Mittwoch, 30. Juni 2010

Life Stages & Addiction

Life stages, like adolescence, are part of a broader category in the addictive matrix—the situation or environment the individual faces. One of the most remarkable illustrations of the dynamics of addiction is the Vietnam war (...) American soldiers in Vietnam frequently took narcotics, and nearly all who did became addicted. A group of medical epidemiologists studied these soldiers and followed them up after they came home. The researchers found that most of the soldiers gave up their drug addiction when they returned to the States. However, about half of those addicted in Vietnam did use heroin at home. Yet only a small percentage of these former addicts became readdicted. Thus, Vietnam epitomizes the kind of barren, stressful, and out-of-control situation that encourages addiction. At the same time, the fact that some soldiers became addicted in the United States after being addicted in Asia while most did not indicates how important individual personalities are in addiction. The Vietnam experience also shows that narcotics, such as heroin, produce experiences that serve to create addictions only under specific conditions.

Stanton Peele: The Diseasing of America: How we allowed recovery zealots and the treatment industry to convince us we are out of control

Montag, 28. Juni 2010

On legalising drugs

Convinced that the "only way out of Colombia's conflict is the legalisation of drugs", he says: "They're the main source of funding for leftwing guerrillas and rightwing paramilitaries. Both the military power of every illegal armed group, and the power of corruption, would disappear." Yet he holds out little hope. "There would have to be an international accord with the greatest consumer – the US – whose puritanical society will never allow it. Until it does, the producer countries will be drowned in these wars forever."

A life in writing: Juan Gabriel Vásquez
by Maya Jaggi, The Guardian, 26 June 2010

Samstag, 26. Juni 2010

Das heimatlose Ich

Wie kommt es, dass ein Buch über Depression auf einem Blog über Sucht besprochen wird? Ganz einfach, weil es bei Sucht und Depression wesentliche Parallelen gibt

Dieses Buch, lässt Holger Reiners den Leser (und die Leserin) wissen, "ist meine persönliche Geschichte im Umgang mit der Depression. Was löst sie aus, was beeinflusste ihren Verlauf und wie verlief der Weg heraus aus der Klammer einer Krankheit, die diesen Namen trägt: Depression?" Er fährt fort: "Der Ausgangspunkt eines selbst erlebten Schicksals kann Betroffenen wie ihren Angehörigen vielleicht am ehesten nahe bringen, welch erdrückende Last diese Krankheit und das Unverständnis der Umgebung dafür darstellen - aber auch besser als Prozentzahlen und Prognosen den Optimismus vermitteln, dass selbst aus grossen Tiefen eine Befreiung von der Depression möglich ist."

Was genau eine Depression ist und wie sie behandelt werden soll, darüber gehen die Meinungen der sogenannten Fachleute auseinander. Insofern unterscheidet sich diese Krankheit nicht von anderen komplexen seelischen Erkrankungen.

"Der Depressive hält an einem verzerrten Wunschbild seines Lebens fest ... Falsche, aber lange Zeit verlockende Illusionen und Zerrbilder aufzugeben, ist der Preis für ein normales Leben", schreibt der Autor.

Das erinnert an Suchtkrankheiten: auch wer diese überwinden will, muss Illusionen und Zerrbilder aufgeben. Und wie tut man das: "Der erste Schritt dazu bedeutet, dass man Hilfe von aussen sucht, wenn man erkennt, der Krankheit nicht selbst gewachsen zu sein. Bereits das ist ein grosser Schritt in ein gutes, neues, aufregend anderes Leben."

Will man Depressionen (oder Suchtkrankheiten - mir scheinen die Parallelen offensichtlich) überwinden, muss man lernen, sich für das Leben zu entscheiden.

"Wenn ich heute gefragt werde, ob man einen (gesunden) Menschen mit 30, 40 oder 50 Jahren in seinem Lebensverlauf wirklich ändern kann, sage ich aus meiner beobachtenden Erfahrung heraus immer 'ja', aber eine Richtungsänderung ist höchstens in einem Winkel von zwei, maximal drei Grad möglich ... {das sieht übrigens die Psychoanalyse auch nicht anders} ... Beim Depressiven verhält sich die Situation anders - und das kann Mut machen. Einem einst Depressiven traue ich eine Änderung seines Lebenskurses sogar um 180° zu, und nicht nur das, ich bin heute davon überzeugt, dass er eine solche Kursänderung nicht nur irgendwann akzeptiert, sondern sie auch aus gewonnener Erkenntnis ganz selbstverständlich anstrebt."

Das schreibt einer, der zwanzig Jahre tiefer Depression überlebt hat. Und mittlerweile sogar schon länger ohne Todessehnsucht lebt. Man sollte also die praktischen Anregungen, die er gibt, zumindest wohlwollend prüfen. Hier ein paar Beispiele: den Arzt fragen, wie "sein Behandlungskonzept und der zu erwartende Zeitrahmen bis zum Behandlungsende in etwa aussehen ... immer wieder die vom Therapeuten vorgeschlagenen Behandlungsschritte zu hinterfragen ... nach dem Behandlungsansatz fragen, nach den Behandlungszielen und warum wann welcher Schritt aus Sicht des Arztes notwendig ist."

Summa summarum: ein äusserst hilfreiches Buch von einem Menschen, der weiss wovon er spricht - und sich mitzuteilen versteht.

Holger Reiners
Das heimatlose Ich
Aus der Depression zurück ins Leben
Kösel Verlag München, 2005

Donnerstag, 24. Juni 2010

Das Geschenk der Wandlung

Bei den Anonymen Alkoholikern heisst es, dass es leichter ist, sich selbst in eine neue Denkweise hineinzuspielen, als sich selbst in eine neue Spielwiese hineinzudenken. So wie Kinder durch Spielen lernen, tun es auch Erwachsene, wenn wir es uns selbst erlauben. Wir unterschätzen bei weitem die Fähigkeit unseres Unterbewusstseins, uns bei Veränderungen kreativ zu unterstützen. "Tu so als ob, bis du es kannst", ist häufig ein guter Rat. Wenn kleine Mädchen "Daheim" spielen und kleine Jungen "Spiderman", folgen sie einer unterbewussten Strategie der Persönlichkeitsentwicklung, indem sie ihre Vorstellungskraft nutzen, um sich auf neue Bereiche des Seins vorzubereiten. Und wir brauchen nie damit aufzuhören, das zu tun, es sei denn, wir entscheiden uns dafür.

Üben Sie Freundlichkeit und Sie werden freundlich. Üben Sie Diszplin und Sie beginnen, diszipliniert zu werden. Üben Sie Vergebung und Sie werden immer leichter vergeben können. Üben Sie Wohltätigkeit und Sie werden wohltätig. Üben Sie Sanftheit und Sie werden sanft.

Es ist ganz egal, ob Sie in der Stimmung sind, heute freundlich zum Busfahrer zu sein; seien Sie es auf jeden Fall - und beobachten Sie, wie sich das auf Ihre Stimmung auswirkt. Drücken Sie einfach den Knopf des Selbst, das Sie sein möchten, und die Datei erscheint. Sie war schliesslich bereits vorhanden und hat nur darauf gewartet, heruntergeladen zu werden. Wir werden freundlich, wenn wir uns entscheiden, freundlich zu sein. Wir haben genauso viel Macht, Gefühle zu erschaffen, wie auf sie zu reagieren; unsere Persönlichkeit zu würdigen, während wir durchs Leben reisen. Mit den Worten von George Eliot: "Es ist nie zu spät zu sein, wer du hättest sein können." Es ist nie zu spät zu werden, wer wir wirklich sind.

Marianne Williamson: Das Geschenk der Wandlung

Dienstag, 22. Juni 2010

Wie eine Woge im Meer

Wenn jemand mit dem Trinken aufgehört hat, besteht die Gefahr, dass er rückfällig wird, klar. Im Entzug lernt man, mit dieser Gefahr umzugehen. Sie ist im ersten Jahr nach der Entwöhnung am höchsten, aber auch danach keineswegs aus der Welt. Die Leute in der Klinik haben uns von früh bis spät eingebläut. Es wird Krisen geben, Momente, in denen ihr traurig seid, euch nach der Vergangenheit zurücksehnt und Angst vor der Zukunft habt. In diesen Momenten werdet ihr Lust haben zu trinken, und diese Lust wird euch unwiderstehlich erscheinen, sie wird euch überrollen wie eine Woge. Aber sie ist nicht unwiderstehlich, das kommt euch nur so vor, weil ihr euch schwach fühlt. In Wirklichkeit kommt und geht sie, genau wie eine Woge im Meer. Ihr kennt das doch: Wenn euch beim Baden eine Welle überspült, taucht ihr für ein paar Sekunden unter, aber ihr seid gleich wieder oben, auch wenn es euch wie eine Ewigkeit vorkommt - vorausgesetzt, ihr bleibt ruhig und geratet nicht in Panik. Und genau das müsst ihr auch in diesen kritischen Momenten tun: Ruhe bewahren und nicht in Panik beraten. Denkt daran, dass die Welle vorübergeht und ihr den Kopf gleich wieder über Wasser habt. Wenn ihr den unwiderstehlichen Drang verspürt, zu trinken, tut etwas, um die Sekunden oder Minuten zu überbrücken, die dieser Drang andauert. Macht Kniebeugen, lauft zwei Kilometer querfeldein, esst einen Apfel, ruft einen Freund an. Irgendetwas, das euch hilft, an nichts zu denken.

