt nicht von 'suchen', es kommt von 'siech' und das heißt krank. Ein Süchtiger ist ein Kranker, der die Wirklichkeit als unerfüllt oder bedrohlich erlebt und nun versucht, diesem Gefühl Abhilfe zu schaffen, sei es durch chemische Substanzen wie Alkohol oder Rauchwaren, sei es durch Arbeit oder öffentliche Anerkennung. Man gewöhne sich an solche Mittel, durch ständige Wiederholung und immer höhere Dosierung entstehe zunächst Abhängigkeit, dann Sucht, schreibt Leinemann, und fügt hinzu:
"Einzugestehen, dass ich zwar alkoholabhängig war, dass mein süchtiges Verhalten aber nicht durch Whisky, Bier oder Wein erzeugt wurde, sondern dass umgekehrt der Suff die Folge eines persönlichen Defizits war, fiel mir nicht leicht. Es half aber, dass ich schnell merkte, wie sehr auch andere sich mit dieser Problematik herumschlugen – nicht zuletzt in der Politik."
Die Beweggründe eines Politikers, hat Willy Brandt gesagt, ergäben sich häufig mehr aus dessen Struktur als aus den eingespielten politischen Regeln. Auf dieser Einsicht gründet Leinemanns Berichterstattung. Sorgsam hat er jeweils der Herkunft und Lebensgeschichte der politischen Akteure wie auch den sozialen Rollen, die sie spielen, nachgespürt. Und er hat, weil er nicht nur genau zu beobachten weiß, sondern oft auch Zusammenhänge bemerkt, die von viel Menschenkenntnis zeugen, Schilderungen von erhellender Eindrücklichkeit zustande gebracht, die einem noch lange im Kopf bleiben. Diese hier zum Beispiel:
"Franz Josef Strauß war nicht nur der bayerische Kraftbolzen, als der er sich mit Vorliebe gerierte and als den ihn Freund und Feind bewunderten. Er war auch empfindlich, verwundbar und ängstlich. In Wahrheit kennzeichnete ihn Unstimmiges. Statisch und dynamisch war er zugleich, grazil und massig, großspurig und kleinmütig. Er marschierte ja nicht, wie das Klischee behauptete, er walzte nicht und schon gar nicht schob er sich vorwärts. Er hastete vielmehr in weicher Eile, verfiel fast ständig in einen unsteten Trippeltrab. Sein Gang hatte kein Gewicht."
Leinemanns Buch überzeugt nicht zuletzt, weil er offen legt, dass seine jeweilige Sichtweise mit seiner persönlichen Biografie, mit dem jeweiligen Stand seiner Selbsterkundung zu tun hat. Damit macht er klar, dass es objektive Berichterstattung nicht gibt, sie nicht geben kann; dass man, um wahrhaft Zeugnis ablegen zu können, auch über sich selber Auskunft geben muss, sich selber und anderen gegenüber. Über Strauß zum Beispiel konnte er erst (und vor allem darum) einfühlend schreiben, als er entdeckte, dass es mit dem Bayer – "nicht in seinen politischen Inhalten und seinen gesellschaftlichen Zielen und schon gar nicht in seinen finanziellen Praktiken, wohl aber in seinen verdeckten Ängsten, in den Lebenszielen des ehrgeizigen Aufsteigers, in den emotionalen Einfärbungen und den zeitgeschichtlichen Prägungen durch eine autoritäre Familien- und Kleinbürgerwelt – mehr Ähnlichkeiten und Überschneidungen [gab], als ich mir in meinen schlimmsten Alpträumen hätte ausmalen können."
