Die Vorstellung, dass unsere frühe Kindheit unser Leben prägt, ist heutzutage Allgemeingut. Und weil wir das glauben, finden wir auch gute Gründe, weshalb dem so ist. Und so geht die Autorin Maike Maja Nowak, geboren 1961, staatlich zugelassene Heilpraktikerin für Psychotherapie und zertifizierte Therapeutin, mit ihrem Der Hund als Spiegel des Menschen. Behutsame Wege zur Traumaheilung auch in ihre eigene Kindheit zurück bzw. was sie davon erinnert.
Maike Maja Nowak, so der Klappentext, "arbeitet als Trauma-Expertin". Sie begegnet traumatisierten Menschen mit Zuneigung, wobei sie auch auf ihre eigenen Kindheitserinnerungen zurückgreift, mit denen sie sich intensiv auseinandergesetzt hat. So recht eigentlich tun das alle Therapeuten, doch nicht alle gehen so offen damit um wie die Autorin, die in den Jahren 2013/14 im ZDF als "Hundeflüsterin" unterwegs war und zunehmend Mühe damit bekam, dass die Menschen von ihr "erfolgsversprechende Tipps, Tricks und Schnellmethoden" erwarteten. Die echte Auseinandersetzung mit sich selbst ist den wenigsten gegeben.
"Trauma bedeutet, dass etwas in uns abgespalten wurde, um schockierende Kurz- oder Langzeiterfahrungen zu überleben, um im Alltag weiter zu funktionieren (...) Trauma kann in den Körper hineinwachsen und zu einer langanhaltenden Erstarrung führen. Erst wenn das Nervensystem eine tiefgreifende Information erhält, dass die Gefahr vorbei und man wieder handlungsfähig ist, kann es sich aus seiner Festgefahrenheit lösen und wieder zu schwingen begonnen." Das ist zwar einleuchtend, doch wesentlich ein Glaube und keine Zwangsläufigkeit. Doch wie jeder Glaube kann auch dieser hilfreich sein und die vielen Exempel, die in diesem Buch vorgestellt werden, zeigen wie.
Es versteht sich: Im Bereich des Unbewussten ist vieles Spekulation und diese unterliegt auch dem menschlichen Bedürfnis nach Sinn. Maike Maja Nowak scheint das bewusst, jedenfalls drückt sie sich vorsichtig aus. "2012 macht mich die Begegnung mit Sabine und ihrer Hündin Clara darauf aufmerksam, dass die Auswahl eines bestimmten Hundes mit der unbewussten Entscheidung zu tun haben kann, sich einem verdrängten Thema zu stellen und damit auseinanderzusetzen." Die Betonung liegt für mich auf kann; worum es jedoch hauptsächlich geht, ist die Beziehung zu einem selber.
Es gehört zu den Vorzügen dieses Buches, an unserem Verhältnis zu Hunden zu zeigen, worauf es uns Menschen ankommen müsste, sofern wir denn mit weniger Schmerzen durchs Leben gehen wollen. "Durch den Umgang mit Tausenden Hunden wurde mir immer klarer, dass sie wie wir einen ursprünglichen Wesenskern in sich tragen und zu einer Persönlichkeit erzogen werden können, die durch Konditionierung erreicht wird." Mit anderen Worten: Die Hunde dürfen nicht sein, wie sie ihrem Wesen gemäss sind. Und wir Menschen genauso wenig.
Hunde gehören nicht unseren Vorstellungen gemäss erzogen, sondern gespürt und bejaht, wie sie von Natur aus sind. Und genau dasselbe gilt für uns Menschen. "Sind Menschen mit ihrem Selbst verbunden, gehen plötzlich auch die Dinge wie von selbst, bei denen es sonst immer Schwierigkeiten gibt." Wie man sich mit diesem Selbst verbinden kann, zeigt Maike Maja Nowak an ganz vielen Beispielen, die nicht nur mit Hunden zu tun haben. "Die Aborigines gingen davon aus, dass man nur Stärken und Schwächen an anderen erkennt, über die man selbst verfügt. Wir können uns also ärgern oder es als Geschenk betrachten, wenn uns ein anderer Mensch triggert."
Maike Maja Nowak bedient sich vieler Situationen aus ihren Seminaren, um zu illustrieren, worauf er sie ihr ankommt bzw. wie sie arbeitet. Das ist wunderbar illustrativ, auch wenn ich mich immer mal wieder gewundert habe über die kaum vorhandene Selbstreflexion der Teilnehmerinnen (Männer schienen mir in der Minderheit), die erstaunlich schnell aus dem Konzept geraten.
Zum Erhellendsten gehörte für mich unter anderem dies: "Die Realität, die ich als Aussenstehende wahrnehme, nützt einem traumatisierten Menschen nichts. Alle Verhaltens-'Strassen', die unser Nervensystem angelegt hat, verändern sich nicht durch fremde Hinweisschilder oder durch Wegweiser wie Affirmationen. Sie können nur langsam zuwachsen, wenn sie seltener begangen werden, weil sich neue Wege eröffnen."
Unter Heilung versteht Maike Maja Nowak übrigens "ein Zusammenfinden von allem, was in uns getrennt ist und uns von anderen trennt." Was uns davor hindert, ist häufig die Angst vor Veränderung, weshalb wir uns diese Angst denn auch häufig wegwünschen. Doch so nachvollziehbar dies auch sein mag, es ist falsch, grundfalsch, weshalb denn auch dies mein Lieblingssatz in diesem hilfreichen Buch ist: "Willst du die Angst vor einer Veränderung vermeiden, so ist das, als würdest du den Motor von einem Auto ausbauen und dann starten wollen."
Maike Maja Nowak
Der Hund als Spiegel des Menschen
Behutsame Wege zur Traumaheilung
Mosaik Verlag, München 2023