Gianrico Carofiglio: Reise in die Nacht

Sonntag, 20. Juni 2010

Portrait of an Addict


"This is the story of one of the most gifted, charismatic and successful young literary agents in New York and his catastrophic fall into full-blown crack addiction ...", the publishing company lets one know. For somebody like me who is not into such ridiculous superlatives (how would one measure such attributes anyway?) this is a bit hard to stomach. Then I looked at the back cover where Andrew O'Hagan (whose "Our Fathers" I had admired) is quoted as saying: "Anybody who knows anything about addiction will feel morally altered by this book." Well, it's probably the other way 'round for reading books will definitely not morally alter you. However, since nobody really knows what makes an addict change, I might of course be wrong and Mr O'Hagan's claim will revolutionise the treatment industry. Zoe Heller's judgement in The Independent is probably more to the point: "And it is hard for me to believe that anyone who knows anything about addiction will not be slightly bored by this book".

Don't get me wrong: Mr. Clegg is a fine writer (in fact: his prose alone merits reading this slim volume) and does a very good job describing the addict's mindset - the paranoia, the manic sociability, the hallucinations, the perpetual anxiety about getting the next fix, and so on - but the persistent repetitions of his drug-taking preparations and subsequent clean-ups: "I let my stem cool and wrap it in a wad of tissue paper. I gather two rocks and the remaining crumbs from the ashtray and put them in the mini zip-lock bag they came in. I ditch the towel, scramble into my clothes, and shove the pipe, bag and lighter into the front pocket of my jeans" are (Zoe Heller is right) rather tiresome - yet this book is still an excellent read, not least because it makes one (yes, I speak of myself) at times want to grab him by his coat, pull him back and shout: "No! Don't!"

Moreover, there are quite a few things to learn from this book: about New York City gay life - Clegg, who has a boyfriend, picks up guys by asking whether they party or orders male hookers; that crack use makes your contact lenses dry out, so that they pop right off your eyes; that there are - what a joke! - Harm Reduction Counselors ("which is another way of saying someone who helps you plan your alcohol and drug use, to get it under control."); that addicts "have antennae that can sometimes detect the kindred frequency of other addicts ..." and and and ...

But let me quote Zoe Heller (whose writing I love) again: "Thanks to a substantial savings account, he never had to steal or prostitute himself to finance his habit. He was never beaten up, or raped, or robbed. He lived out the grimmest period of his debauch in a series of expensive, modish hotels in downtown Manhattan. And when his money ran out, he entered rehab and got better. (He has since regained his health and will to live and is back to being one of the most gifted, charismatic, etc at William Morris.) The absence of any particularly exotic or extraordinary element in Clegg’s story is not, in and of itself, a mark against it. On the contrary, in an age in which the writing of memoirs seems to have degenerated into an atrocity contest, there is something rare and refreshing about an author who is content to confess such unexceptional miseries."

True, Clegg's rock bottom was still a somewhat comfortable one (if there is such a thing) but to call his miseries "unexceptional" seems, well, a bit of a stretch. The amount of crack he uses, the quantities of vodka he drinks, the erratic behaviour he shows, the anxiety he experiences, and the panic attacks he suffers, are undoubtedly extraordinary.

What drove Mr. Clegg to crack? Dwight Garner's guess ("a towering inferiority complex") in the New York Times is as good as any other guess ... but it is not more than a guess. Yes, a plausible one yet what we human beings think to be plausible needs not necessarily correspond to the complexity of human behaviour. Actually, Clegg himself comes up with a much better answer than Garner: "Why did I drink so much at L'acajou three nights ago? WHY, oh, Jesus Christ, WHY? I've asked myself the question hundreds of times in the harsh light of hundreds of mornings and, as always, there's no answer." As the biologist J.B.S. Haldane once penned: "The universe is not only much queerer than we suppose; it is queerer than we can suppose".

In sum: this is a most captivating book, and I highly recommend it. Not least because Clegg's descriptions of his drug-induced paranoia - he feels followed by men in cheap suits, cabs, and helicopters - are still, even days after I finished reading his memoir, vividly with me.

Bill Clegg
Portrait of an Addict as a Young Man
Jonathan Cape, London 2010