Auch wenn der 1937 im niedersächsischen Celle geborene Historiker, der seit 1971 für den Spiegel arbeitet, eine Fülle von Informationen verarbeitet und eine veritable, aus der Nähe miterlebte, deutsche Polit- und Politiker-Geschichte der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts vorgelegt hat, die eigentliche Stärke seines Buches liegt in der Selbstreflexion, zu der auch die Einordnung des eigenen Ego in Zeit und Kultur gehört: "... es bedurfte des völligen physischen und psychischen Zusammenbruchs, bis ich begriff, dass mein privates Unglück, meine zunehmende Entfremdung von mir selbst, vom gesellschaftlichen und politischen Umbruch dieser Jahre nicht zu trennen war."
Eine zunehmende 'Versüchtelung' der Gesellschaft diagnostiziert der Suchtexperte Werner Groß in der heutigen Zeit – mehr denn je scheint der Mensch von Sucht bedroht; das von den Medien geförderte Bedürfnis nach der Droge Aufmerksamkeit ("die unwiderstehlichste aller Erfolgsdrogen") trägt nicht wenig dazu bei.
Er schreibe doch jetzt seit vier Jahrzehnten über Politik, das sei also auch sein Leben, meinte Die Zeit in einem Gespräch mit Leinemann und fragte: "Warum tun Sie sich das an? Immer noch einen leeren Egomanen? Immer noch einen, der nicht aufhören kann?", worauf dieser antwortete: "Vielleicht bin ich auch so. Ein bisschen. Sonst würde mich diese Welt wohl nicht so faszinieren."
Sonntag, 15. August 2010
Die überschätzte Vernunft
Thomas Mann: Der Zauberberg
Mittwoch, 11. August 2010
Addiction Treatment
At Benefis Healthcare in Montana the emphasis is on motivation.
„Without motivation, it doesn't matter what other resources you have.“ said Dirk Gibson, supervisor of the Addiction Treatment Center at Benefis. „Without motivation you have nothing.“
One way to do that is by stressing the pleasure alcoholics can find by changing their lifestyle.
Another is by stressing the pain they can avoid by quitting drinking.
A lot of people realize that on their own, said Dr. Dan Nauts, medical director of the Benefis Addiction Treatment Center.„A majority of the people who quit abusing substances do it on their own without treatment,“ Nauts said. „Fifty percent of heroin addicts who stop using do so without treatment.“
„Motivation is really the key,“ he added.
One critical aspect is an intensive assessment in which counselors carefully listen to a patient to understand individual concerns, Gibson said. He cited the case of a retired military officer, intelligent and well read, who kept drinking himself into the hosptîtal's detox center.
They worked to find a reason to keep the man from drinking, but couldn't. Even death wasn't a threat.But when they told him he was likely to die in a nursing home, unable to control his movements or his bowels, that struck a nerve. „He called me a month later and said, 'I'm ready to make a change,'“ Gibson said. „And he did.“
Sonntag, 8. August 2010
Stockbesoffen
Eine weitere Hand berührte meine Schulter. Joza fegte sie wortlos beiseite. Ich hielt den Atem an. Noch eine Sekunde, und es würde eine Schlägerei geben.
Es gab keine. Der abgewiesene Kandidat war noch nicht ausreichend betrunken, weshalb er fähig war, seine Chancen abzuwägen.
Kveta Legatova: Der Mann aus Zelary
Mittwoch, 4. August 2010
Addiction is a decision
Although genetics and a genetic link may be undeniable, everything about us is genetic, and everything about our physical selves is predetermined by a genetic link. If an individual is fat but wants to be thin, it is not a genetic disease. If someone is stupid, but wants to be smart, it is not a genetic disease. If a drunk is a drunk, but doesn't want to be a drunk anymore, it is not a genetic disease. Addiction is a decision. An individual wants something, whatever that something is, and makes a decision to get it. Once they have it, they make a decision to take it. If they take it too often, that process of decision making gets out of control, and if it gets too far out of control, it becomes an addiction. At that point the decision is a difficult one to make, but it is still a decision. Do I or don't I? Am I going to take or am I not going to take? Am I going to be a pathetic dumbshit Addict and continue to waste my life or am I going to say no and try to stay sober and be a decent Person. It is a decision. Each and every time. A decision. String enough of these decisions together and you set a course and you set a standard of living. Addict or human. Genetics do not make that call. They are just an excuse. They allow People to say it wasn't my fault I am genetically predisposed. It wasn't my fault I was preprogrammed from day one. It wasn't my fault I didn't have any say in the matter. Bullshit. Fuck that bullshit. There is always a decision. Take responsibility for it. Addict or human. It's a fucking decision. Each and every time.
