Mit "Den Geist jung halten und zwanzig Jahre länger leben" preist der Verlag dieses Buch an, und in mir denkt es, die Gier nach immer besser und immer mehr, macht offenbar vor gar nichts Halt. Wer, um Himmels Willen, will bloss zwanzig Jahre länger leben?! Also ich definitiv nicht. Ob sich meine Biologie davon beeinflussen lässt, ist natürlich eine ganz andere Frage. Autor Jörg Blech sieht das anders: "Je besser wir die wahren Bedürfnisse unseres Körpers kennen, umso beflügelter werden wir sein, sie ihm auch wirklich zu erfüllen."
Als der 70jährige Hirnchirurg Henry Marsh Bilder seines Gehirns auf dem Computer Monitor betrachtete, sah er eine geschrumpfte und verwelkte Version dessen, was es einstmals gewesen war. Mit anderen Worten: Wie auch immer man sich fühlen mag (und die meisten bleiben dabei sowieso in der Pubertät stecken), biologisch altern wir. Sicher, ein gesunder Lebensstil wird die Auswirkungen des Alterns verzögern. Doch ist ein langes Leben wirklich eine gute Sache? So meinte Schopenhauer: "Ein sehr langes Leben zu begehren, ist jedenfalls ein verwegener Wunsch. Denn: wer lange lebt, hat viel Leid zu ertragen, sagt das spanische Sprichwort."
Autor und Medizinjournalist Jörg Blech ist studierter Biologe und sieht das weniger philosophisch als praktisch und wird offenbar viel gelesen. Sein Die Heilkraft der Bewegung ist ein Klassiker, wie dem Klappentext zu entnehmen ist. Kein Wunder, preist er auch im vorliegenden Buch die Bewegung – zu Recht, wie das einem ja auch der gesunde Menschenverstand sagt. Zudem ist dieses Buch vielfältig informativ, beschränkt sich nicht nur auf gute Ratschläge, sondern regt auch an, sich mit seinem Leben auseinanderzusetzen.
Die Erkenntnisse des Autors, dem es wesentlich darum geht, wie man den Körper gesund halten kann, sind das Resümee seiner 25 Jahre als Medizinjournalist. "Das Buch ist das Fazit der wissenschaftlichen Studien zum Thema Gesundheitsprävention." Und darüber hinaus didaktisch gut aufgebaut, mit jeweils einem Zwischenfazit am Kapitelende.
"Zu Leib und Seele kursieren viele Vorstellungen, die wissenschaftlich nicht mehr haltbar sind." Das wundert nicht wirklich, ist doch die Wissenschaft (wie alles andere auch) in ständiger Veränderung begriffen. Allerdings: "Trugschlüsse und Irrtümer der Medizin sind schwer zu erkennen, weil sie einleuchtend klingen, auch von Ärzten weitergetragen werden und im öffentlichen Bewusstsein fest verankert sind." So werden etwa Patienten nach Diagnosen routinemässig zur Passivität angehalten, obwohl Aktivität der Genesung förderlich wäre.
Was kann man ändern, was nicht? Gemäss Jörg Blech, der sich dabei auf wissenschaftliche Studien beruft, können wir durch Muskeltraining das Tempo der Alterung steuern. Die Muskulatur ist nämlich sehr wandelbar. "So schnell sie bei Passivität schrumpft, so schnell erholt sie sich, wenn sie beansprucht wird." Da diese Fähigkeit zur Regeneration bis ins hohe Alter erhalten bleibt, ist es also nie zu spät, seine Muskeln zu stärken.
Ganz besonders geschätzt habe ich die Aufklärungen zum Immunsystem, weil überaus anschaulich geschildert wird, wie die Körperabwehr funktioniert, wobei auch darauf hingewiesen wird, dass man dieses einzigartige System von Schutzmechanismen noch nicht wirklich versteht. Am Rande. Erst 1989 wurde die Erkenntnis gewonnen, dass "eine Immunreaktion nicht einfach durch alles beliebige Fremde ausgelöst werden kann", wie Daniel M. Davis in Heilen
aus eigener Kraft festgehalten hat.
Wer sich gesund ernähren will, sollte vor allem den Zucker meiden wie auch ultraverarbeitete Nahrung. Und da man wegen der leicht verdaulichen Kohlehydrate auch auf Kartoffeln, Reis, Nudeln und Brot verzichten sollte, kann man sich schon fragen, was man eigentlich noch essen darf, sofern man schlank und rank bleiben will. "Statt Medizin zu nehmen, faste heute lieber!", riet bereits Plutarch; man kann sich allerdings auch von der Zeitfenster-Methode ("Man beschränkt das Essen auf ein Zeitfenster von sechs bis maximal zwölf Stunden pro 24-Stunden-Zyklus.") anleiten lassen. "Im erlaubten Zeitfenster darf man so viel essen, wie man will – trotzdem wird man dünner."
Übrigens: Fette werden zu Unrecht verteufelt, Junkfood macht süchtig, Übergewicht ist ein Risikofaktor, Gesund durch Zuversicht ....Masterplan Gesundheit lässt nichts aus. Doch Achtung: "Das Buch ersetzt keinen Besuch in der Praxis und kein beratendes Gespräch mit einem Arzt/einer Ärztin. Autor und Verlag übernehmen deshalb keinerlei Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich direkt oder indirekt aus Nutzung, Übernahme und Verwendung der im Buch enthaltenen Informationen ergeben. Im Zweifelsfall holen sie sich bitte vorher ärztlichen Rat", informiert der Verlag.
Fazit: Ein nützliches Buch, das hilft, beim nächsten Arztbesuch gute Fragen zu stellen.
Jörg Blech
Masterplan Gesundheit
Was Körper und Geist brauchen, um lange jung und fit zu bleiben
DVA, München 2023
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