Es sei gleich voraus geschickt: das ist ein notwendiges und nützliches Buch, dem man viele Leser wünscht, auch wenn es alles andere als gut geschrieben und streckenweise mühsam zu lesen ist. Ein Beispiel:
"... eine bemerkenswerte empirische Untersuchung, bei der Alasdair J.M. Forsyth von 1990 bis 1999 sämtliche durch Drogen verursachten Todesfälle und ihre Wahrnehmung in den Zeitungen verglichen hat. Von den 2255 Todesfällen in der toxikologischen Statistik wurden 265 auf das frei verkäufliche Schmerzmittel Paracetamol zurückgeführt. Doch die Redaktionen interessierte nicht, dass über zehn Prozent aller Drogentoten in Schottland einem frei verkäuflichen Schmerzmittel zum Opfer fielen: Nur ein Bericht dazu erschien. Zwölf Todesfälle durch Aspirin fanden gleich gar keine Erwähnung, und über 481 Todesfälle durch Diazepam (Valium) wurde zehnmal berichtet. Dagegen kamen auf 36 Todesfälle durch Amphetamine 13 Zeitungsberichte, und über die 28 auf MDMA ("Ecstasy") zurückgeführten Todesfälle erschienen 26 Artikel. Das heisst: Fast jeder einzelne Fall, bei dem die verbotene "Partydroge" als mögliche Todesursache diagnostiziert wurde, war in den Medien präsent, was ihre gefühlte Gefährlichkeit in der Öffentlichkeit zwar dramatisch erhöht, mit der Realität aber kaum etwas zu tun hat."
Man stöhnt auf und denkt: wo blieb da bloss das Lektorat?
Trotzdem: wer sich durch diese zähe Lektüre hindurch beisst, lernt einiges dazu, denn der Autor hat eine Unmenge erhellender Quellen zusammengetragen und zeigt überdies überzeugend auf, wie Politik, Mafia und Lobbyisten vom gesetztlichen Drogenverbot profitieren. Er tut aber noch mehr, er liefert Informationen, von denen man in den Mainstream Medien nie was liest oder hört.
Wussten Sie zum Beispiel, dass die spanische Regierung im Herbst 2008 an Drogenhändler und Geldwäscher appellierte und ihnen Straffreiheit zusicherte, "wenn sie ihre Barreserven bei den Banken einzahlten, um so die Liquiditätsengpässe der Finanzmärkte zu entspannen."?
Oder wussten Sie, dass Amerika mit fünf Prozent der Weltbevölkerung, 25 Prozent der bekannten Welt-Gefängnisbevölkerung aufweist?
Oder welche Faktoren "den Krieg gegen die Drogen und den Gefängnis-Industriellen Komplex zu einem hochprofitablen Geschäft machen"?
In den Worten von Mathias Bröckers: "ein nicht abreissender Zustrom von Drogen, dessen klandestine Kanäle auf höchster Ebene gedeckt werden (damals das Kokain der Contra-Terroristen, heute das Heroin der Warlords Afghanistans); Grosskonzerne und Banken, die in die Schmuggelgeschäfte und Geldwäsche verwickelt sind (wie RJR Nabisco und mindestens ein halbes Dutzend Grossbanken); ihnen verpflichtete Politiker und Präsidenten, die einerseits Ermittlungen verhindern (die EU-Klage wurde von US-Gerichten 2004 abgewiesen!) und andererseits mit verschärften Drogengesetzen Law-and-Order-Profil zeigen, was wiederum neue Massen von 'Kriminellen' und einen Boom der privaten Gefängnisindustrie produziert. There's no business like drug business."
Mathias Bröckers
Die Drogen Lüge
Westend Verlag, Frankfurt/Main 2010
"... eine bemerkenswerte empirische Untersuchung, bei der Alasdair J.M. Forsyth von 1990 bis 1999 sämtliche durch Drogen verursachten Todesfälle und ihre Wahrnehmung in den Zeitungen verglichen hat. Von den 2255 Todesfällen in der toxikologischen Statistik wurden 265 auf das frei verkäufliche Schmerzmittel Paracetamol zurückgeführt. Doch die Redaktionen interessierte nicht, dass über zehn Prozent aller Drogentoten in Schottland einem frei verkäuflichen Schmerzmittel zum Opfer fielen: Nur ein Bericht dazu erschien. Zwölf Todesfälle durch Aspirin fanden gleich gar keine Erwähnung, und über 481 Todesfälle durch Diazepam (Valium) wurde zehnmal berichtet. Dagegen kamen auf 36 Todesfälle durch Amphetamine 13 Zeitungsberichte, und über die 28 auf MDMA ("Ecstasy") zurückgeführten Todesfälle erschienen 26 Artikel. Das heisst: Fast jeder einzelne Fall, bei dem die verbotene "Partydroge" als mögliche Todesursache diagnostiziert wurde, war in den Medien präsent, was ihre gefühlte Gefährlichkeit in der Öffentlichkeit zwar dramatisch erhöht, mit der Realität aber kaum etwas zu tun hat."
Man stöhnt auf und denkt: wo blieb da bloss das Lektorat?
Trotzdem: wer sich durch diese zähe Lektüre hindurch beisst, lernt einiges dazu, denn der Autor hat eine Unmenge erhellender Quellen zusammengetragen und zeigt überdies überzeugend auf, wie Politik, Mafia und Lobbyisten vom gesetztlichen Drogenverbot profitieren. Er tut aber noch mehr, er liefert Informationen, von denen man in den Mainstream Medien nie was liest oder hört.
Wussten Sie zum Beispiel, dass die spanische Regierung im Herbst 2008 an Drogenhändler und Geldwäscher appellierte und ihnen Straffreiheit zusicherte, "wenn sie ihre Barreserven bei den Banken einzahlten, um so die Liquiditätsengpässe der Finanzmärkte zu entspannen."?
Oder wussten Sie, dass Amerika mit fünf Prozent der Weltbevölkerung, 25 Prozent der bekannten Welt-Gefängnisbevölkerung aufweist?
Oder welche Faktoren "den Krieg gegen die Drogen und den Gefängnis-Industriellen Komplex zu einem hochprofitablen Geschäft machen"?
In den Worten von Mathias Bröckers: "ein nicht abreissender Zustrom von Drogen, dessen klandestine Kanäle auf höchster Ebene gedeckt werden (damals das Kokain der Contra-Terroristen, heute das Heroin der Warlords Afghanistans); Grosskonzerne und Banken, die in die Schmuggelgeschäfte und Geldwäsche verwickelt sind (wie RJR Nabisco und mindestens ein halbes Dutzend Grossbanken); ihnen verpflichtete Politiker und Präsidenten, die einerseits Ermittlungen verhindern (die EU-Klage wurde von US-Gerichten 2004 abgewiesen!) und andererseits mit verschärften Drogengesetzen Law-and-Order-Profil zeigen, was wiederum neue Massen von 'Kriminellen' und einen Boom der privaten Gefängnisindustrie produziert. There's no business like drug business."
Mathias Bröckers
Die Drogen Lüge
Westend Verlag, Frankfurt/Main 2010
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen