Rosel Bäkers "Drei Mahlzeiten und dazwischen ist Leben" erzählt einerseits davon wie das Bad Herrenalber Modell ("Wir waren die erste Klinik mit einem Therapieangebot für Menschen mit Lebensschwierigkeiten, die eine Anbindung an verschiedene Selbsthilfegruppen herstellte und pflegte.") begann (sie war Gründungsmitglied und Pflegedienstleiterin) und beschreibt andererseits die Arbeit mit Essstörungen nach Rosels eigenem Konzept.
Das Bad Herrenalber Modell gründet in der Vorstellung (wie die senegalesischen Wolof sagen) des Nit nit ay garabam - dass der Mensch des Menschen Arzenei sei, wie Walther Lechler in seinem Geleitwort ausführt: "Und Paracelsus betont: 'Und der Arzeneien höchste ist die Liebe.' Wer würde, wenn er in diese Erfahrung in sich inkarnieren durfte noch zögern, sich schlussendlich das Leben mit vollen Händen zu nehmen, das uns in Hülle und Fülle in jedem Augenblick zusteht."
Durch die Zusammenarbeit mit Walther Lechler und seinen Nachfolgern, durch viele kollegiale Gespräche und durch die Arbeit an sich selber, habe sie einen Reifegrad erreichen können, der ihr "fundierte, klare und einfach zu verstehende Aussagen" ermögliche, schreibt Rosel. Und: "Ich kann jetzt von mir behaupten, dass ich etwas zu sagen habe." Stimmt. Und es lohnt sich, ihr zuzuhören. Unter anderem wegen Sätzen wie diesen:
"Ich hatte eine wichtige Lektion gelernt: nämlich, meine eigene Vorstellung nicht auf einen anderen Menschen zu übertragen. Ich hatte begriffen, wie wichtig zuhören ist.
... es war für uns von dem Gedanken getragen, dass wir alle gemeinsam einen neuen Weg beschreiten wollten, in dem der Mensch die Person sein konnte, die er wirklich war. Keine Rollenmaske, kein Versager, sondern ein Mensch wie du und ich.
... auch die Frage, wer Schwierigkeiten bekommt, wenn sich der Essgestörte verändert, ist für den therapeutischen Prozess mitunter sehr wichtig. Ich arbeitete mit therapeutischen Elementen, aber auch mit alltagstauglichen Empfehlungen.
Bei allen Essstörungen geht es darum zu lernen, sich etwas zu nehmen, es zu spüren und die Nahrungsaufnahme auszuhalten. Bei allen Essstörungen geht es darum, dass die Betroffenen Essen benutzen, um besser mit dem Leben klar zu kommen. Der Nahrung wird also eine andere Aufgabe zugewiesen, als nur die der Ernährung. Die Nahrung hat ursprünglich die Aufgabe den Menschen zu ernähren. Aber auch Genuss, um Sinnlichkeit zu leben."
Die letzten Sätze stammen aus einem Gespräch mit Jürgen Bosbach, der zusammen mit Rosel Bäker dieses Buch schrieb und nachhakte: "Rosel, kannst Du bitte noch einmal auf deinen Satz eingehen: 'Wenn man Nahrung aufgenommen hat, muss man dies auch aushalten können!"
Und, neugierig auf Rosels Antwort? Sie findet sich auf den Seiten 51 bis 54 dieses anregenden und aufschlussreichen Buches, in dem sich eine Mischung verschiedener Arten von Text plus einige schwarz/weiss Fotos versammeln: Da steht der Brief neben dem Interview, wird ein erläuternder Text unterbrochen von eingerahmten Merksätzen (etwa: 'Mein Essverhalten spiegelt meine Lebenssituation wieder!') und man findet auch diesen Einschub von Jürgen Bosbach, der mir ganz besonders gut gefällt, weil er Rosel Bäker (wie auch die Arbeit an diesem Buch) sehr schön charakterisiert:
"Wie unterbrechen die, wie wir später feststellten, insgesamt zwölfstündige Interviewarbeit und gönnen uns ein Essen. Ich bin von der Persönlichkeit Rosels überrascht. Tausend Gedanken und Fragen huschen durch meinen Kopf. Ihre Leben könnte ebenso gut der Stoff für einen Film sein.
Schade nur, denke ich, dass der Leser ihre Erzählweise nicht wahrnehmen kann.
Diese Lebendigkeit, mit der Rosel aus ihrem Leben und von ihrer umfassenden Berufserfahrung berichtet, kann schriftlich nur begrenzt wiedergegeben werden. Rosel erzählt so spannend, dass keine Minute mit ihr langweilig wird. Bereits nach den ersten Stunden mit ihr wurden mir einige grundlegende Dinge klar: Rosel ist eine exzellente Fachfrau, die wirklich den Titel einer Zeitzeugin für sich beanspruchen darf und sie ist eine Persönlichkeit, die Wege aus der inneren seelischen Not eines Menschen begleiten kann. Somit freue ich mich, schon während des Essens, auf den Nachmittag."
Bleibt nur noch hinzuzufügen, dass die Verschriftlichung von Rosels Erzählungen sehr gut geglückt ist.
