Sonntag, 29. Dezember 2024
Vom Staunen
Mittwoch, 25. Dezember 2024
Stufen
Nancy, am 15. November 2024
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hermann Hesse
Sonntag, 22. Dezember 2024
Problem, no good
In the 1990s I spent much time in Thailand, and mostly in Bangkok, where one will regularly get to hear this famous Thai-English saying: Problem, no good. Right, I then thought, but why constantly state the obvious? Yet after a while I began to wonder whether this was actually true. Well, at that time, I did in fact like problems for they gave me something to do. In addition, to be able to solve problems felt gratifying.
Problems, problems, problems fill the minds of today's concerned people. And, big problems demand of course big minds. It was then clear to me that only distinguished people were able to solve complicated problems.
It took me considerable time to come up with a different view. Nowadays I believe most problems are fabricated, they give us permission not to do what we know we should do.
Here's an example: If you were to go and see a psychologist or a lawyer, their first question will be: What's your problem? An hour later you will leave with many more problems that you had very probably never heard of. The reason given is simple: You lacked the knowledge that would have allowed you to see the complexity of it all.
Needless to say, the real reason is differen for the lawyer and the psychologist need to make a living. Problems are their business model. The complexity they present to you is entirely made up and totally unnecessary. This is not to say that all things are easy, this is to say that if you want to change something you need to act instead of pondering problems.
Again an example: A man with a drinking problem wants to know what to do about it. Stop drinking, I said. Her looked at me wondering whether I was taking him for a ride. You do not seem to understand, he said, this is my problem. It is not, I replied, for what you need to do is obvious. However, you do not want to do what you know you need to do and so you call it a problem. To label something a problem is an excuse for not acting the way you know you should.
Mittwoch, 18. Dezember 2024
Yesterday ... Today ... Tomorrow
Mittwoch, 11. Dezember 2024
Die Geschichte einer Landärztin
Dass ich überhaupt auf dieses Buch gestossen bin, liegt wohl wesentlich daran, dass mein Vater als Arzt (genauer: als Spezialarzt für ORL) auf dem Land praktizierte. Dazu kommt, dass Geschichte eines Landarztes von John Berger und Jean Mohr bei mir im Regal steht (dessen englischer Originaltitel lautet: A Fortunate Man. The Story of a Country Doctor) und die in diesem Buch porträtierte Ärztin heute die Praxis des von John Berger geschilderten Arztes führt (der englische Originaltitel von Polly Morlands Werk heisst übrigens: A Fortunate Woman. A Country Doctor's Story).
Es gibt zahlreiche Parallelen zwischen den beiden Büchern. Höchst aufschlussreich ist auch, was man alles über John Bergers Buch, das für angehende britische Ärzte damals als Pflichtlektüre galt, erfährt. Bewegt hat mich vor allem dies: Die Frau des Arztes spielte eine überaus wichtige Rolle im Leben des Manisch-Depressiven, den man heute als bipolar charakterisieren würde. So wusste sie etwa, wann es an der Zeit war, wieder einmal das Gewehr wegzuschliessen. Ein Jahr nachdem sie mit 61 Jahren an einem Herzschlag starb, erschoss sich ihr Mann. Dass Berger die Rolle der Frau nicht gebührend erwähnte, wurde ihm zu Recht als unverzeihlich angekreidet.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Landärztin und einer Ärztin im Krankenhaus? Zum einen hat man auf dem Land kein Privatleben, zum andern ist das Vertrauen, das persönliche Verhältnis ganz besonders wichtig. Wegen Kinkerlitzchen geht man auf dem Land nicht zum Arzt; eine Landärztin braucht ein gutes Gespür für ihre Klientel, die vor allem hören will, dass es so recht eigentlich nichts zu behandeln gibt und alles in Ordnung ist. Dass es das manchmal überhaupt nicht ist, erfährt man an zahlreichen Beispielen. Trotzdem gilt: Das Beruhigen ist die wichtigste Vorsorge.
