Mittwoch, 28. Dezember 2011

Becoming teachable

In the long history of spirituality, those recognized as somehow spiritually „great“ have consistently been called „Teacher“ – they help others to learn, to become teachable. Spiritual teachers (who are never „experts“) do three things: First and foremost, they listen. Second, they ask questions. Third, they tell stories. Each practice reflects the acceptance of not having all the answers, and each teaches the essential truth of spituality's open-endedness.

Ernest Kurtz & Katherine Ketcham
The Spirituality of Imperfection

Sonntag, 25. Dezember 2011

Couch Fiction

Dieser Comic von Philippa Perry und Junko Graat erläutert wie eine Psychotherapie funktioniert; er tut dies auf amüsante, lehrreiche und überzeugende Art und Weise. "Ich habe Inhalte aus den Träumen tatsächlich existierender Personen mit deren Erlaubnis verwendet, aber abgesehen davon ist diese Geschichte frei erfunden". Trotzdem ist es "ein typisches Beispiel für eine psychotherapeutische Fallstudie". Die meisten Bilder werden ergänzt durch informative Fussnoten und so recht eigentlich lohnen schon diese allein die Lektüre.

Ein Beispiel:
"Für viele Menschen ist die Therapie der allerletzte Ausweg. Die meisten haben schon einiges ausprobiert, um sich zu ändern oder besser zu fühlen, wenn sie therapeutische Hilfe suchen. Pat möchte nichts versuchen, was James bereits versucht hat, deshalb fragt sie in dieser Richtung nach.*

Und gerade noch eins:
"Es hat keinen Zweck, dem Klienten gegenüber zu betonen, dass die Beziehung zwischen Klient und Therapeut der wichtigste Faktor in einer erfolgreichen Psychotherapie ist. Das klingt, ehrlich gesagt, beunruhigend. Entweder stellt sich diese Tatsache im Laufe der Zeit heraus, oder die Therapie läuft ohnehin aus dem Ruder."

"Couch Fiction" ist ein im besten Sinne aufklärerisches Buch. Weil es auf einfache und überzeugende Art Fragen beantwortet. Etwa warum eigentlich die meisten Therapeuten nach der Kindheit fragen. Oder wozu eigentlich die Nutzung von Träumen in der Psychotherapie gut sein soll. Oder warum es sinnvoll ist, wenn einem Süchtigen die Vor- und Nachteile seiner Sucht bewusst sind.

Das Medium des Comics zu verwenden, um in die Psychotherapie einzuführen, ist so recht eigentlich ein genialer Schachzug, denn in den Sprechblasen lässt sich sehr gut zeigen, was bei der Begegnung von Therapeut und Klient gesagt und was "nur" gedacht wird.

Der Comic wird ergänzt durch ein Nachwort von Andrew Samuels von der University of Essex, der unter anderem festhält: "Trotz aller Forschungsergebnisse herrscht kein Konsens darüber, welches die entscheidenden Katalysatoren eines therapeutischen Wandels sind." Vorausgesetzt ein solcher findet überhaupt statt, ist man da versucht hinzuzufügen.

Philippa Perry / Junko Graat
Couch Fiction
Verlag Antje Kunstmann, München 2011

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Alk

Ein gut geschriebenes, informatives und witziges Buch, bei dem ich ab und zu Tränen gelacht habe. Zum Beispiel bei diesem Abschnitt hier:

„Szene: Entgiftungsstation, Sitzungszimmer. Alle Patienten zusammengetrommelt, Auftritt dreier Abgeordneter einer Shg. (Selbsthilfegruppe). Das Dreigestirn bestand aus einer Frau und zwei Männern, von denen einer original aussah wie Spencer Tracy. Die Frau stellte sich vor als seit 16 Jahren trocken, sah dafür aber einen Hauch zu verquollen aus und hatte – wie später die Patienten aus der ersten Reihe berichteten – eine Fahne. Spencer Tracy sprach geordnet, appellierte an alle, unbedingt eine Shg zu besuchen, egal welche, Hauptsache Shg, obwohl er, Spencer, schon seit Jahren nicht mehr hingehe, aber es helfe enorm weiter. Danach erzählte er, wie das Verhältnis zu seiner Geschiedenen so läuft; man sei noch weiterhin befreundet, aber eigentlich melde sie sich nur noch bei ihm, wenn sie Geld brauche. Der Dritte ergriff das Wort und schilderte seinen Werdegang. Das heisst: vermutlich war es sein Werdegang. Denn dem Dialekt nach stammte er aus einem bisher unerforschten Teil der Eifel und war definitiv nicht zu verstehen bis auf die Brocken 'Führerschein' und 'Führerschein weg'.
Nach zwei Stunden torkelten wir zurück auf die Station. Manche waren empört über das Trio, andere für die sofortige Verleihung eines Kleinkunst-Preises.“

