"Menschen, die sich auf eine Borderline-Beziehung einlassen, werden mit instabilen, chaotischen und oft irrationalen Verhaltensweisen konfrontiert. Betroffene neigen dazu, in kritischen Phasen eigene emotionale Zustände auf enge Bezugspersonen zu übertragen, wobei diese in das Chaos der Störung mit hineingerissen werden", schreibt Manuela Rösel im Vorwort. Und fügt hinzu: "Es sind dennoch Persönlichkeitsanteile der Partner selbst, die ihnen tiefsten Schmerz verursachen."
Es sei empfohlen, diese Sätze mehrmals zu lesen und auf sich wirken zu lassen, denn sie sind für das Verstehen von Borderline-Beziehungen überaus wesentlich. Konkret: Menschen, die unter der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) leiden, schleudert es emotional hin und her, das geht von Panikattacken über heftigste Wutanfälle zu Wahnvorstellungen, aber eben nicht immer, sondern (und deshalb sollte man die obigen Sätze nicht einfach überfliegen) "in kritischen Phasen". Hat man einmal einen Nahestehenden mit BPS in vollster Blüte erlebt, liegt der Schluss "du bist nicht okay – ich bin okay" nahe, doch er ist falsch und das zeigt dieses Buch eindringlich auf.
Manuela Rösel hält die BPS "in erster Linie für eine Bindungsstörung", weshalb sie denn auch zum Schluss kommt, dass diejenigen, die sich in einer solchen Beziehung wiederfinden und nur schwer sich davon lösen können, "auch immer die eigenen Anteile an deren Beziehung und deren Verlauf hinterfragen" sollten. Das ist auch deswegen einleuchtend, weil es für eine Beziehung immer zwei braucht.
"Wenn lieben immer wieder weh tut" plädiert für "die Auseinandersetzung mit den eigenen kindlichen Wurzeln" und weist auf die Erkenntnisse der Transaktionsanalyse hin, die dazu dienen können, "den Kreislauf zwischen Selbstabwertung und Selbstaufgabe unterbrechen zu können."
Das Kernproblem der Borderline-Störung bestehe in der fehlenden Bindung zu sich und zu anderen, argumentiert die Autorin. "Der Partner wird als Objekt wahrgenommen – ein Ding, ein Gegenstand, austauschbar und benutzbar." Als ich dies las, ist mir Hans-Joachim Maaz' Charakterisierung des Narzissten in den Sinn gekommen: "Ein Narzisst liebt nicht, er will geliebt werden, er meint den Nächsten nicht, er braucht ihn, er spürt nicht, was mit dem anderen ist, er nimmt nur wahr, wie der andere zu ihm steht: brauchbar oder nutzlos, Freund oder Feind."
Kann das sein, dass Menschen in so extremen Entweder-Oder-Gefühlen gefangen sind? Und wenn dem so wäre, lassen sich solche Empfindungen mit Kindheitserlebnissen erklären? In ganz Vielem würden wir unterrichtet werden, meinte vor vielen Jahren Chuck C. in einem Vortrag vor den Anonymen Alkoholikern, doch nicht darüber, wie wir glücklich und zufrieden mit uns selber leben können. Doch müssen wir, wenn wir dies lernen wollen, wirklich zurück in die Kindheit gehen, also Ursachenforschung betreiben? Nun ja, der Zeitgeist will es so ...
Eindrücklich schildert Manuela Rösel die Phasen einer Borderline-Beziehung, von der Idealisierung über die Achterbahnfahrt zum Absturz, und betont dabei, dass die Borderline-Verhaltensweisen "NICHT der gezielten Vernichtung anderer" dienen, sondern "hilfloser Ausdruck eines unfertigen Menschen" seien.
Überzeugt hat mich "Wenn lieben immer wieder weh tut" immer dann, wenn die Autorin ihre vielfältigen Erfahrungen mit den diversen Ausprägungen der BPS beschreibt und wenn sie konkrete, praktische Ratschläge gibt. Mühe hatte ich hingegen mit den heutzutage gängigen Vorstellungen wie "das innere Kind", "Eltern-Ich" oder "Erwachsenen-Ich". Angesichts der Tatsache, dass alles ständig im Fluss ist, scheinen mir solche Konzepte wenig hilfreich, es sei denn, sie wirken sich positiv auf die Lebenspraxis aus.
Sich zu bemühen, aufmerksam, wach, unmittelbar gegenwärtig zu sein, "to go with the flow", dem inneren, nicht demjenigen des Zeitgeistes, schiene mir deshalb sinnvoller. Sofern man den dafür notwendigen Mut aufbringt. Und sich zu überwinden schafft. Mit den Worten von Anna Seghers: "So gelassen strömt das gewöhnliche Leben, dass es den mit-nimmt, der seinen Fuss hineinsetzt."
Manuela Rösel
Wenn lieben immer wieder weh tut
Partner in der Borderline-Beziehung
Starks-Sture Verlag, München 2014
Manuela Rösel hält die BPS "in erster Linie für eine Bindungsstörung", weshalb sie denn auch zum Schluss kommt, dass diejenigen, die sich in einer solchen Beziehung wiederfinden und nur schwer sich davon lösen können, "auch immer die eigenen Anteile an deren Beziehung und deren Verlauf hinterfragen" sollten. Das ist auch deswegen einleuchtend, weil es für eine Beziehung immer zwei braucht.
"Wenn lieben immer wieder weh tut" plädiert für "die Auseinandersetzung mit den eigenen kindlichen Wurzeln" und weist auf die Erkenntnisse der Transaktionsanalyse hin, die dazu dienen können, "den Kreislauf zwischen Selbstabwertung und Selbstaufgabe unterbrechen zu können."
Das Kernproblem der Borderline-Störung bestehe in der fehlenden Bindung zu sich und zu anderen, argumentiert die Autorin. "Der Partner wird als Objekt wahrgenommen – ein Ding, ein Gegenstand, austauschbar und benutzbar." Als ich dies las, ist mir Hans-Joachim Maaz' Charakterisierung des Narzissten in den Sinn gekommen: "Ein Narzisst liebt nicht, er will geliebt werden, er meint den Nächsten nicht, er braucht ihn, er spürt nicht, was mit dem anderen ist, er nimmt nur wahr, wie der andere zu ihm steht: brauchbar oder nutzlos, Freund oder Feind."
Kann das sein, dass Menschen in so extremen Entweder-Oder-Gefühlen gefangen sind? Und wenn dem so wäre, lassen sich solche Empfindungen mit Kindheitserlebnissen erklären? In ganz Vielem würden wir unterrichtet werden, meinte vor vielen Jahren Chuck C. in einem Vortrag vor den Anonymen Alkoholikern, doch nicht darüber, wie wir glücklich und zufrieden mit uns selber leben können. Doch müssen wir, wenn wir dies lernen wollen, wirklich zurück in die Kindheit gehen, also Ursachenforschung betreiben? Nun ja, der Zeitgeist will es so ...
Eindrücklich schildert Manuela Rösel die Phasen einer Borderline-Beziehung, von der Idealisierung über die Achterbahnfahrt zum Absturz, und betont dabei, dass die Borderline-Verhaltensweisen "NICHT der gezielten Vernichtung anderer" dienen, sondern "hilfloser Ausdruck eines unfertigen Menschen" seien.
Überzeugt hat mich "Wenn lieben immer wieder weh tut" immer dann, wenn die Autorin ihre vielfältigen Erfahrungen mit den diversen Ausprägungen der BPS beschreibt und wenn sie konkrete, praktische Ratschläge gibt. Mühe hatte ich hingegen mit den heutzutage gängigen Vorstellungen wie "das innere Kind", "Eltern-Ich" oder "Erwachsenen-Ich". Angesichts der Tatsache, dass alles ständig im Fluss ist, scheinen mir solche Konzepte wenig hilfreich, es sei denn, sie wirken sich positiv auf die Lebenspraxis aus.
Sich zu bemühen, aufmerksam, wach, unmittelbar gegenwärtig zu sein, "to go with the flow", dem inneren, nicht demjenigen des Zeitgeistes, schiene mir deshalb sinnvoller. Sofern man den dafür notwendigen Mut aufbringt. Und sich zu überwinden schafft. Mit den Worten von Anna Seghers: "So gelassen strömt das gewöhnliche Leben, dass es den mit-nimmt, der seinen Fuss hineinsetzt."
Manuela Rösel
Wenn lieben immer wieder weh tut
Partner in der Borderline-Beziehung
Starks-Sture Verlag, München 2014