James Frey: A Million Little Pieces
This is the way I see it: Addiction is both, a decision and a disease. Sure enough: to drink or not to drink is a decision. Yet once the alcoholic has started to drink, the alcohol takes over, and from that moment onwards the alcohol is in charge and decides: drinking has turned into a disease, whether in a medical sense or not is beside the point for the alcoholic is surely dis-eased. What for me is important in this excerpt is the emphasis on personal responsibility - I completely share it.
Sonntag, 1. August 2010
Was gut tut
Im folgenden lehrte sie mich nach und nach zu kochen, zu nähen, zu häkeln, zu stricken, Flachs zu riffeln, Besen zu binden, mit der Töpferscheibe umzugehen, den Garten zu pflegen. Meine ans Skalpell gewöhnten Hände hantierten mit dem Kochlöffel, der Nadel, dem Rechen, der Hacke und der Sense.
Nur Holz zu hacken erlaubte mir Joza nie.
Ich verstand es nicht, fragte aber nicht, weshalb.
Hätte ich darüber nachgedacht, warum ich an diesen ungewohnten Tätigkeiten Gefallen fand, wäre ich erschrocken.
Ich dachte nicht darüber nach.
Noch nie in meinem Leben hatte ich etwas mit solcher Selbstverständlichkeit akzeptiert.
Die Freude war auf einmal da. Sie trieb mich einer Arbeit zu, gegen die ich von Kindheit an einen Widerwillen gehabt hatte. Selbst auf unseren Ausflügen war mir das Würstchenbraten, das Kochen der Suppe oder Pilzerösten als eine erniedrigende Tätigkeit erschienen, durch die Mädchen diskriminiert wurden.
In der Hütte des alten Mánek fegte ich die Diele und hatte kein unangenehmes Gefühl dabei. Kein bisschen. Sogar das Klosettbrett scheuerte ich mit Vergnügen.
Davon hatte Grossmutter früher gesprochen. Arbeit ist Glück.
Ich war eine glückliche Ärztin gewesen.
Nun war ich die glückliche Hausfrau eines "Dorftrottels".
Es dauerte nicht lange, und unser Haus war eingerichtet.
Kveta Legatova: Der Mann aus Zelary
Mittwoch, 28. Juli 2010
Suchtberater
Sonntag, 25. Juli 2010
Warum trinkst du?
Den nächsten Planeten bewohnte ein Säufer. Dieser Besuch war sehr kurz, aber er tauchte den kleinen Prinzen in eine tiefe Schwermut.
„Was machst du da?” fragte er den Säufer, den er stumm vor einer Reihe leerer und einer Reihe voller Flaschen sitzend antraf.
„Ich trinke”, antwortete der Säufer mit düsterer Miene.
„Warum trinkst du?” fragte ihn der kleine Prinz.
„Um zu vergessen”, antwortete der Säufer.
„Um was zu vergessen?” erkundigte sich der kleine Prinz, der ihn schon bedauerte.
„Um zu vergessen, daß ich mich schäme”, gestand der Säufer und senkte den Kopf.
„Weshalb schämst du dich?” fragte der kleine Prinz, der den Wunsch hatte, ihm zu helfen.
„Weil ich saufe”, endete der Säufer und verschloß sich endgültig in sein Schweigen.
Die großen Leute sind entschieden sehr, sehr wunderlich, sagte er zu sich auf seiner Reise.
