Bin ich froh, dass es Morgen regnet, sagt der ältere Mann, so muss ich nicht aus dem Haus. Davon, dass es angeblich kein schlechtes Wetter gibt, sofern man sich richtig anzieht, ist er offenbar wenig beeindruckt. Und meine Sympathie hat er obendrein, denn die, die alles unbedingt positiv sehen wollen, sind meines Erachtens Zwangsneurotiker (umgangssprachlich, nicht medizinisch gemeint), die besser unter sich bleiben.
Verblüffend ist es ja schon, dass man (klar doch, ich spreche von mir) bei schönem Wetter, das Gefühl hat, man müsse/sollte aus dem Haus. Auch so ein Zwang. Obwohl es selten geschieht, dass, wenn man dieser inneren Stimme nachgibt, enttäuscht nach Hause kommt. Vielleicht hat ja das Sich-Überwinden etwas Gutes? In meinem Falle schon, ich würde sonst oft nicht einmal aufstehen.
Santa Cruz do Sul, am 27. Dezember 2023
In der Nacht muss es gestürmt haben, abgerissene Äste liegen auf der Strasse. Ich stehe am offenen Fenster und höre dem Regen zu. Das ist magisch. Wie immer am frühen Morgen lassen sich auch zahlreiche Vögel vernehmen. Die scheinen ein ähnliches Mitteilungsbedürfnis zu haben wie wir Menschen. Regen beruhigt, denkt es grad in mir, als ein markerschütterndes Donnergrollen ertönt, das in mir die Vorstellung hochkommen lässt, im Nebengebäude sei eine Bombe eingeschlagen.
Laut der Wettervorhersage wird der Regen heute andauern und wie der eingangs erwähnte ältere Mann bin ich froh, dass ich drinnen bleiben und ohne Schuldgefühle einfach lesen kann, schliesslich will ich dieses Buch, das ich aus mir unerfindlichen Gründen zu lesen begonnen habe, endlich zu Ende bringen. Soviel zu meinen Versuchen, mich von den (zumindest teilweise) selbst auferlegten Lebenszwängen zu befreien.
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