Silvia Aeschbach, geboren 1960, von Beruf Journalistin, berichtet in Leonardo DiCaprio trifft keine Schuld von ihren Panikattacken und wie sie gelernt hat, mit ihnen umzugehen.
Die erste dieser Attacken hatte sie mit siebzehn, während eines Aufenthalts in Korsika. Sie beschreibt sie so: "Die Farben des Himmels und der Bäume erschienen mir unerträglich grell, die Grillen zirpten nicht mehr melodisch, sie kreischten richtiggehend. Der Waldboden, der eben noch so gut nach Moos gerochen hatte, stank plötzlich nach Moder. Ich nahm alles wie durch einen Filter wahr, einen Filter, der die Umgebung nicht in ein angenehmes, weiches Licht tauchte, sondern die Bilder verzerrte. Eine Kälte, wie ich sie vorher nicht kannte, erfasste mich. Noch vor fünf Minuten war mir der Schweiss in Strömen heruntergelaufen, und jetzt hatte ich das Gefühl, in einem Eisblock zu stecken. Für einen Moment schien mein Herz stehen zu bleiben, doch dann begann es noch wilder zu rasen. Meine Gedanken taten dasselbe: Ich wusste plötzlich nicht mehr, wo ich war und, noch schlimmer, wer ich war."
Angst hat Silvia Aeschbach nicht nur vor den Attacken, sondern auch davor, dass die Mitschüler ihr etwas anmerken könnten. "Die Vorstellung, dass jemand etwas von meiner Panik mitbekam, war fast so schlimm wie die Panik selber."
Wie alle, die mit unangenehmen, irritierenden, Angst auslösenden Gefühlen geschlagen sind, versucht sie die Orte und Situationen, in denen solche hochkommen könnten, zu vermeiden. Die Vorstellung, sie könne irgendwo nicht wegkommen, führte dazu, dass sie etwa Tunnels grosszügig umfuhr und bei Gebäuden automatisch checkte, wo es für den Notfall Ausgänge gab. Doch: "Die Sicherheit, die ich mir aufgebaut hatte, war trügerisch, das Leben liess sich letztlich nicht kontrollieren."
Als ihr ein Arzt die Diagnose "Panikattacke" mitteilt, ist sie erleichtert. "Zum ersten Mal fühlte ich mich in meiner Not verstanden. Die Panik war nicht Ausdruck einer Geisteskrankheit wie ich immer befürchtet hatte, sondern das Resultat meines überbordenden vegetativen Nervensystems und einer Übersensibilität aufgrund seelischer Überforderung und vielleicht war auch eine genetische Prägung mitschuldig."
Wie alle, die mit unangenehmen, irritierenden, Angst auslösenden Gefühlen geschlagen sind, versucht sie die Orte und Situationen, in denen solche hochkommen könnten, zu vermeiden. Die Vorstellung, sie könne irgendwo nicht wegkommen, führte dazu, dass sie etwa Tunnels grosszügig umfuhr und bei Gebäuden automatisch checkte, wo es für den Notfall Ausgänge gab. Doch: "Die Sicherheit, die ich mir aufgebaut hatte, war trügerisch, das Leben liess sich letztlich nicht kontrollieren."
Als ihr ein Arzt die Diagnose "Panikattacke" mitteilt, ist sie erleichtert. "Zum ersten Mal fühlte ich mich in meiner Not verstanden. Die Panik war nicht Ausdruck einer Geisteskrankheit wie ich immer befürchtet hatte, sondern das Resultat meines überbordenden vegetativen Nervensystems und einer Übersensibilität aufgrund seelischer Überforderung und vielleicht war auch eine genetische Prägung mitschuldig."
Die Panik wird zu einem ihrer Lebensthemen. Sie macht sich auf die Suche, sie will wissen, woher ihre Ängste kommen. Sie identifiziert einiges: die Angst vor dem Verlassenwerden, dass auch ihre Mutter unter der Angstkrankheit litt, dass Angstgefühle anderen Gefühlen (etwa Verliebtheit oder Erfolgserlebnissen) weichen konnten. Sie hält sich für übersensibel, kontrollsüchtig, hypochondrisch. Und konstatiert: "Gefühlsmässig ging es wie immer um Leben oder Tod. Schwarz oder Weiss. Alles oder nichts."
Geholfen haben ihr letztlich, schreibt sie, Antidepressiva sowie die kognitiv-therapeutische Behandlung bei einem Psychiater, dem sie vertraute. Mein Eindruck hingegen war, dass eine Besserung eintrat, als Silvia Aeschbach begann, sich nicht mehr gegen das Leben, so wie es nun einmal ist, zu wehren, sondern es (inklusive der Ängste) hinzunehmen: "Inzwischen weiss ich, dass Flucht keine Lösung ist. Ich muss die Panik kommen lassen, dann geht sie von selber vorbei. Es klingt paradox, aber je mehr ich mich wehre, desto erbarmungsloser schlägt sie zu."
Es erfordert Mut, gegen die Hauptsorge von uns allen, "Was werden bloss die anderen denken?", anzugehen. "Leonardo Di Caprio trifft keine Schuld" zeugt von diesem Mut.
Geholfen haben ihr letztlich, schreibt sie, Antidepressiva sowie die kognitiv-therapeutische Behandlung bei einem Psychiater, dem sie vertraute. Mein Eindruck hingegen war, dass eine Besserung eintrat, als Silvia Aeschbach begann, sich nicht mehr gegen das Leben, so wie es nun einmal ist, zu wehren, sondern es (inklusive der Ängste) hinzunehmen: "Inzwischen weiss ich, dass Flucht keine Lösung ist. Ich muss die Panik kommen lassen, dann geht sie von selber vorbei. Es klingt paradox, aber je mehr ich mich wehre, desto erbarmungsloser schlägt sie zu."
Es erfordert Mut, gegen die Hauptsorge von uns allen, "Was werden bloss die anderen denken?", anzugehen. "Leonardo Di Caprio trifft keine Schuld" zeugt von diesem Mut.
Silvia Aeschbach
Leonardo DiCaprio trifft keine Schuld
Panikattacken mit Happy End
Wörterseh Verlag, Gockhausen 2014
Leonardo DiCaprio trifft keine Schuld
Panikattacken mit Happy End
Wörterseh Verlag, Gockhausen 2014
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