Simon Borowiak ist ein durch Erfahrung Gestählter, er weiss, wovon er schreibt – und genau deshalb lohnt sich die Lektüre. Und weil er schreiben kann. Und gute Vorschläge macht. So mag er zum Beispiel das Wort „Krankheitseinsicht“ nicht. Stattdessen plädiert er für „ALK-Bewusstsein.“ Der Unterschied? Bei „Krankheitseinsicht“ assoziiert er „ins Direx-Zimmer gerufen werden, Geständnis mit hängendem Kopf und Brief an die Eltern“. Und: „Auch durfte ich in Therapien erleben, wie kurzfristig entgleiste Hobby-Trinker so lange mit diesem Schlagstock traktiert wurden, bis sie mit gebrochener Stimme zugaben Alkoholiker zu sein (Was sie – wie die Zeit zeigte – gar nicht waren)“. Bei „ALK-Bewusstsein“ denkt er hingegen an Worte wie positiv, aktiv, selbstbestimmt und Entwicklung.

À propos ALK-Bewusstsein, unter diesem Titel hält Borowiak fest: „Ich habe nie davon gehört, dass jemand eine Zahnarztpraxis verlassen und – vor Schmerzen zusammengerollt wie ein saurer Hering – gerufen hätte: 'Der Arzt spinnt! Ich hab doch niemals eine Wurzelentzündung!'“ Besser kann man gar nicht illustrieren, worin ein Grundproblem der Alkoholsucht liegt, der Verleugnung.

Wer gegen seinen Alkoholismus angehen will, dem stehen keine Patentrezepte zur Verfügung. Das dürfte mittlerweile bekannt sein. In Borowiaks Worten: „Die erfolgreiche Behandlung ist russisches Roulette ...“ Das kommt der Wahrheit (wenn es sie denn geben sollte) ziemlich nahe.

In „Alk“ werden übrigens auch vielfältige Begriffe geklärt. Zum Beispiel „Komorbidiät“. Das meint: „Was war früher da – Ei oder Henne? Depression oder Sucht?“ Oder anders gefragt: Was ist die Hauptmeise und was die Kollateral-Meise? Manche Therapeuten glauben offenbar, solches unterscheiden zu können ...

Fazit: ein vergnügliches und lehrreiches Buch.

Simon Borowiak
Alk
Fast ein medizinisches Sachbuch
Wilhelm Heyne Verlag, München 2007

Sonntag, 18. Dezember 2011

Denken im Freien

So wenig als möglich sitzen; keinem Gedanken Glauben schenken, der nicht im Freien geboren ist und bei freier Bewegung, in dem nicht auch die Muskeln ein Fest feiern.

Friedrich Nietzsche

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Filho

Filho é um ser que nos foi emprestado para um curso intensivo de como amar alguém além de nós mesmos, de como mudar nossos piores defeitos para darmos os melhores exemplos e de aprendermo...

José Saramago

Sonntag, 11. Dezember 2011

Die Buddha-Therapie

"Dieses Buch wendet sich an alle, die einen Punkt erreicht haben, an dem sie sich sagen: Es reicht!" Mit diesem Satz leitet Chönyi Taylor ihre Buddha-Therapie ein. Es ist ein guter, ein wichtiger Satz. Bei den Anonymen Alkoholikern heisst es, dass man seinen persönlichen Tiefpunkt erreicht haben muss, bevor an eine Verhaltensänderung zu denken ist. Gemeint ist dasselbe. Ohne dass ein Süchtiger diesen Punkt erreicht hat, gibt es keine Veränderung.

