Mittwoch, 27. September 2017

Niemand ändert sich freiwillig

Die Leser, die dieses Buch (Hans Durrer: Wie geht das eigentlich, das Leben? Anregungen zur Selbst- und Welterkundung, Neobooks 2017) als Philippika gegen betreutes Denken begreifen, verstehen den Text richtig. Es könnte den Untertitel tragen ‚Diätetik der Sinnerwartung‘, was dem Anliegen des Autors sehr wohl entspräche, denn es geht ihm um eines: begreiflich zu machen, dass der Mensch, wenn er sich nicht endlich zum Nachdenken über die Um- und Missstände in seiner Vita aufrafft, er sich immer und immer wieder selbst ein Bein stellt, stolpert oder hinschlägt.

Dass es Durrer in aller Authentizität gelingt, dies zu verdeutlichen, liegt daran, dass die Form des elektronischen Publizierens gottlob etwas ausschaltet, nämlich das selbstverliebte lektorale Hineinredigieren in Autorentexte, die, entweder dem eigenen Weltbild diametral sind oder Dinge zur Sprache bringen, die Verlagsvorgaben nicht verantworten zu können glauben. Solche subtile Form der Zensur ist gang und gäbe, weshalb die ‚political correctness‘ immer weiter ausufert und vom Massenkonsumenten nicht einmal mehr bemerkt wird. Inwieweit dies ‚diplomierte Experten für die Seele‘ (S.23) infiziert hat, dürfte jeder Ratsuchende dann erfahren, wenn ihm verbale Injektionen verabreicht werden, die eine Einstellungsänderung bewirken sollen. Überhaupt dieses diplomierte Herumexperimentieren, welches auf der seelisch einfachen Wirkung beruht, nämlich der der Unterordnung des Probanden:‚Paradoxerweise erwarten wir von denen die Erlösung, die von unserem Gehorsam am meisten profitieren‘ meint Durrer auf Seite 51 und deutet damit auf die Angst vor Sanktionen hin. Recht hat er! Im Kontext mit dem, was er aus seiner Lebens- und Berufserfahrung im Umgang mit der fatalen Influenz von manifesten oder volatilen Süchten herleitet, stellt sich diese Unterordnung ebenfalls als eine Form der Sucht dar: der Sucht nach Gefallenwollen und einer Anleitung zum Ausweg aus einem seelischen Dilemma. Sei es das diffuse Leiden an der Welt, früher Weltschmerz genannt, oder ein ganz konkretes, gegenwärtiges Drama - egal wie, es nagt an den seelischen und körperlichen Kräften.

Durrer zeichnet die Situation folgerichtig so: ‚Niemand ändert sich freiwillig, denn das würde bedeuten, ein anderer Mensch zu werden. Und niemand will ein anderer Mensch werden, es sei denn, er muss‘ (Seite 6). Und darin liegt das große Pré seines Buches: Es leitet an, sich selbst zu akzeptieren, basierend auf der Erkenntnis, eine hilfreiche Hand auch zu ergreifen und nicht aus Angst vor dem eigenen Scheitern zurückzuweisen. In unprätentiöser Sprache aufbereitet und dem Leser ohne erhobenen Zeigefinger nahegebracht, wird dies zur echten Hilfestellung. Auch wenn der Autor es nicht wahrhaben sollte: Ihm ist ein Ratgeber geglückt, der dem Menschen Beine macht, so dieser in die richtige Richtung laufen lernen will, und der ihn dabei nicht als unwissenden Dummkopf dastehen lässt. Auch wenn es streckenweise mit vielen Zitaten eher essayistisch zugeht, so bleibt sein Grundanliegen doch unangetastet. Gut so!

J. Michael Baerwald
www.deutscher-buchmarkt.de

Mittwoch, 20. September 2017

Die grossen Kränkungen des menschlichen Grössenwahns

Schopenhauer hat die grossen Kränkungen des menschlichen Grössenwahns zusammen- und zu Ende gedacht.

Die kosmologische Kränkung: Unsere Welt ist eine der zahllosen Kugeln im unendlichen Raum, auf dem ein"Schimmelüberzug lebender und erkennender Wesen" existiert.

Die biologische Kränkung: Der Mensch ist ein Tier, bei dem die Intelligenz lediglich den Mangel an Instinkten und die mangelhafte organische Einpassung in die Lebenswelt kompensieren muss.

Die psychologische Kränkung: Unser bewusstes Ich ist nicht Herr im eigenen Hause.

Rüdiger Safranski
Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie

Mittwoch, 13. September 2017

Addicts are absolutists

Addicts – and I include alcoholics in the term – are absolutists. It's all-or-nothing with them. Indeed, their principal flaw is their inability to cope with a world that refuses to comply  with the picture of order or perfection toward which we basically all aspire. For an addict, it's Eden or nothing.

Lee Stringer: Grand Central Winter

Mittwoch, 6. September 2017

Mit dem Rauchen aufhören

Mit dem Rauchen aufhören, wie geht das?

„Ganz einfach so. Sie, Kriminalkommissarin Bettina Boll, hatte gedankenlos eine Kippe nach der anderen geplotzt, seit sie zwölf war, denn da waren ihre Eltern gestorben. Jetzt rauchte sie nicht mehr. Das war alles. Einen Entschluss dazu hatte sie nicht gefasst. Es war nur einfach nicht mehr notwendig.“

Monika Geier: Alles so hell da vorn