Das Bad Herrenalber Modell gründet in der Vorstellung (wie die senegalesischen Wolof sagen) des Nit nit ay garabam - dass der Mensch des Menschen Arzenei sei, wie Walther Lechler in seinem Geleitwort ausführt: "Und Paracelsus betont: 'Und der Arzeneien höchste ist die Liebe.' Wer würde, wenn er in diese Erfahrung in sich inkarnieren durfte noch zögern, sich schlussendlich das Leben mit vollen Händen zu nehmen, das uns in Hülle und Fülle in jedem Augenblick zusteht."
Durch die Zusammenarbeit mit Walther Lechler und seinen Nachfolgern, durch viele kollegiale Gespräche und durch die Arbeit an sich selber, habe sie einen Reifegrad erreichen können, der ihr "fundierte, klare und einfach zu verstehende Aussagen" ermögliche, schreibt Rosel. Und: "Ich kann jetzt von mir behaupten, dass ich etwas zu sagen habe." Stimmt. Und es lohnt sich, ihr zuzuhören. Unter anderem wegen Sätzen wie diesen:
"Ich hatte eine wichtige Lektion gelernt: nämlich, meine eigene Vorstellung nicht auf einen anderen Menschen zu übertragen. Ich hatte begriffen, wie wichtig zuhören ist.
... es war für uns von dem Gedanken getragen, dass wir alle gemeinsam einen neuen Weg beschreiten wollten, in dem der Mensch die Person sein konnte, die er wirklich war. Keine Rollenmaske, kein Versager, sondern ein Mensch wie du und ich.
... auch die Frage, wer Schwierigkeiten bekommt, wenn sich der Essgestörte verändert, ist für den therapeutischen Prozess mitunter sehr wichtig. Ich arbeitete mit therapeutischen Elementen, aber auch mit alltagstauglichen Empfehlungen.
Bei allen Essstörungen geht es darum zu lernen, sich etwas zu nehmen, es zu spüren und die Nahrungsaufnahme auszuhalten. Bei allen Essstörungen geht es darum, dass die Betroffenen Essen benutzen, um besser mit dem Leben klar zu kommen. Der Nahrung wird also eine andere Aufgabe zugewiesen, als nur die der Ernährung. Die Nahrung hat ursprünglich die Aufgabe den Menschen zu ernähren. Aber auch Genuss, um Sinnlichkeit zu leben."
Die letzten Sätze stammen aus einem Gespräch mit Jürgen Bosbach, der zusammen mit Rosel Bäker dieses Buch schrieb und nachhakte: "Rosel, kannst Du bitte noch einmal auf deinen Satz eingehen: 'Wenn man Nahrung aufgenommen hat, muss man dies auch aushalten können!"
Und, neugierig auf Rosels Antwort? Sie findet sich auf den Seiten 51 bis 54 dieses anregenden und aufschlussreichen Buches, in dem sich eine Mischung verschiedener Arten von Text plus einige schwarz/weiss Fotos versammeln: Da steht der Brief neben dem Interview, wird ein erläuternder Text unterbrochen von eingerahmten Merksätzen (etwa: 'Mein Essverhalten spiegelt meine Lebenssituation wieder!') und man findet auch diesen Einschub von Jürgen Bosbach, der mir ganz besonders gut gefällt, weil er Rosel Bäker (wie auch die Arbeit an diesem Buch) sehr schön charakterisiert:
"Wie unterbrechen die, wie wir später feststellten, insgesamt zwölfstündige Interviewarbeit und gönnen uns ein Essen. Ich bin von der Persönlichkeit Rosels überrascht. Tausend Gedanken und Fragen huschen durch meinen Kopf. Ihre Leben könnte ebenso gut der Stoff für einen Film sein.
Schade nur, denke ich, dass der Leser ihre Erzählweise nicht wahrnehmen kann.
Diese Lebendigkeit, mit der Rosel aus ihrem Leben und von ihrer umfassenden Berufserfahrung berichtet, kann schriftlich nur begrenzt wiedergegeben werden. Rosel erzählt so spannend, dass keine Minute mit ihr langweilig wird. Bereits nach den ersten Stunden mit ihr wurden mir einige grundlegende Dinge klar: Rosel ist eine exzellente Fachfrau, die wirklich den Titel einer Zeitzeugin für sich beanspruchen darf und sie ist eine Persönlichkeit, die Wege aus der inneren seelischen Not eines Menschen begleiten kann. Somit freue ich mich, schon während des Essens, auf den Nachmittag."
Bleibt nur noch hinzuzufügen, dass die Verschriftlichung von Rosels Erzählungen sehr gut geglückt ist.
Rosel Bäker mit Jürgen Bosbach
Drei Mahlzeiten und dazwischen ist Leben
Rosels Tisch in der psychosomatischen Klinik Bad Herrenalb
Santiago Verlag, Goch 2010
Drei Mahlzeiten und dazwischen ist Leben
Rosels Tisch in der psychosomatischen Klinik Bad Herrenalb
Santiago Verlag, Goch 2010
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen