Henri Nouwen
Mittwoch, 30. April 2025
On Gratitude
Henri Nouwen
Sonntag, 27. April 2025
Wieder werden
Mittwoch, 23. April 2025
On Freedom
When a cow decides to stop nursing her calf, she isn't rejecting it. She knows it's time for the calf to be on its own. Although the calf might feel rejected and puzzled at first, it soon adapts to its new independence and freedom.
When
we feel rejected, it's useful to remember that whatever has caused us
to feel this way might have nothing to do with us. It might be a
reflection of what's happening with someone else, or just the end of
a natural stage in life, as with the calf.
When
we understand that others' actions toward us come from their own
feelings, and that we don't cause their feelings any more than they
control ours, we can free ourselves from a little bit of fear and
self-hate. We can see what seems to be rejection as an open door,
with our freedom on the other side.
Sonntag, 20. April 2025
Keine Zeit verlieren
Mittwoch, 16. April 2025
Aufbruch
Sonntag, 13. April 2025
Zehn Tage Schweigen
Mittwoch, 9. April 2025
Eine Frau, die trinkt
Sonntag, 6. April 2025
Leben & Sterben
Mittwoch, 2. April 2025
Stimmen im Kopf
Sonntag, 30. März 2025
Welterklärungen
Warum?, fragt das Kind. Und dann, weil ihm die Erklärung nicht genügt, gerade noch einmal: Warum? Warum? Warum?
Der Mensch braucht Erklärungen, will wissen, weshalb die Dinge sind, wie sie sind. Nur eben: Seine Erklärungen kümmern die Welt nicht, denn sie ist nun einmal wie sie ist, mit oder ohne unsere Erklärungen.
Mit unseren Welterklärungen wird uns mehr genommen als gegeben. Sie erklären nichts, setzen nur an die Stelle eines Geheimnisses eine Gewohnheit zu denken, schrieb Hans Albrecht Moser in "Vineta".
Es ist dies einer der Sätze, die mich schon seit Langem begleiten und ich immer wieder neu erfahre. Auch wenn ich davon ausgehe, dass der innerste Kern meiner Persönlichkeit mein Leben lang unverändert geblieben ist, meine Welterklärungen in jungen Jahren haben sich grundlegend gewandelt. So begriff ich einst die Juristerei als Ringen um die Wahrheit, heute sehe ich darin nur noch ein Geschäftsmodell. Ebenso die Psychologie, die Geschichte, die Soziologie ...
Auch wundere ich mich heutzutage zunehmend über den Schwachsinn, den wir verinnerlicht zu haben scheinen. So werden wir etwa ständig daran erinnert, dass jemand als unschuldig zu gelten habe, bevor er juristisch verurteilt worden sei, was zu Absurditäten führt wie "der mutmassliche Verdächtige". Zudem: Ein Täter, der bei der Tat gefilmt wurde, ist kein mutmasslicher Täter, sondern ein Täter. Es braucht keine Gerichte, um uns zu sagen, was wir alle selber sehen können. Sich von solcher Bevormundung zu verabschieden, täte uns allen gut.
Mittwoch, 26. März 2025
Vom Leben mit der Endlichkeit
Sonntag, 23. März 2025
Eine wahre Geschichte von Mord und Maskerade
Im Sommer 1998 bringt der
amerikanische Schriftsteller Walter Kirn einen behinderten Jagdhund
von Montana nach Manhattan – zu Clark Rockefeller, der den Hund via
Internet adoptiert hat. So beginnt die fünfzehn Jahre währende
Beziehung Kirns mit diesem reichen Sonderling, der sich dann jedoch
als Serienbetrüger, Kidnapper und eiskalter Mörder entpuppt. Auch
Walter Kirn selber wird als Opfer ausgelotet.
Bei dem
vermeintlichen Clark Rockefeller handelt es sich in Wahrheit um
Christian Gerhartsreiter, einen Psychopathen, den Kirn auf Anhieb
nervig fand, „ein putziger kleiner Hobbit, der sich selber für so
amüsant hielt, dass er etwas Wahnhaftes hatte.“ Er lässt sich von
Rockefeller/Gerhartsreiter in Restaurants und Clubs ausführen, in
seine Wohnung einladen („spartanisch und schmucklos ... die Kunst
an den Wänden aber war kühn und gewaltig“) und ist von seinen
Monologen hingerissen. Über Geld wird nicht gesprochen, auch dann
nicht, als Kirn für seine Aufwendungen mit einem Check entschädigt
wird, der nicht einmal die Hälfte seiner Ausgaben deckt.
Christian
Gerhartsreiter, geboren 1961 im oberbayerischen Siegsdorf, geht mit
ganz unterschiedlichen Identitäten („Alles war kopiert,
angeeignet, nachgemacht ...“) durchs Leben. Als er durch Scheidung
das Sorgerecht über seine Tochter verlor, kidnappte er diese,
woraufhin er zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt
wurde. Während des Prozesses wurden verschiedene Aliase des falschen
Rockefellers aufgedeckt. In der Folge wurde er angeklagt, 1985 John
Sohus, den Adoptivsohn seiner damaligen Wohnungsvermieterin ermordet
zu haben. Heute sitzt der zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe
Verurteilte im Gefängnis von Los Angeles ein.
Walter Kirns
Tatsachenbericht „Blut Will Reden“ beschreibt einerseits die Welt
des Hochstaplers Gerhartsreiter und liefert damit ein eindrückliches
Gesellschaftsporträt: „Im Showgeschäft, das die eigene
Verlogenheit offen zur Schau stellt, hatte der aus Kalifornien
Geflohene nicht landen können, aber an der Wall Street kam er
gigantisch gut an.“
Andererseits versucht dieses Buch zu
ergründen, wie der abstinente Alkoholiker Kirn auf diesen
Psychopathen hereinfallen konnte. „Clark erkannte ein perfektes
Opfer, wenn er eins vor sich sah ...“). Doch was war es, das Kirn
zum Opfer machte? Hatte es damit zu tun, dass er Ritalin nahm? Diese
Tabletten riefen nämlich „ eine Stimmung hervor, in der ich wahl-
und unterschiedslos jederzeit zu allem bereit war.“ Oder hatte ihn
womöglich sein Geltungsbedürfnis zur Zielscheibe gemacht?
Der
Gründe sind wie immer viele. Auch des Hochstaplers Regiearbeit (und
nicht etwa seine schauspielerischen Fähigkeiten): „... der Einsatz
bestimmter Requisiten und die Art, wie er sich atmosphärische
Schwingungen zunutze machte“ trug dazu bei, dass sich Kirn
verführen liess. Wie auch die Tatsache, dass Clark literarisch hoch
gebildet und ein begabter Causeur war. „Das Essen war nichts
Besonderes, das Gespräch aber, als ich mich erst einmal darauf
eingelassen hatte und Clark in Fahrt gekommen war, liess sich mit
nichts vergleichen.“
Nicht unwesentlich dafür, dass Kirn
auf Clark hereingefallen ist, ist natürlich auch, dass so ein
Rockefeller-Zugang wunderbares Material für eine Geschichte, das
Brot des Schriftstellers, liefert. Wie sehr man sich dafür verbiegen
kann, beschreibt Walter Kirn einfühlsam, selbstkritisch und
schonungslos: „Ich hatte mich ebenso sehr angestrengt, hinters
Licht geführt zu werden, wie er daran gearbeitet hatte, mich hinters
Licht zu führen. Ich war kein Opfer; ich war Mittäter.“
Walter Kirn
Blut Will
Reden
Eine wahre Geschichte von Mord und Maskerade
C.H. Beck, München 2014
Mittwoch, 19. März 2025
Unselfish actions
Sonntag, 16. März 2025
Meine liebsten Schopenhauer-Zitate
Daß uns der Anblick der Tiere so ergötzt, beruht hauptsächlich darauf, daß es uns freut, unser eigenes Wesen so vereinfacht vor uns zu sehn.