"Jede Form der Sucht ist im Grunde nichts anderes als die verzweifelte Suche nach Glück, ein Versuch, die unangenehmen, deprimierenden oder schmerzlichen Aspekte des Lebens auszublenden." Das leuchtet zwar ein, doch es legt fälschlicherweise den Verdacht nahe, Sucht komme vom Suchen. Richtig ist, dass Sucht von siech=krank kommt.

Der Ursprung der Sucht wie auch der Befreiung davon liege in unserer Art zu denken, schreibt Chönyi Taylor, der Körper sei dafür nicht verantwortlich. Ich sehe das nicht so, in meiner Sicht hat Sucht sowohl geistige, körperliche wie auch seelische Ursachen. Im Übrigen widerspricht sich Taylor selber. So schreibt sie: "Neurologische Studien zum Verlangensimpuls zeigen, dass er eine neuro-anatomische Basis hat."

Drei Meditationstechniken schlägt die Autorin vor, um die zwanghaften Muster unseres Geistes umzuwandeln: Achtsamkeit, Selbstbeobachtung und Gleichmut. Das Ziel dabei ist, frei von schädlichen Impulshandlungen zu werden.

"Ich habe mich für den buddhistischen Handlungsansatz entschieden, da der Buddhismus die Problematik der Begierden, die durch Anhaftung entstehen, betont, was im Buddhismus als "Verlangen" oder "Greifen" bezeichnet wird", schreibt die Autorin. Trotz der etwas hölzernen Ausdrucksweise – ich habe viel Sympathie für diesen Ansatz. Umso mehr, da niemand wirklich sagen kann, welche Suchttherapie (wenn überhaupt eine) eigentlich hilfreich ist – beweisen lässt sich die Effizienz einer Therapie jedenfalls nicht.

Um von der Sucht loszukommen, brauchen wir ein neues Wertesystem: "In dem Moment, in dem wir bewusst die Hand ausstrecken, um uns helfen zu lassen oder anderen zu helfen, ist unser Wertesystem ein anderes geworden."

Die für mich tollsten Anregungen habe ich unter dem Titel "Ein paar Goldkörnchen aus dem Schatz der Weisen" gefunden. Hier zwei Beispiele:

"Wenn du durch die Hölle gehen musst, bleib nicht stehen" (Winston Churchill)

"Betrachte das Ego als das, was es ist: Eine Geschichte, die du dir über dich selbst ausgedacht hast."

Und noch toller fand ich, dass Chönyi Taylor den Goldkörnchen der Weisen diese Sätze folgen lässt: "Vielleicht erschreckt Sie ja die Kluft, die man unweigerlich feststellt, wenn man sich mit den Weisen dieser Welt vergleicht. Doch keine Sorge: Weisheit ist die Frucht erfolgreicher Bewältigung unserer Probleme. Weisheit entwickeln wir nicht dadurch, dass wir viele Bücher lesen, sondern indem wir uns auf das Leben mit all seinen Schwierigkeiten einlassen. Wir entwickeln Weisheit, indem wir uns aus dem Dickicht unserer Probleme mit ebenso viel Mut wie Bescheidenheit – Qualitäten, die wir durch Aufrichtigkeit und Gleichmut erlangen – befreien."

"Die Buddha-Therapie" ist ein sympathisches und hilfreiches Buch.

Chönyi Taylor
Die Buddha-Therapie
Süchte mental besiegen
Diederichs, München 2011

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Vom Sich Häuten

In all diesen Jahren habe ich mich oft gehäutet und immer wieder Teile von mir zurückgelassen, die überlebt waren. Manchmal fühlte es sich so an, als blieben mir nicht mehr als die Kleider, die ich gerade am Leibe trug.

Bernard Glassman

Sonntag, 4. Dezember 2011

Grappa sei Dank

"Er meint, im Gegensatz zu allen anderen hätten Sie, wie sagt man, den Mumm, zu sagen, was Sie denken."
"Klar, dank seines Grappa."

Joe McGinniss
Das Wunder von Castel di Sangro