Antoine de Saint-Exupéry: Der kleine Prinz
Mittwoch, 21. Juli 2010
The Alcoholic's Mind
There is no general agreement about the nature, cause, or treatment of alcoholism. What is an alcoholic? Where does one draw the line between problem drinking and alcoholism, between alcohol dependence and addiction? Is alcoholism one disorder or a collection of different disorders? Is it a moral failing, a bad habit, or a disease? Do alcoholics have distinctive personality features? Is alcoholism hereditary or learned? Does excessive drinking represent a symptomatic expression of an underlying conflict or is it the primary problem itself? Which treatment approach, if any, is most effective? Who is best qualified to help? The questions can go on and on. There are no scientific answers. In the absence of facts, opinions and beliefs tend to prevail. Sometimes they seem paradoxical and inconsistent. Consider the following.
* "Hitting bottom" is presumed to be a necessary step for recovery. even though being in dire straits, for all other illnesses, usually indicates a poor rather than favourable diagnosis.
* Recovery from alcoholism - at least according to Alcoholics Anonymous - depends upon admission and acceptance of helplessness by the alcoholic. To gain control over the disease, the individual must relinquish his personal will to that of a Higher Power and to the community of fellow alcoholics. In effect, the acceptance of personal weakness becomes the basis of strength.
* Along with other addictions, alcoholism is unique in the extent to which the individual is blamed if the treatment fails. If the alcoholic does not remain abstinent, therapists and staff presume that he is unmotivated for or unreceptive to help.
* In many hospital treatment settings, alcoholics are immediately discharged from the program if they are presumed to be uncooperative, unmotivated, setting poor examples for others, or if they are found to be intoxicated or drinking on the premises. In other words, they are not regarded as suitable for treatment if they show evidence of their sickness; namely, an inability to control their drinking. The catch-22 is that they must remain sober in order to receive help.
* Alcoholism represents a disorder in which alcoholics presumably cannot refrain from drinking, yet most therapeutic programs expect them, once abstinent, never to consume that first drink.
* Alcoholics are regarded as "sick" - at least for purposes of hospitalization or treatment - but society tends to hold them responsible for their transgressions or crimes.
* Alcoholism as a disease is still presumed to exist even when an alcoholic has been sober for years. Once an alcoholic, always an alcoholic, as the saying goes. Even with cancer, the prognosis is not that grim.
* Because alcoholism is regarded as a "disease", certain therapeutic agencies do not hold alcoholics responsible for the harm caused by past drinking, but they do regard them as responsible for their present and future behaviors, an important and interesting distinction.
* Alcoholism is the only "disease" for which communion with a Higher Power is regarded by many as an essential element for recovery. Even physicians who are otherwise wary of the role of religion in medicine and rely primarily on drugs and procedures of proven, scientific merit for the treatment of serious illnesses, endorse participation in Alcoholics Anonymous, which has a strong spiritual emphasis, as an importnat component of therapy.
* Alcoholism is a "disease" in which characteristic symptoms, such as urges and cravings to drink, can appear mysteriously at certain times, for example, during evenings and weekends, and be absent at others, as at work or at church. With the exception of other addictions, what medical diseases are so dependent on the mental expectations of the sufferers and the physical settings in which they exist?
* When uncomplicated by medical problems, alcoholism is assumed by many to be better treated by those who have suffered from it than by trained professionals who never have. Alcoholism is the only "disease" about which the recovered patient is presumed to know more than the doctor.
* Alcoholism is the only disorder for which the label of "alcoholic" is regarded as a stigma or a moral condemnation by some and a badge of honor by others, the qualification of automatic membership into a fellowship of like-minded sufferers. Unlike individuals with cancer, hypertension, or other medical diseases, alcoholics tend to become defined by their disease, which presumably obliterates their individuality, putting them on the same footing as other alcoholics. They are alcoholics first and foremost, even when sober, rather than individuals with a drinking problem.