Die Patientenvielfalt in dieser Landpraxis ist schlicht umwerfend. Das geht von der postnatalen Depression zur Frau mittleren Alters, die von der Ärztin will, dass sie ihrer Schwester verbietet, das Scheckbuch der betagten Mutter egoistisch zu eigenen Zwecken zu verwenden; vom Raucher, der nichts von Nikotinpflastern hören will bis zur Vierzehnjährigen, die mit einem viel älteren Mann schläft. Auch Patienten mit Selbstmordgedanken oder der Neigung zur Selbstverletzung finden den Weg in ihre Sprechstunde. „2018 stellte eine Studie fest, dass in den Nachwehen eines Suizids bis zu 135 Menschen Unterstützung suchen, sei es medizinisch oder seelsorgerisch.“
Polly Morland ist ein bemerkenswertes Porträt dieser mit heftigen Emotionen geschlagenen Landärztin gelungen. „Ihre Emotionen waren immer noch heftig und zwingend, aber sie lernte, einen Zwischenraum zwischen ihre Gefühle und den in einer Krise notwendigen Schritten einzuziehen. Zu Beginn war das eine Zufallsentdeckung, eine spontane, intuitive Simulation der einstudierten Gelassenheit ihrer Mutter, aber als sie herausfand, dass es funktionierte und ihr bei der Arbeit half, wurde es zu einem Verhalten, das die Ärztin innerlich einstudierte. Fast fünfundzwanzig Jahre später ist es genau das, was ihre Kollegen in der Landpraxis immer wieder hervorheben: wie ruhig sie bleibt, ganz gleich, was auch geschieht.“
Studien haben gezeigt, dass die Tatsache, über einen langen Zeitraum den gleichen Doktor aufzusuchen, sowohl medizinische als auch finanzielle Vorteile hat. „Diese umfassen das bessere Befolgen von medizinischen Ratschlägen, eine höhere Akzeptanz von Impfungen, einen zurückgehenden Bedarf an Bereitschaftsdiensten, niedrigere Überweisungsraten, grössere Praxistreue, höhere Zufriedenheit der Patienten und weniger Notaufnahmen im Krankenhaus.“ Auch sinkt die Todesrate bei kontinuierlicher Versorgung. Mit anderen Worten: Vertrauen, Verlässlichkeit und Empathie machen zu einem wesentlichen Teil eine gute Gesundheitsfürsorge aus.
Und dann kam Covid-19 und Distanz war angesagt. Man glaubt, die nun vollkommen veränderte Situation nicht nur vor Augen zu haben, sondern vor Ort mit dabei zu sein, so eindrucksvoll beschreibt Polly Morland die nunmehr ganz neuen Umstände. Dabei wird die Ärztin auch mit medizinischen Unmöglichkeiten konfrontiert. „Es gibt Fälle, in denen der Patient offenbar ohne Beschwerden mit dem Doktor ein Schwätzchen hält oder in einem Magazin liest und in der nächsten Minute tot umfällt.“
Medizinische Diagnosen gründen nicht selten in auf Erfahrung beruhenden Ahnungen bzw. Vorahnungen. Doch nicht immer hat die Ärztin das richtige Gespür, und natürlich kann es vorkommen, dass sie einmal etwas übersieht. Dann geht sie der Sache nach, doch nicht immer wird sie auch fündig. Es gehört zu den Stärken dieses Buch, dass die Autorin deutlich zu machen versteht, dass Mediziner letztlich auch nur (gelegentlich fehlbare) Menschen sind, ohne Antworten auf die Rätsel des Lebens. Worum es geht: „Mensch zu sein und anderen Menschen mit Wärme und Anstand zu begegnen.“
Ein glückliches Tal ist illustriert mit gut komponierten Fotografien von Richard Baker, bei denen sich zu verweilen lohnt, da sie sehr geeignet sind, die durch den Text hervorgerufenen Eindrücke noch zu vertiefen.
Fazit: Ein wunderbar erzähltes, sehr berührendes Dokument des menschlichen Mit- und Füreinander.
Polly Morland
Ein glückliches Tal
Die
Geschichte einer Landärztin
Fischer, Frankfurt am Main 2024
Mittwoch, 4. Dezember 2024
Wer bin ich?
Wer bin ich?
Meine Beine – das bin nicht ich, die Arme auch nicht, der Kopf auch nicht, die Gefühle auch nicht, sogar die Gedanken nicht. Was ist dieses Ich?
Ich ist ich, das heisst, meine Seele.
Von welcher Seite ich auch zu Gott komme, es ist immer dasselbe: Der Ursprung meines Denkens, meiner Vernunft ist Gott, der Ursprung meiner Liebe ist ebenfalls er, der Ursprung der Materie ist ebenfalls er.
Dasselbe gilt auch für den Begriff Seele. Wenn ich mein Streben nach Wahrheit betrachte, so weiss ich, dass es der unstoffliche Keim in mir ist, meine Seele; wenn ich meine Liebe zum Guten betrachte, so finde ich die Ursache meiner Liebe in der Seele.
Selbst der strengste und konsequenteste Agnostiker erkennt Gott an, ob er will oder nicht. Er kann nicht umhin, anzuerkennen, dass es ein Lebensgesetz gibt, ein Gesetz, dem er sich unterwerfen oder entziehen kann. Dieses Anerkennen eines dem Menschen unzugänglichen, wohlbekannten höheren Lebensgesetzes – das ist Gott oder wenigstens Gottes Offenbarung.
Lew Tolstoi
Sonntag, 1. Dezember 2024
On Dancing
Many years ago, in Berlin, an actress took me to the zoo, where she wanted to show me the tigers. When preparing for a role, I come here, she said, and try to immerse myself into the movements of the tigers for they do effortlessly what I want to learn.
Of this I felt reminded when I recently watched a video of running horses for they did it so elegantly that I thought of dancing. Well, it was more than just a passing thought, it was a sensation that I experienced and that, a few days later, when on a morning walk; I sort of started to copy.
Needless to say, I wasn't exactly dancing on the street. This isn't what you do in Switzerland. But the images of the running horses made me walk with easiness, and with joy. For some moments, that is.