Die Wilden fressen einander – die Zahmen betrügen einander.
Wenn Erziehung und Ermahnung irgend etwas fruchteten, wie könnte dann Senecas Zögling ein Nero sein?
Ein guter Vorrat an Resignation ist überaus wichtig als Wegzehrung für die Lebensreise.
Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.
Was das Herz nicht aufnimmt, lässt der Verstand nicht rein.
Wir sollten stets eingedenk sein, dass der heutige Tag nur einmal kommt und nimmer wieder.
Die Wichtigkeit der Gegenwart wird selten sofort erkannt, sondern erst viel später.
Der Morgen ist die Jugend des Tages. Alles ist heiter, frisch und leicht. Wir fühlen uns kräftig und haben alle unsere Fähigkeiten zu völliger Disposition. Man soll ihn nicht durch spätes Aufstehen verkürzen, noch auch an unwürdige Beschäftigungen oder Gespräche verschwenden, sondern ihn als die Quintessenz des Lebens betrachten und gewissermaßen heilig halten.
Ich fand eine Feldblume, bewunderte ihre Schönheit, ihre Vollendung in allen Teilen, und rief aus: „Aber alles dieses, in ihr und Tausenden ihresgleichen, prangt und verblüht, von niemandem betrachtet, ja oft von keinem Auge auch nur gesehn.“ Sie aber antwortete: „Du Tor! Meinst du, ich blühe, um gesehn zu werden?“
Ich weiß mir kein schöneres Gebet, als das, womit alt-indische Schauspiele schließen: „Mögen alle lebenden Wesen von Schmerzen frei bleiben“.
Mittwoch, 12. März 2025
Was mir so durch den Kopf geht
Auf der Avenue de la Gare in Annemasse geht mir unvermittelt Alain Delon durch den Kopf. Keine Ahnung weshalb, nach Gründen suche ich nicht; mir genügt, zu konstatieren, was geschieht. Zwei Tage später lese ich, er sei im Alter von 88 Jahren gestorben.
Mir ist Ähnliches auch schon passiert, doch Nein, ich habe kein spezielles Sensorium für bevorstehende Todesfälle, ganz im Gegenteil: So habe ich schon einigen Kotzbrocken den Tod gewünscht (und tue es immer mal wieder), ohne dass dieser dann auch eingetreten wäre.
Nichts empfinde ich als eigenartiger als was mir so durch den Kopf geht. Es ist selten, dass ich darauf achte; meistens merke ich nichts davon, obwohl mein Hirn ständig aktiv ist.
Nicht nur mein Hirn, auch mein Gedächtnis ist selbstständig unterwegs. Es tut, was es will. Was ich nicht vergessen möchte, vergesse ich zumeist; was mir hingegen vollkommen unwichtig scheint, geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Doch natürlich ist es komplizierter. Das sage ich immer, wenn es mir nicht wirklich erklärlich ist.
Ich lese gerade eine Cioran-Biografie, von der mir hauptsächlich bleibt, was die meisten wohl als Nebensächlichkeiten bezeichnen würden. Etwa, dass sein Alptraum eine Moschee in jedem Quartier gewesen sei. Oder, dass zu seinen Idolen Shakespeare, Bach, Beethoven, Dostoevskij und Nietzsche gehörten. Oder, dass er die Soziologie verachtete und auch von der Philosophie wenig hielt, da sie nichts anderes als Fragen stelle und ihre Antworten immer zweifelhaft seien.
Im Internet stosse ich auf eine 96Jährige, die unter anderem sagt, alles sei nichts als Sternenstaub, der Mensch genauso wie der Baum und der Komposthaufen. Nur die Form sei verschieden. Eine befreiende Einsicht.
Sich mit dem zu befassen, was einen die Schule, die Gesellschaft und die Massenmedien lehren, erfüllt mich zunehmend mit Verachtung und Abscheu. Sich mit dem zu befassen, was gerade ist (etwa dem Wunder, dass ich atmen, sehen und fühlen kann), erfüllt mich hingegen mit Staunen und Dankbarkeit.
