Mittwoch, 23. Juli 2014

Sucht Roman

Ein Roman über Sucht, geht das? Simon Borowiaks geht nicht, jedenfalls für mich nicht, zu bemüht witzig, zu forciert originell ist mir das alles. Und dabei habe ich doch sein "Alk" so gerne gelesen, finde es ganz wunderbar gelungen.

Vielleicht lag es ja an mir, an meiner Stimmung, vielleicht sollte ich das Buch einfach mal für eine Weile ruhen lassen und dann einen neuen Anfang wagen. Doch es nützte nichts, auch beim zweiten Versuch blieb mir die Lektüre ... siehe oben. Vielleicht sollte ich eine noch etwas längere Pause einlegen, bevor ich einen dritten Anlauf wage.

Wobei, es gibt schon ganz tolle Stellen in diesem Buch und einige davon haben mich laut herauslachen lassen:

"Da klopft es und ein circa vierzehnjähriger Arzt bittet ihn zum Gespräch. Cromwell wundert sich, wie alt er geworden ist ...".

"Es hat was von einer Süchtigen-Tagung: Wer war wo, bekam welche Medis, in welcher Dosierung. Ein kompaktes kleines Biotop, inklusive Legendenbildungen und Erzählungen aus dem Krieg ...".

"In der Psychiatrie herrscht keine irdische Zeitrechnung. Ein Moment, ein Nu hat die Gravitation von Stunden, Minuten beulen aus, ganze halbe Tage vervierfachen sich."

"Sonntag auf Station ist noch viel niederschmetternder als Samstag. Der Grossteil ist ausgeflogen, die Sperre-Kandidaten liegen und sitzen irgendwo herum. Verloren brüten sie über ihren Lebensläufen, starren aus dem Fenster oder in ihre Teetassen und sieden tonlos in ihrem Selbstmitleid."

Im letzten Drittel von "Sucht" stosse ich dann auf Passagen über die Behandlung von Alkoholikern, die mich dann doch für dieses Buch einnehmen. Weil hier die Mischung aus scharfen Einsichten, witzigen Kommentaren und klugen Schlussfolgerungen überzeugend aufgeht: "Hier treffen verfeindete Welten aufeinander: Der demütige, zitternde, um Hilfe stöhnende Alki und das saubere, adrette, selbstbewusste Klinikpersonal, das seine teuren Apparate lieber herausgibt, wenn es gilt, ein unglücklich gestürztes Kind oder einen im Dienste der Bürger angeschossenen Polizisten zu versorgen. Denn in einer Notaufnahme gilt das Prinzip der Unschuldsvermutung: Je unschuldiger der Patient, desto freundlicher die Behandlung."

Simon Borowiak
Sucht
Albrecht Knaus Verlag, München 2014

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