"Du bist dem Universum scheissegal!" Mit diesem zutiefst wahren Satz beginnt Mind Magic des 1955 geborenen Neurochirurgen und an der Stanford University lehrenden James R. Doty, der sich dann jedoch leider bemüssigt fühlt, darauf hinzuweisen, dass dies keineswegs bedeute, dass wir nicht wertvoll seien oder nicht mir dem Kosmos im Einklang stünden. Hätte er es doch dabei belassen, dass wir dem Universum gleichgültig sind, denn dies ist eine nachweisbare Tatsache und alles andere nicht.
"Derselbe Geist, der uns auf dem Weg zum Leben, nach dem wir uns sehnen, Knüppel zwischen die Beine wirft, ist auch die Quelle der Intention, die das Leben, das wir uns wünschen, Realität werden lässt. Das ist das wahre Geheimnis", schreibt er. Dies impliziert, dass es an uns liegt, wie wir unser Leben gestalten. "Bei der Manifestation geht es darum, einen unerschütterlichen Glauben an Möglichkeiten zu entwickeln."
Die Praxis der Manifestation ist nichts Neues, sondern mehrere Tausend Jahre alt. Sie geht auf die Idee zurück, dass unsere Gedanken für die Erfahrungen, die wir machen, ursächlich sind und sie bestimmen. "Gute Gedanken führen zu positiven Erfahrungen, negative Gedanken zu negativen Erfahrungen." Diese an sich einleuchtende Vorstellung existiert natürlich nicht im luftleeren Raum, sondern ist von der Zeit und den Werten dieser Zeit geprägt. Heutzutage also vom Geld, von Materiellem, vom Erfolg.
Dem Neurochirurgen James R. Doty geht es allerdings um etwas anderes. Die kognitive Neurowissenschaft hat uns nämlich gezeigt, "dass Manifestation weder ein Programm ist, mit dem man schnell reich werden kann, noch ein falsch verstandenes 'Wunscherfüllungssystem', sondern Teil der aussergewöhnlichen Fähigkeit unseres Hirns, sich zu verändern, zu heilen und neu zu gestalten – auch bekannt als Neuroplastizität."
Es ist ein eigenartig Ding mit all diesen Büchern, die uns glauben machen wollen, unser Schicksal läge in unserer Hand. Dass es (womöglich) auch in unserer Hand liegt, erachte ich zwar für plausibel (was jedoch noch lange nicht heisst, dass es auch so ist), doch in welchem Masse entzieht sich mir. Jedenfalls: All diesen Büchern ist gemein, dass der Autor oder die Autorin auf ein Ereignis (meist in der Jugend) Bezug nimmt, das entscheidend für den späteren Werdegang gewesen ist.
Bei James R. Doty war es sein Zusammentreffen mit der liebenswürdigen Ruth, mit deren Hilfe der junge James sich seiner inneren Kraft bewusst wurde. "Ich entdeckte, dass ich ein Gehirn besass, das sich umgestalten liess – mithilfe von Wiederholung und Intention – neu neuronale Vernetzung schaffen konnte, in Richtung meiner eigenen Heilung."
Viele Jahre manifestierte sich jedoch etwas ganz anderes in seinem Leben: Der Junge aus mittellosen Verhältnissen wurde Arzt und Unternehmer und enorm erfolgreich – und ging dann Bankrott. Er hatte Ruths Weisheit vergessen. Das, was wir uns wünschen, ist nicht immer das Beste für uns. Dass man, ohne dass man massiv auf die Schnauze fällt, nicht zu Sinnen kommt, ist kein Klischee, sondern die Realität, die James R. Doty erlitten hat. Von dem zweiten Leben, das dadurch möglich wurde, berichtet er in diesem Buch, mit dem er dazu anleiten will, wie wir das erreichen können, was unserer Natur entspricht.
Es finden sich in diesem Buch auch viele Fallbeispiele, wobei ich mich des Eindrucks nicht immer erwehren konnte, es werde hier Erfolg und Positives etwas gar überschwänglich zelebriert – und (recht eindimensional) auf die eigene Leistung zurückgeführt. "In jedem von uns steckt eine ungeheure innere Kraft, die wir durch unsere eigenen Glaubensvorstellungen begrenzen." Da wir unseren Glauben beeinflussen bzw. ändern können, muss das nicht so bleiben – dies das Credo dieses Buches, das geeignet ist, den Glauben an sich selber zu stärken. Was nicht immer eine gute Sache ist, man denke an den Florida-Golfer ....
Mind Magic leitet dazu an, fokussiert und beharrlich ein Ziel zu verfolgen. Der Autor tut dies auf der Grundlage von neurowissenschaftlichen Erkenntnissen, die auf vielfältige Art und Weise erläutert werden, sowie anhand praktischer Übungen. Am Schluss des Buches findet sich überdies ein Sechs-Wochen-Programm, um die Kunst der Manifestation zu erlernen
Mit sechs Schritten, verspricht James R. Doty, würden wir unseren Herzenswünschen näher kommen Dabei scheinen sich allerdings Schritt 5 (Verfolge dein Zeil leidenschaftlich) und Schritt 6 (Lass die Erwartungen los und öffne dich der Magie) zu widersprechen. Dass sie im richtigen Leben ganz gut nebeneinander existieren können, liegt daran, dass Widersprüche nur in unserem Kopf existieren.
James R. Doty
Mind Magic
Wie du dein bestes Leben manifestierst – neurowissenschaftlich erklärt
O.W. Barth, München 2024
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