Sonntag, 9. März 2025
Dieses Buch wird Ihr Leben retten
Dieses Buch wird Ihr Leben retten ist der Titel eines Romans von A.M. Homes, aus deren The Mistress’s Daughter mir dieser Satz nicht mehr aus dem Kopf geht: „It’s easier to really look at someone in a photograph than in real life – no discomfort at meeting the other person’s eye, no fear of being caught staring.“ Und auch dieser ist mir geblieben: „There goes my ass.“ So kommentiert sie den Hintern und dann den Körperbau ihres Vaters: „He is an exact replica, the male version of me.“
Auch in Dieses Buch wird Ihr Leben retten, das in Los Angeles spielt, gibt es Sätze, die überaus treffend Wesentliches auf den Punkt bringen.
„Wir sind Teile einer langen Kette bestehend aus vielen Vorfahren und führen nun weiter, was diese in uns angelegt haben.“
„Indem er ihr sagt, was sie tun muss, sagte er sich selbst, was er tun muss.“
„Er fasst nicht, dass er das gesagt hat – er klingt genau wie sein eigener Vater.“
„Er wird neu beginnen. Jeden Tag wird er wieder neu beginnen.“
„Die Menschen sollten besser hinsehen. Alle wollen sie Aufmerksamkeit, aber keiner will Aufmerksamkeit schenken.“
„In Amerika ist jeder Jemand. Sie haben so viel und wollen alle noch mehr. In meinem Land sind wir alle Niemand; das ist einfacher. Hier versuchen alle immer, jemand anderes zu sein. Sie gehen zum Arzt und bekommen eine neue Nase, bekommen eine grössere Büste – warum sind sie nicht zufrieden, dass sie eine Nase haben, die funktioniert, und immer schönes Wetter?“
„Wir sind alle gute Menschen, wenn wir wollen, sonst sind wir gottverdammte Tiere. In der Realität gibt es keinen VIP-Raum, und in dieser Stadt gibt es keine Realität. Man kann sich die Antworten nicht ergoogeln. Die Leute reden immer so was wie, ‚dann fängt das Leben richtig an‘ – dein Leben HAT längst angefangen.“
„Am meisten staune ich wohl über meine Gedankengänge, wie etwas in einem Moment so wichtig sein kann, und dann, einen Augenblick später, erinnere ich mich nicht mehr, was das war, von dem ich sicher war, ich würde es nie vergessen.“
„Mir gefällt die Vorstellung, dass die Natur zurückkommt und uns in den Arsch tritt.“
„ …und plötzlich ist er bei der Sache, er lenkt sich von seinem Abgelenktsein ab.“
Mittwoch, 5. März 2025
Eine unverhoffte Entdeckung
Im November 1998 las ich Nelson DeMilles In den Wäldern von Borodino, worüber die New York Times schrieb: "Kein Spionageroman ist jemals so tief in die russische Seele eingedrungen." Und die Washington Post behauptete: "Der beste Roman seit 'Gorki Park'". Im Sommer 2024 las ich diesen wirklich spannenden und erhellenden Roman von Neuem und stiess dabei auf der letzten Seite auf diese Passage: "... und du erklärst mir, warum die Leute so gerne Gogol lesen. Da lernt jeder von uns Dinge, die dem anderen am Herzen liegen."
Unverzüglich stellte ich mich vors Bücherregal, griff mir Gogols Die toten Seelen (eines der vielen Bücher, die bei mir rumstehen, damit sie später einmal, im Alter!, gelesen werden. Nun ja, alt genug bin ich mittlerweile) heraus, begann zu lesen – und war hingerissen, auch weil der Erzähler ständig erklärt, was und warum er etwas so und nicht anders schildert. "Aber der Verfasser hat es nun einmal gern, in allem und jedem möglichst genau und umständlich zu sein, und wünscht, ungeachtet dessen, dass er selber ein Russe ist, so peinlich und pedantisch wie ein Deutscher vorzugehen."