With all these paradoxical claims, it is not surprising that so many claim expertise in this area.
Sonntag, 18. Juli 2010
Mit dem Rauchen aufhören
Man unterbricht bestenfalls. Für ein paar Tage. Oder Monate, oder auch Jahre. Aber wirklich aufhören, das tut keiner. Die Zigarette ist immer auf der Lauer. Es kann vorkommen, dass sie mitten in einem Traum auftaucht, fünf oder zehn Jahre, nachdem du "aufgehört" hast.
Dann fühlst du ihr Papier zwischen den Fingern; hörst das leise, dumpfe, beruhigende Geräusch, das sie macht, wenn du mit ihr auf die Schreibtischplatte klopfst; spürst, wie deine Lippen den ockerfarbenen Filter berühren; hörst das Streichholz über die Reibfläche kratzen und siehst die blaugelbe Flamme vor dir aufleuchten.
Du spürst sogar, wie der Rauch in deine Lungen eindringt, siehst, wie er sich zwischen den Akten, Büchern und der Kaffeetasse vor dir ausbreitet.
Und genau in diesem Moment wachst du auf. Und denkst, dass eine Zigarette, eine einzige, eigentlich keinen Unterschied macht. Dass du sie dir ruhig anstecken könntest, für den Notfall liegt ja immer ein Päckchen in der Schreibtischschublade oder sonst irgendwo. Aber du weisst natürlich, dass es so nicht laufen würde. Dass du dir nach der ersten die zweite anzünden würdest, und dann noch eine und noch eine. Manchmal schafft man es, manchmal nicht. Aber egal, wie es läuft, in diesen Momenten wird dir klar, dass der Ausdruck "mit dem Rauchen aufhören" völlig abstrakt ist. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Abgesehen von Träumen gibt es natürlich auch konkretere Auslöser. Alpträume, zum Beispiel.
Gianrico Carofiglio: In freiem Fall
Mittwoch, 14. Juli 2010
We are all mad
Robert Wilson: A Small Death in Lisbon
Sonntag, 11. Juli 2010
Die Welt ist ein Spiegel
Mittwoch, 7. Juli 2010
¿Sabes una cosa, Søren?
Christian Lund, tio de Søren Kierkegaard
Sonntag, 4. Juli 2010
Zukunftsgeschwätz
Mittwoch, 30. Juni 2010
Life Stages & Addiction
Montag, 28. Juni 2010
On legalising drugs
A life in writing: Juan Gabriel Vásquez
by Maya Jaggi, The Guardian, 26 June 2010
Samstag, 26. Juni 2010
Das heimatlose Ich
Dieses Buch, lässt Holger Reiners den Leser (und die Leserin) wissen, "ist meine persönliche Geschichte im Umgang mit der Depression. Was löst sie aus, was beeinflusste ihren Verlauf und wie verlief der Weg heraus aus der Klammer einer Krankheit, die diesen Namen trägt: Depression?" Er fährt fort: "Der Ausgangspunkt eines selbst erlebten Schicksals kann Betroffenen wie ihren Angehörigen vielleicht am ehesten nahe bringen, welch erdrückende Last diese Krankheit und das Unverständnis der Umgebung dafür darstellen - aber auch besser als Prozentzahlen und Prognosen den Optimismus vermitteln, dass selbst aus grossen Tiefen eine Befreiung von der Depression möglich ist."
Was genau eine Depression ist und wie sie behandelt werden soll, darüber gehen die Meinungen der sogenannten Fachleute auseinander. Insofern unterscheidet sich diese Krankheit nicht von anderen komplexen seelischen Erkrankungen.
"Der Depressive hält an einem verzerrten Wunschbild seines Lebens fest ... Falsche, aber lange Zeit verlockende Illusionen und Zerrbilder aufzugeben, ist der Preis für ein normales Leben", schreibt der Autor.