Von Büchern, die ich mir fürs Alter vorgenommen habe, erwarte ich eher belehrt als unterhalten zu werden. Warum das so ist, weiss ich nicht, jedenfalls verbinde ich mit Weltliteratur eher Pflicht als Freude. Und Lust eigentlich gar nicht. Obwohl ich einige Klassiker in allerbester Erinnerung habe, ganz besonders Dostojewskis Idiot, Henry David Thoreaus Walden und natürlich Melvilles Bartleby, der Schreiber.
Gogols Die toten Seelen machen mich ständig schmunzeln, was auch daran liegt, dass mir hier eine Sichtweise vermittelt wird, die mich die Dinge anders als gewohnt sehen lässt, die mich überrascht und mit Freude erfüllt. "Ihn interessierte nicht, was er las, sondern vielmehr das Lesen an sich, oder genauer, der Prozess des Lesens selbst, nämlich der Umstand, dass sich aus den einzelnen Buchstaben immer wieder irgendein Wort bildete, deren Bedeutung allerdings mitunter nur der Teufel begreifen konnte."
Es sind die Perspektivenwechsel, deren sich der Autor bedient, die mich so recht eigentlich alles neu sehen lässt. "Zum Herrenhaus, das völlig vereinsamt auf einer Anhöhe lag, hatten sämtliche Winde, denen es nur irgendwie einfallen mochte zu blasen, freien Eintritt."
Soweit meine Erfahrungen mit den ersten Seiten dieses Werks, die zur Folge haben, dass ich – jedenfalls in diesem Moment – das Dasein mit neuer Verwunderung wahrnehme und mit Zuneigung begreife.
Sonntag, 2. März 2025
Die Wurzeln des Glücks
Wie die Natur unsere Psyche schützt lautet der Untertitel und ist auch der Grund, weswegen ich mich für dieses Buch interessiere. Ich habe schon viel über das Verhältnis Natur und Mensch gelesen und darunter viel Anregendes, doch der Begriff der „Naturdefizit-Störung“ von Richard Louv war für mich neu. „Er beschreibt den Preis, den der Mensch angesichts seiner mangelnden Verbindung zur Natur zahlt: eine Unterentwicklung der Sinne, Konzentrationsschwierigkeiten und die Zunahme von körperlichen und seelischen Krankheitsbildern.“ Diese Abspaltung, die auch in vielen anderen Bereichen charakteristisch für den modernen Menschen ist, scheint mir die Hauptkrankheit unserer Zeit.
„Doch trotz unserer Entfremdung beziehen wir uns noch immer auf die Natur. Sogar im Internet: ‚Web‘ (‚Netz‘), ‚Stream‘ (‚Strom/Fluss‘), ‚Bug‘ (Käfer‘). Linguistisch und mental sind wir stark mit der Natur verwoben …“. Dies auch praktisch zu erfahren, ist natürlich noch einmal etwas anderes. „Kein Arzt hatte mir ‚Natur‘ verschrieben oder mir angeraten, Zeit im Freien zu verbringen. Ich war mehr oder weniger darüber gestolpert. Doch ich stellte zusehends fest, dass ich die Natur brauchte und ähnlich von ihr Gebrauch machte wie vom Alkohol, der mich früher benebelt hatte. Grosses Plus: Von der Natur bekommt man keinen Kater.“
Bereits in den 1760ern habe man geglaubt, dass die Erde sich positiv auf psychisch Kranke auswirken würde. Dass Erde in der Tat wohltuend ist, wissen auch Kinder. „Alle Babys, die man sich selbst überlässt, essen Erde“, so Graham Rook, emeritierter Professor und medizinischer Molekularbiologe vom University College London. Auch Erwachsene schätzen den erdigen Geruch nach einem Regenschauer, wenn die Pflanzen bestimmte Öle in die Luft abgeben. Geosmin heisst die organische Verbindung, die für den metallischen Geruch der Erde verantwortlich ist.