Das erinnert an Suchtkrankheiten: auch wer diese überwinden will, muss Illusionen und Zerrbilder aufgeben. Und wie tut man das: "Der erste Schritt dazu bedeutet, dass man Hilfe von aussen sucht, wenn man erkennt, der Krankheit nicht selbst gewachsen zu sein. Bereits das ist ein grosser Schritt in ein gutes, neues, aufregend anderes Leben."
Will man Depressionen (oder Suchtkrankheiten - mir scheinen die Parallelen offensichtlich) überwinden, muss man lernen, sich für das Leben zu entscheiden.
"Wenn ich heute gefragt werde, ob man einen (gesunden) Menschen mit 30, 40 oder 50 Jahren in seinem Lebensverlauf wirklich ändern kann, sage ich aus meiner beobachtenden Erfahrung heraus immer 'ja', aber eine Richtungsänderung ist höchstens in einem Winkel von zwei, maximal drei Grad möglich ... {das sieht übrigens die Psychoanalyse auch nicht anders} ... Beim Depressiven verhält sich die Situation anders - und das kann Mut machen. Einem einst Depressiven traue ich eine Änderung seines Lebenskurses sogar um 180° zu, und nicht nur das, ich bin heute davon überzeugt, dass er eine solche Kursänderung nicht nur irgendwann akzeptiert, sondern sie auch aus gewonnener Erkenntnis ganz selbstverständlich anstrebt."
Das schreibt einer, der zwanzig Jahre tiefer Depression überlebt hat. Und mittlerweile sogar schon länger ohne Todessehnsucht lebt. Man sollte also die praktischen Anregungen, die er gibt, zumindest wohlwollend prüfen. Hier ein paar Beispiele: den Arzt fragen, wie "sein Behandlungskonzept und der zu erwartende Zeitrahmen bis zum Behandlungsende in etwa aussehen ... immer wieder die vom Therapeuten vorgeschlagenen Behandlungsschritte zu hinterfragen ... nach dem Behandlungsansatz fragen, nach den Behandlungszielen und warum wann welcher Schritt aus Sicht des Arztes notwendig ist."
Summa summarum: ein äusserst hilfreiches Buch von einem Menschen, der weiss wovon er spricht - und sich mitzuteilen versteht.
Das heimatlose Ich
Aus der Depression zurück ins Leben
Kösel Verlag München, 2005
Donnerstag, 24. Juni 2010
Das Geschenk der Wandlung
Üben Sie Freundlichkeit und Sie werden freundlich. Üben Sie Diszplin und Sie beginnen, diszipliniert zu werden. Üben Sie Vergebung und Sie werden immer leichter vergeben können. Üben Sie Wohltätigkeit und Sie werden wohltätig. Üben Sie Sanftheit und Sie werden sanft.
Es ist ganz egal, ob Sie in der Stimmung sind, heute freundlich zum Busfahrer zu sein; seien Sie es auf jeden Fall - und beobachten Sie, wie sich das auf Ihre Stimmung auswirkt. Drücken Sie einfach den Knopf des Selbst, das Sie sein möchten, und die Datei erscheint. Sie war schliesslich bereits vorhanden und hat nur darauf gewartet, heruntergeladen zu werden. Wir werden freundlich, wenn wir uns entscheiden, freundlich zu sein. Wir haben genauso viel Macht, Gefühle zu erschaffen, wie auf sie zu reagieren; unsere Persönlichkeit zu würdigen, während wir durchs Leben reisen. Mit den Worten von George Eliot: "Es ist nie zu spät zu sein, wer du hättest sein können." Es ist nie zu spät zu werden, wer wir wirklich sind.
Marianne Williamson: Das Geschenk der Wandlung
Dienstag, 22. Juni 2010
Wie eine Woge im Meer
Gianrico Carofiglio: Reise in die Nacht