Dass sich die Natur positiv auf unser Wohlbefinden auswirkt, lässt sich übrigens messen. Roger Ulrich, Architekturprofessor des schwedischen Center for Healthcare Architecture Research der Chalmers University of Technology, hat herausgefunden, dass bei Patienten, die nach der OP auf Bäume blicken konnten, kürzere Krankenhausaufenthalte, weniger negative Vermerke der Pfleger sowie geringere Schmerzmitteldosen die Folge waren.
Schon einmal von E.O. Wilson gehört? Mir war er bislang als Sozialbiologe bekannt, der sich vor allem mit Insekten befasst hat. Jetzt lerne ich (und das ist höchst spannend erzählt), dass er als junger Teenager ein Auge verlor, so dass ihm nur noch ein kurzsichtiges Auge blieb und er deswegen seine Vogel-, Frösche- und Bären-Beobachtungen aufgeben und sich Wesen zuwenden musste, die sich aus der Nähe betrachten liessen. Und so begann seine Erforschung der Ameisen, die ihn weltberühmt machen sollte.
In seinem 1984 erschienen „Biophilia“ befasste er sich mit der Frage, ob die Menschheit mit der Ausbeutung der Natur ihre geistige Gesundheit verliert. „Wenn eine unserer Hauptaufgaben darin bestand, so Wilson, geeigneten Lebenstraum zu finden, ist es sehr wahrscheinlich, dass unsere Gehirne und Sinne dafür hilfreiche Charakteristika herausgebildet haben. Der moderne Mensch – Sie, ich, wir alle – kommt nicht auf die Erde, als stiege er aus einem Zug. Unser Fleisch und Blut und unsere DNA und Gedanken und Vorlieben werden von der Vergangenheit geprägt.“ Sich auf diese Einsicht wirklich einzulassen, bedeutet, das Leben zu verstehen: Unsere Existenz ist eingebettet in ein grösseres Ganzes.
Es gibt ja heute kaum mehr ein Phänomen, zu dem nicht geforscht wird. Lucy F. Jones erwähnt auch den Psychologen Dacher Keltner von der University of California in Berkeley, der die Emotion des Staunens untersucht hat. „Wenig überraschend stellte Keltner fest, dass Staunen zu gesteigertem Glücksempfinden führt und Stress reduziert.“ Staunen, es versteht sich, kann man über das, was man wahrnimmt bzw. wahrnehmen kann. Schwinden die Lebensräume, schwinden auch die Möglichkeiten des Staunens und der Welterfahrung. Staunen hat auch das Potential, unser Interesse von uns selbst weg, zu anderen hin zu führen. Und ist damit ein Gegenmittel gegen den grassierenden Narzissmus, der sich auch oft in Süchten entlädt, bei denen das Kreisen ums eigene Ego zentral ist.
Die Forschung zeige, so Lucy F. Jones, dass wir alle zum Erhalt unserer geistigen Gesundheit in irgendeiner Form auf die Natur angewiesen sind. „Ohne Zugang zu naturbelassenen Landschaften und der gesamten Bandbreite an Biodiversität, zu Blumen, Pflanzen, Tieren und Bäumen, können wir uns sehr viel weniger effektiv erholen, Ruhe und psychische Nahrung finden.“ Es gilt einzuhalten und dies zu bedenken. Jetzt, denn uns rennt die Zeit davon, wie Klimaforscher und Wissenschaftler uns schon lange predigen.
Die Wurzeln des Glücks ist eine faszinierende, informative und überaus anregende Lektüre.
Mittwoch, 26. Februar 2025
Kindness Award
The majority of us lead quiet, unheralded lives as we pass through this world. There will most likely be no ticker tape parades for us, no monuments created in our honor. But that does not lessen our possible impact, for there are scores of people waiting for someone just like us to come along; people who will appreciate our compassion, our encouragement, who will need our unique talents. Someone who will live a happier life merely because we took the time to share what we had to give. Too often we underestimate the power of a touch, a smile, a kind word, a listening ear, an honest compliment, or the smallest act of caring, all of which have the potential to turn a life around. It's overwhelming to consider the continuous opportunities there are to make our love felt.
Leo Buscaglia